Carolin Hegenbarth hört in jüngster Zeit immer häufiger von solchen Fällen: Monatelang haben Zahnärztinnen, Marketingleiter, Buchhändlerinnen versucht, ihre Wohnung oder ihr Haus auf eigene Faust loszuschlagen. Und weil das nicht geklappt hat, sind sie schließlich zum Makler gegangen. Als Bundesgeschäftsführerin des Immobilienverbands Deutschland vertritt Hegenbarth die Interessen von über 6000 Makler-, Verwalter- und Beratungsunternehmen. „Der Markt hat sich komplett gedreht“, sagt sie. „Was bis vor zwei Jahren noch privat unter der Hand verkauft wurde, lässt sich ohne Makler heute kaum noch vermarkten.“
Doch was können die Profis besser als der Laie? Und wie erkennt man Experten, die von ihrem Geschäft wirklich etwas verstehen? Die Bestenliste in diesem Makler-Kompass liefert eine gute Vorauswahl. Katarina Ivankovic, Geschäftsführerin des IIB Instituts, das auch in diesem Jahr an der Erstellung mitbeteiligt war, empfiehlt, mit einer Handvoll Vermittler „Bewerbungsgespräche“ zu führen. „Nur wenn der Kandidat zufriedenstellende Antworten gibt, sollte man das Mandat erteilen.“ Hier sind sechs Fragen für Vermittler.
Wie lange sind Sie schon im Geschäft?
„Für Makler, die erst vor fünf Jahren eingestiegen sind, ist die jetzige Marktsituation ein echtes Novum“, sagt Carolin Hegenbarth. Damals konnten vor allem Unternehmen glänzen, denen es gelang, rare Objekte für die Interessentenschar zu finden. In den vergangenen zwei Jahren haben sich die Bauzinsen vervierfacht, die energetischen Anforderungen an Immobilien sind immens gestiegen. Worauf es beim Verkauf von Wohnungen und Häusern nun ankommt, wissen Newcomer nur aus der Theorie. „Anbieter, die seit wenigstens 15 Jahren am Markt sind, haben auch verkauft, als die Bauzinsen bei über fünf Prozent lagen“, sagt Katarina Ivankovic. „Sie wissen aus eigenem Erleben, wie aktive Käufersuche funktioniert.“ Das könnte sich jetzt für Verkaufswillige als Vorteil erweisen.
Wie ermitteln Sie den Marktpreis?
Eine Immobilie lässt sich nur dann zügig vermarkten, wenn der Preis stimmt. Gerade heute gerät dieser an sich triviale Zusammenhang häufig aus dem Blick. „Viele Verkäufer haben derzeit noch Preisvorstellungen, die mit der Realität nicht in Einklang zu bringen sind“, beobachtet IVD-Chefin Hegenbarth. „Nur weil ein vergleichbares Haus in der Nachbarschaft vor zwei Jahren 700.000 Euro gebracht hat, muss das nicht auch heute noch fürs eigene Objekt gelten“, sagt IIB-Geschäftsführerin Ivankovic. Einen fairen Preis festzulegen erfordert eine profunde Kenntnis des jeweiligen Markts. Wenn die Einschätzung des Maklers mit Zahlen unterfüttert ist – umso besser. „Daten schlagen Bauchgefühl“, sagt Ivankovic. Makler, die ein Interesse an einem zügigen Abschluss hätten, redeten dem Verkäufer nicht nach dem Mund, sondern erklärten anhand aussagefähiger Statistiken, welcher Erlös zurzeit realistisch sei. „Ich wäre skeptisch, wenn jemand meine eigene Kaufpreisvorstellung sofort akzeptiert.“ Geklärt werden sollte unbedingt auch, mit welchem Zeithorizont das Objekt verkauft werden soll, empfiehlt Ivankovic. „Wer keine Eile hat, kann anders vorgehen als eine Erbengemeinschaft, deren Mitglieder zügig ausgezahlt werden wollen.“
Wie digital sind Ihre Prozesse?
Klassischer Makler, Digitalmakler, Hybridmakler – mit diesen Abgrenzungen kann IVD-Chefin Hegenbarth wenig anfangen: „Die Grenzen verschwimmen immer mehr.“ Wichtig sei am Ende, dass ein Makler über Strukturen verfügt, mit denen er Transaktionen effizient abwickeln kann. Nun zahlt sich aus, wenn im Boom in Digitalisierung investiert wurde. Die Zeit, die nicht mit dem händischen Ausfüllen von Formularen, dem Organisieren von Besichtigungsterminen per Telefon oder der Recherche von Informationen im Katasteramt genutzt werden muss, steht zur Verfügung für die Vermarktung. „Wer seine Prozesse optimiert hat, verfügt über mehr Ressourcen für die Beratung von Käufern und Verkäufern“, so Hegenbarth.
Nicht nur im Backoffice zahlt sich Digitalisierung aus. Eine professionelle Präsentation der Objekte im Internet mit informativen Texten und ansprechenden Fotos beschleunigt auch die Vermarktung. Die Möglichkeit eines virtuellen 360-Grad-Rundgangs erspart Immobilienbesitzern – und dem Makler selbst – aufwendige Terminabstimmungen. Nicht zuletzt erlaubt eine professionelle Aufbereitung von Daten, den Verkäufer über den Prozess auf dem Laufenden zu halten. „Lückenloses Reporting ist wichtiger geworden in einem Umfeld mit längeren Vermarktungszeiten“, sagt Hegenbarth.
Wie weit reicht Ihr Netzwerk?
„Die Entscheidungsgrundlage von Immobilienkäufern hat sich in den vergangenen 18 Monaten komplett verändert“, sagt IIB-Geschäftsführerin Ivankovic. „Früher musste der Makler allein den Verkaufspreis im Blick haben, heute geht es um Budgets.“ Neben dem Betrag, den der Käufer an den Verkäufer überweist, spielen Aufwendungen für den Kredit, Kaufnebenkosten und Steuern eine deutlich größere Rolle. Vor allem fallen Ausgaben für eine etwaige Sanierung stärker ins Gewicht. Bis ins vergangene Jahr hinein akzeptierten Käufer unter Umständen eine mangelhafte Isolierung oder zugige Fenster und haben die Sanierung erst ein paar Jahre nach dem Kauf in Angriff genommen. Angesichts hoher Energiepreise und strengerer gesetzlicher Vorgaben werden diese Faktoren heute viel stärker ins Kalkül gezogen und verhindern womöglich einen Kauf. „Makler, die auf ein Netzwerk aus Finanzierungspartnern und Energieberatern zurückgreifen können und Interessenten Kontakte vermitteln, sind im Vorteil“, sagt Ivankovic.
Wie finden Sie solvente Kaufinteressenten?
Käufer müssen höhere finanzielle Hürden überspringen als noch vor zwei Jahren. Wichtig ist daher für den Makler, solvente Interessenten herauszufiltern. Das ist aufwendig, erleichtert aber den Prozess, wenn es in konkrete Verkaufsverhandlungen geht. Interessenten durchs Haus zu schleusen, die keine Chance auf einen entsprechenden Kredit haben, verschwendet die Zeit aller Beteiligten. Zudem ist Kreativität gefragt. „Ein geschickter Makler bietet potenziellen Käufern mit engem Budget attraktive Alternativen an“, sagt Carolin Hegenbarth. So findet womöglich das Endreihenhaus mit großem Garten in die Hände einer Familie, die ursprünglich nach einem frei stehenden Haus gesucht hat.
Was kostet die Maklerleistung?
Bleibt noch die Frage nach der Rechnung. Seit Ende 2020 teilen sich die beiden Parteien die Maklerprovision von üblicherweise 7,14 Prozent des Verkaufspreises, Käufer dürfen nicht mehr zahlen als Verkäufer. IVD-Chefin Hegenbarth räumt ein, dass angesichts der jüngsten Marktverschiebungen durchaus Verhandlungen über die Maklercourtage geführt werden. „Doch das geschieht derzeit immer im Bewusstsein, wie wichtig die Leistung des Maklers ist, um Verkäufer und Käufer zusammenzubringen.“ Katarina Ivankovic rät Verkäufern davon ab, um die letzten 1.000 Euro Provision zu feilschen. Wichtiger sei es, einen Makler zu finden, der eine angemessen zügige Abwicklung zu einem fairen Verkaufspreis gewährleisten kann. „Die Leistung bezahlt sich dadurch praktisch von selbst.“