Herr Himmelreich, viele Eigentümergemeinschaften erleben derzeit, dass ihre Hausverwaltung ihnen kündigt. Sie suchen also neue Verwalter. Doch laut Branchenbarometer des Verbands VDIV nimmt nicht einmal mehr jeder zweite Immobilienverwalter hierzulande noch kleinere Wohneigentümergemeinschaften, also WEGs, als Kunden an. Warum ist das so?
MORITZ HIMMELREICH: Eines der Hauptprobleme unserer Branche ist: Es gibt nicht mehr genug Verwalter auf dem Markt. Inmitten einer alternden Bevölkerung hat die Branche es schlicht versäumt, genügend Nachwuchs zu rekrutieren. Der Beruf des Hausverwalters wirkt nicht unbedingt sexy, deswegen zog er zuletzt nur wenige junge Leute an. Dazu kommt: Auch die Anforderungen an die Zertifizierung der Verwalter sind gestiegen, weil der Gesetzgeber seit der WEG-Reform strengere Vorgaben macht. Höhere Qualitätsstandards sind gut, aber viele Verwalter müssen sich nun nachschulen lassen, weil ihre Vorerfahrung nicht angerechnet wird. Uns fehlen jetzt massiv die Fachkräfte am Markt, deswegen konzentrieren sich viele Hausverwaltungen lieber auf große WEGs, weil die rentabler sind.
Ab wann sind Eigentümergemeinschaften denn groß genug – und bei welcher Größe muss man fürchten, keinen neuen Verwalter mehr zu bekommen?
Eine Gemeinschaft mit weniger als 15 Eigentümern ist klein. Bis 20 Eigentümer sprechen wir von mittelgroßen WEGs. Aber es kommt auch ganz auf den Standort an: In Berlin zum Beispiel werden wohl auch WEGs mit 20 Parteien oft Schwierigkeiten haben, noch einen Verwalter zu finden. Im ländlichen Raum dagegen hat man es selbst mit zehn Einheiten noch relativ leicht, jemanden zu finden – jedenfalls sofern es am Standort überhaupt noch einen Verwalter gibt.
Was macht denn erheblich mehr Arbeit bei kleinen Eigentümergruppen?
Man sollte denken, dass es egal ist, ob man drei Wohnungen pro Haus verwaltet oder 30. Im Grunde stimmt das auch: Bei wenigen Parteien gibt es tendenziell weniger Schadensfälle oder Sondereinsätze. Und die Buchhaltung entspricht bei beiden Objekten nahezu dem gleichen Aufwand. Außerdem muss man bei beiden jährlich eine Eigentümerversammlung organisieren und mindestens eine Begehung jährlich vornehmen. Aber der große Unterschied ist: Der Preis für die Hausverwaltung wird pro Wohnungseinheit und pro Monat festgelegt, das heißt: Eine Eigentümergemeinschaft mit 30 Parteien zahlt ihrer Hausverwaltung das Zehnfache dessen, was eine Dreier-Gemeinschaft zahlt. Deswegen lohnen sich kleine Objekte für uns weniger.
Und sehr viel höhere Preise wollen kleine WEGs vermutlich nicht zahlen. Können kleinere Gemeinschaften selber etwas tun, um sich für Verwalter interessanter zu machen?
Sie können sich untereinander gut abstimmen. Denn für uns Verwalter gibt es nichts Schlimmeres als WEGs, die zerstritten sind oder bei denen es sogar Nachbarschaftsstreitigkeiten gibt, die vor Gericht landen. Wenn sie sich hinsetzen und fragen: Was erwarten wir? Was wollen wir umsetzen? Und würden wir auch selber einige Aufgaben übernehmen, zum Beispiel Handwerker bei Reparaturen oder Sanierungen koordinieren? Dann finden sie schon deutlich leichter eine neue Hausverwaltung.
Grundsätzlich können sich WEGs auch komplett selber verwalten. Das ist aber nicht leicht und kann juristisch riskant sein. Sie bieten mit ihrer Plattform Matera Hilfe für kleine Gemeinschaften an, ähnlich wie Steuerberatungs-Apps. Sie sind sozusagen eine Hausverwaltungs-App. Wie funktioniert das genau?
Jeder kann seine WEG selbst verwalten, aber die Handelnden sollten zumindest eine Vermögensschadenshaftpflicht-Versicherung abschließen, die sie notfalls selber schützt. Denn theoretisch kann die Hausgemeinschaft sie für Fehlentscheidungen belangen. Ich würde auch raten, nur dann die Selbstverwaltung zu übernehmen, wenn ein gewisses Grundvertrauen innerhalb der WEG vorhanden ist. Viele Leute haben große Angst, Fehler bei der Selbstverwaltung zu machen: vor allem bei Abrechnungen, bei Sanierungsfragen, oder dabei, wie Beschlüsse auf Eigentümerversammlungen gefasst und dokumentiert werden müssen, damit sie nicht angreifbar sind. Diese Angst versuchen wir ihnen zu nehmen: Wir bieten Beratung in rechtlichen und fachlichen Fragen. Immer, wenn es um Abrechnungen oder Geld geht, unterstützen wir mit unseren Buchhaltungstools. Und auf unserem Onlineportal lässt sich die Hausverwaltung komplett digital abwickeln. Wir sehen oft, wie viel Frust es mit Hausverwaltungen gibt, die noch mit Papier arbeiten. Da können viele Eigentümer die Entscheidungen und vor allem die Kosten nicht wirklich nachvollziehen. Wenn man das transparent macht, führt das zu viel mehr Harmonie.