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Mieten Verwahrloste Wohnung: Was Vermieter dulden müssen

Vollgemüllte Wohnung
Wenn Mieter die Wohnung stark vermüllen, hilft am Ende oft nur noch die Räumungsklage und ein Entrümpelungsdienst
© dpa Themendienst | Kai Remmers / Picture Alliance
Eine Wohnungsvermietung ist Vertrauenssache. Mitunter erleben Vermieter dabei böse Überraschungen. Doch selbst bei stärkerer Verwahrlosung ist eine Kündigung nicht immer möglich

Sie sind der Alptraum für jeden Vermieter: Mieterinnen und Mieter, die die Wohnung verwahrlosen lassen. Die Bandbreite reicht von Müllbergen über konkrete Sachbeschädigung und gesundheitliche Risiken durch Schimmel oder Insektenbefall bis hin zu einer Schädigung der Bausubstanz. 

In solchen Fällen wollen die meisten Vermieterinnen und Vermieter schnell fristlos kündigen oder die Mieter per Räumungsklage aus der Wohnung bekommen. Doch so leicht ist diese in der Realität nicht umzusetzen, sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. „Die Kündigungsmöglichkeiten für Vermieter sind gesetzlich limitiert und eine reine Verwahrlosung der Wohnung reicht hier nicht aus“. 

Konkret heißt das: Sofern ein Mieter nur Papierstapel oder andere Gegenstände in der Wohnung hortet, die Räumlichkeiten zustellt oder in Bergen von ungefährlichem Müll lebt, kann der Vermieter ihm nicht kündigen. Denn der Mieter besitzt das Hausrecht und darf die Wohnung nach seinen Bedürfnissen nutzen. 

Messi-Mietern muss Schaden nachgewiesen werden

Bis zu einem gewissen Grad muss der Vermieter einen Messie-Mieter insofern gewähren lassen. Die Grenze ist erreicht, wenn das Gebäude nachweislich Schaden nimmt. „Der Mieter darf die Wohnung nicht in ihrer Substanz beschädigen. Insbesondere wenn der Lebensstil zu einem Ungezieferbefall oder zu einer Überlastung der Zimmerdecke führt, ist diese Grenze häufig überschritten“, so Fachanwalt Bredereck. Das kann auch bei illegalen Umbaumaßnahmen der Fall sein, wenn diese die Statik des Gebäudes gefährden. 

Alle erwähnten Szenarien können eine Kündigung des Mieters rechtfertigen – allerdings liegt die Beweislast beim Vermieter, wie Bredereck betont: „Der Vermieter muss den Kündigungsgrund vollumfänglich darlegen und beweisen können.“ Daher seien Sachverständigengutachten immer hilfreich. „Aber auch Zeugenaussagen können ausreichend sein“, sagt der Jurist.

Auch starke Geruchsbelästigung – etwa permanenter Zigarettenrauch im Treppenhaus oder vergammelnde Lebensmittel – kann ein legitimer Kündigungsgrund sein, vor allem, wenn sich andere Parteien im Haus darüber beschweren. „Hier bedarf es aber häufig einer vorherigen Abmahnung“, sagt Bredereck. Das ist auch der Fall, wenn durch falsches Heiz- und Lüftungsverhalten des Mieters gesundheitsgefährdender Schimmel entsteht, oder er durch Fahrlässigkeit erhebliche Feuchtigkeitsschäden verursacht, diese nicht beseitigt und gegenüber dem Vermieter verschweigt. 

Betretungsrecht des Vermieters

Sofern es konkrete Anhaltspunkte für eine grenzwertige Wohnungs-Verwahrlosung gibt, hat der Vermieter das Recht, die Räumlichkeiten zu besichtigen. „Das gilt zum Beispiel, wenn aus der Wohnung starker Geruch austritt oder Ungezieferbefall im Flur sichtbar ist“, sagt Bredereck. Allerdings muss sich der Vermieter beim Mieter rechtzeitig zu einer Wohnungsbesichtigung anmelden. Sofern es sich nicht um einen akuten Notfall handelt, muss dies mit mindestens zwei bis drei Tagen Vorlauf erfolgen. 

Mitunter kann es sinnvoll sein, dass Vermieter einen Zeugen mit zur Wohnungsbesichtigung nehmen. Dieser sollte anschließend schriftliche Vermerke zum Besichtigungsergebnis anfertigen. Der Mieter darf den Zutritt nur bedingt verweigern. „Mitarbeiter der Hausverwaltung müssen hereingelassen werden. Bei Verdacht konkreter Schadensdrohungen ist der Mieter unter Umständen auch verpflichtet, Handwerker oder einen Sachverständigen in die Wohnung zu lassen“, so Bredereck.  

Am besten früh handeln, sonst dauert es Jahre

Leicht ist eine Kündigung aber selbst bei einer nachweislich grenzwertigen Verwahrlosung der Wohnung oft nicht – besonders wenn sie eine vulnerable Zielklientel betrifft, wie physisch oder psychisch eingeschränkte Menschen. „Gerade bei kranken Mietern kann die Kündigung dann trotzdem schwierig werden, vor allem, wenn sie nur eingeschränkt schuldfähig und nicht in der Lage sind, das Unrecht ihres Handelns einzusehen“, sagt Bredereck.

Auch wenn es nicht immer zum Äußersten kommen muss und die Kündigung des Mieters nur das letzte Mittel ist, rät Bredereck Vermietern dazu, frühzeitig tätig zu werden und professionelle Hilfe zu nutzen: „In der Praxis warten die Vermieter häufig zu lange. Solche Situationen verbessern sich aber in der Regel durch bloßes Zuwarten nicht.“ Das Gegenteil sei oft der Fall. 

Erfahrungsgemäß müssen sich Vermieter ohnehin oft auf ein längeres Zeitfenster einstellen, um eine Kündigung des Mieters wegen Verwahrlosung der Wohnung erfolgreich durchzusetzen. „In der Regel muss der Vermieter zunächst kündigen, anschließend eine Räumungsklage gewinnen und dann die Zwangsvollstreckung durchführen“, berichtet Bredereck aus der eigenen Berufs-Praxis. Je nachdem wie intensiv der Mieter sich wehrt und wie offensichtlich die Verwahrlosungssituation ist, könne das Jahre dauern. 

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