Die Rechtslage ist klar: Wer eine gebrauchte Immobilie übernimmt, die den energetischen Standard laut Gebäudeenergiegesetz (GEG) nicht erfüllt, muss diese binnen zwei Jahren nach Einzug nachrüsten. Diese Pflicht ist bereits am 1. November 2020 in Kraft getreten und wurde am 19. April dieses Jahres mit der Novellierung konkretisiert. Sie greift bei jedem Eigentümerwechsel, unabhängig davon, ob die betreffende Immobilie gekauft, geerbt oder geschenkt wurde.
Während Solo-Besitzer nach eigenem Gutdünken verfahren können, gestaltet sich das Procedere umso schwieriger, je mehr Personen bei einer Immobilienübernahme involviert sind. Gerade für Erbengemeinschaften (§ 2032 Absatz 1 BGB) bietet sich hier großes Konfliktpotenzial. Sie können nur gemeinschaftlich entscheiden und die Immobilie lässt sich nicht so einfach wie Bargeld aufteilen. Das kann zu einer Vielzahl von Problemen führen, da die Interessenlagen in dieser Konstellation mitunter weit auseinander gehen können. Während einer die Immobilie vielleicht verkaufen möchte, stellt sich ein anderer dagegen und spekuliert auf Eigennutzung. Ein Dritter möchte womöglich bauliche Veränderungen oder freiwillige Modernisierungen vornehmen, um den Wert der Immobilie zu steigern.
Damit verbundene Erbstreitigkeiten können sich über Jahre hinziehen – bis hin zur forcierten Teilungsklage, falls eine Einigung innerhalb der vorgeschriebenen Zwei-Jahres-Frist nicht möglich ist. „Die Energetische Sanierungspflicht bietet Zündstoff für uneinige Erbengemeinschaften“, sagt auch Manfred Gabler, Geschäftsführer von ErbTeilung. Denn hier können hohe Kosten auflaufen: „Je nach Haustyp können die Sanierungskosten schnell bei 50.000 bis 150.000 Euro liegen“, weiß Gabler. Das kann manchen Erben an seine finanzielle Grenze bringen, auch wenn die Kosten anteilig gesplittet werden.
Es drohen hohe Bußgelder
Im Fokus der durch das GEG vorgeschriebenen energetischen Sanierung stehen Heiztechnik und Wärmedämmung. Öl- und Gasheizungen müssen ausgetauscht werden, wenn sie älter als 30 Jahre sind und eine bestimmte Heizleistung aufweisen (§ 72 GEG). Brennwert- und Niedertemperaturkessel fallen nicht darunter. Zudem muss die oberste Geschossdecke – oder alternativ das Dach – nachträglich gedämmt werden, sofern bisher kein Mindestwärmeschutz bestand (§ 47 GEG). Und auch frei liegende Leitungen und ungedämmte Heizungs- und Wasserrohre in unbeheizten Räumen müssen laut GEG isoliert werden (§ 71 GEG).
Die Einhaltung dieser energetischen Auflagen wird durch das Bauamt oder den Schornsteinfeger geprüft. Sie zu ignorieren, ist keine gute Idee: Denn wer der gesetzlichen Sanierungspflicht innerhalb der vorgeschriebenen Zwei-Jahres-Frist nach einem Eigentümerwechsel nicht nachkommt, riskiert ein hohes Bußgeld. Möglich sind Geldstrafen von bis zu 50.000 Euro – die im Fälligkeitsfall für noch mehr Zündstoff in einer Erbengemeinschaft sorgen dürften. Um die anfallenden Kosten besser einschätzen zu können, sollten sich Neu-Eigentümer einen Energieberater oder Architekten an Bord holen, um gemeinsam einen Sanierungsfahrplan zu erstellen und bestehende Fördermöglichkeiten für bestimmte Maßnahmen optimal auszuloten. Gut zu wissen: Es gibt auch Ausnahmen von der energetischen Sanierungspflicht. „Grundsätzlich besteht die Sanierungspflicht nicht, wenn sie nicht wirtschaftlich ist oder die Immobilie weniger als 50 Quadratmeter Fläche hat“, sagt Gabler. Und auch bei Denkmalschutzimmobilien kann die Pflicht entfallen, da der Denkmalschutz hier Vorrang genießt.
Doch selbst wenn sich eine Erbengemeinschaft die Kosten für eine energetische Aufrüstung sparen kann: Das Konfliktpotential ist damit noch nicht aus der Welt geschafft. Denn da wäre noch die Zahlung der Grundsteuer, diverse laufende Kosten und steuerliche Aspekte. Für den Fall, dass die Immobilie verkauft werden soll – wofür die Zustimmung sämtlicher Miterben erforderlich ist –, rät Gabler zu vorausschauendem Handeln, um Streitigkeiten vorzubeugen: „Aus meiner Erfahrung heraus ist es wichtig, eine klare Regelung zu treffen, wie man mit dem Erlös aus dem Verkauf der Immobilie umgehen soll. Vor allem dann, wenn noch weitere Verrechnungen unter den einzelnen Erben im Raum stehen wie beispielsweise Ausgleichszahlungen für die Pflege des verstorbenen Erblassers oder Schenkungen, ist es brandgefährlich, das Geld sofort nach den Erbquoten auszuzahlen“, mahnt der Experte. Er empfiehlt, derartige Aufwendungen bei der Auszahlung des Verkaufserlöses mit zu verrechnen.
Übrigens: Der Ausstieg aus einer Erbengemeinschaft ist natürlich auch möglich. Zum einen im Rahmen einer Abschichtungsvereinbarung, bei der ein Erbe gegen eine Abfindung freiwillig aus der Erbengemeinschaft aussteigt. Weitere Optionen sind der Verkauf des Erbanteils (§2033 Absatz 1 BGB) oder die Weitergabe durch Schenkung, über die das Vorverkaufsrecht von Miterben verhindert werden kann.