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Meine Stadt Udo Walz über sein Berlin

Udo Walz
Udo Walz
© dpa
Udo Walz, Coiffeur mit Kultstatus, betreibt mehrere Friseursalons in der Hauptstadt und auf Mallorca. Mit Capital sprach der 73-Jährige über seine Wahlheimat Berlin

Udo Walz ist der Lieblingsfriseur der Kanzlerin, Helmut Kohl meckerte über die hohen Preise, für Gerhard Schröder musste er vor Gericht aussagen, dass er dessen Haare nicht gefärbt hatte. Walz hat jede Menge Prominenz unter seiner Schere gehabt, heute frisiert er nur noch wenige Stammkunden in seinem Salon am Ku’damm.

Meine Heimat

Ich liebe Berlin. Die Stadt hat mich groß gemacht. Mit 18 bin ich weg aus Waiblingen, meiner Geburtsstadt. 
In St. Moritz war Marlene Dietrich meine erste Kundin. Das war eine tolle Zeit, trotzdem hatte ich immer Heimweh nach Deutschland. Nach Berlin bin ich 1964, weil ich da nicht zum Militär musste. Anfangs habe ich bei Ina Seiler gearbeitet, die beste Friseurin überhaupt. Weil ich aber jeden Morgen zwei Minuten zu spät kam, hat sie mich irgendwann entlassen. Das war mein Glück. Meine Kunden kamen mit, und auf einmal riefen Zeitschriften an, ob ich Lust hätte, mit ihnen um die Welt zu fliegen. Aber selbst auf Barbados hatte ich noch Heimweh nach Berlin.

Mein Haus

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Anfangs hab ich ziemlich schrecklich gewohnt, erst in einem Durchgangszimmer in Charlottenburg. 
Da liefen die anderen Mitbewohner durch mein Schlafzimmer, hat aber auch nur 15 Mark gekostet. Dann hatte ich ein Zimmer in Neukölln mit Ofen und Toilette eine halbe Treppe tiefer, da bin ich morgens mit dem Taxi in den Salon gefahren. Heute lebe ich in meinem Traum, einem 30er-Jahre-Häuschen in Schmargendorf, klein und knuffig. Dass ich das kaufen konnte, war ein Glücksfall. Es gibt einen kleinen Garten, der reicht, ich habe keinen grünen Daumen, und ein kleines Hallenbad. Die Gegend gefällt mir. Ich kenne meinen Bäcker, meinen Fleischer, hier gehe ich nicht mehr weg.

Mein Lieblingsort

Zum Entspannen setze ich mich gerne in den Berliner Dom. Da gucke ich rum, finde Ruhe, auch wenn ich kein gläubiger Mensch bin. Außerdem liebe ich Bootsfahrten auf der Spree. Da kennen mich dann alle, die älter als 15 Jahre sind und wollen Selfies mit mir machen.

Die Atmosphäre

Viele Menschen finden Berlin ja schmutzig, laut. Fand ich nie. Die Stadt hat sich großartig gemacht. Als ich 1964 hierher kam, war das eine ziemlich hässliche Stadt mit einer Mauer drum. Jetzt hab ich jeden Tag 220 Möglichkeiten auszugehen, Kunst, Theater, Restaurants.

Mein Gastrotipp

Mein absoluter Lieblingsitaliener ist das „Capriccio“ am Hagenplatz. Dort gibt es richtig gute und einfallsreiche Küche.

Der größte Makel

Gar nichts. Jammern über Berlin ist nicht mein Ding. Das überlasse ich lieber anderen.

In dieser Reihe erzählen Wladimir Kaminer (Berlin), Wolfgang Niedecken (Köln), Sönke Wortmann (Düsseldorf), Andreas Rieke alias AndYpsilon (Stuttgart) Hans Rudolf Wöhrl (Nürnberg), Sebastian Krumbiegel (Leipzig), Charles Schumann (München), Corny Littmann und Lotto King Karl (Hamburg) sowie Tobias Rehberger und Friedrich von Metzler (Frankfurt), was sie mit ihrer Stadt verbindet.

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