„… aber erzähl das bloß nicht in der Schule!“ Ich bin mir fast sicher, dass viele Eltern diesen Satz schon ausgesprochen haben, als sie vor ihren Kindern zum Beispiel über den eigenen Lohn sprachen, die Miete oder die Ausgaben für den Urlaub — entweder aus Versehen oder, weil die Kinder nachgefragt haben.
Das ist ganz typisch für uns in Deutschland. Wir machen uns eher Gedanken darüber, ob wir vor den Kindern über Geld reden, damit sie es bloß nicht weitersagen. Wir machen uns Gedanken über die Außenwirkung, was „die Anderen“ über uns denken könnten … Ja was eigentlich? Dass wir es „dicke“ haben oder arme Schlucker sind? Dass wir das Geld heraushauen oder knausrig sind? Worüber wir weniger nachdenken ist, wie wir im Alltagsleben unseren Kindern einen guten Geldumgang beibringen. Und was das überhaupt ist, ein guter Geldumgang.
Eltern als unbewusste Vorbilder bei den Finanzen
Genau darin liegt die Crux. Weil viele Eltern selbst eine verkrampfte, unreflektierte Beziehung zu Geld haben, die für Streit und negative Gefühle anfällig ist, helfen „Tipps“ und Handlungsanweisungen auf Fragen wie: „Was soll ich meinem Kind wann über Geld erzählen?“ nicht weiter beziehungsweise bleiben an der Oberfläche.
Studien wie die Promotion von Pia Krisch belegen unaufgeregt, wie unter anderem der individuelle Geldstil der Eltern, die Höhe des Einkommens, das Verhalten der Eltern im Hinblick auf Geld — auch den Kindern gegenüber — und ob offen oder tabuisiert über finanzielle Zusammenhänge gesprochen wird, auf das monetäre Normenset von Kindern wirkt. Und das ein Leben lang!
Ist zu Hause beispielsweise Geld immer knapp gewesen, kann das dazu führen, dass Erwachsene so verschwenderisch mit Geld umgehen, dass sie in eine Schuldenspirale rutschen. Bei Kindern mit verschuldeten Eltern wiederum kann die Mangelerfahrung zu fast zwanghafter Sparsamkeit führen. War Geld ein ständiges Streitthema zwischen Eltern, werden die Kinder vermutlich keine hoch bezahlten Berufe erlernen, weil sie ja gelernt haben: Geld bedeutet Streit.
Finanzbildung der Kinder fängt bei den Eltern an
Solche monetären Erfahrungen sitzen tief. Es sind Beispiele aus meiner Coachingpraxis. Deshalb ist die beispielsweise sehr beliebte Frage: „In welchem Alter sollte ich meinem Kind was über Geld erzählen?“ nicht die entscheidende.
Die entscheidende Frage ist: Wie stehe ich zu Geld? Wie ist mein Geldumgang, mein finanzielles Verhalten, wie rede ich über Geld — gerade auch vor meinen Kindern — und denke ich über Geld, wie handhaben wir als Paar die individuellen und gemeinsamen Finanzen, welchen Stellenwert hat Geld in der Beziehung und was macht Geld mit uns als Paar und Eltern? Und was weiß ich selbst über Budgetieren, bewussten Konsum und Vermögensbildung? Die Finanzbildung der Kinder fängt bei den Eltern an.
Deshalb ist Finanzbildung im Erwachsenenalter so viel mehr als eine persönliche Weiterentwicklung. Sie hilft uns, unsere eigene monetäre Sozialisierung in der Kindheit zu reflektieren. Und lebt in unseren Kindern weiter. Das setzt Sie unter Druck? Gut so; Druck lässt sich auflösen. Sie haben es in der Hand.
Wie können wir nun unsere Kinder im nächsten Schritt an Geld heranführen?
Geldgespräche am Küchentisch
Geldgespräche gehören für mich an den Familientisch, gern den Küchentisch, wenn alle zusammensitzen und essen und trinken, sich austauschen über das, was jedes Familienmitglied beschäftigt. Offene, positive Gespräche. (Geldverhandlungen zwischen Partner’innen gehören aber nicht an den Familientisch, das sind Zweiergespräche.)
Wir können Kinder dabei schon früh ins alltägliche Geldhandeln einbinden. Wenn wir am Geldautomaten Geld holen, dürfen die Kleinsten die Scheine aus dem Automaten nehmen und ins Portemonnaie stecken. Zu Hause können die Geldscheine und Münzen gemeinsam angesehen und entdeckt werden. Daraus entwickeln sich altersgerechte Gespräche, weil Kinder gewöhnlich die Fragen stellen, die sie interessieren.
Dazu gehört auch das Sichtbarmachen. Woher kommt denn das Geld und wo fließt es hin, dass Lebensmittel Geld kosten, das Wohnen, der Kindergarten. Gehen Kinder einkaufen, begreifen sie die Zusammenhänge ganz praktisch.
Beim Taschengeld später darf das Kind frei entscheiden, wofür es sein Geld ausgeben will, ohne sich vor den Eltern rechtfertigen oder Buch führen zu müssen.
Bei großen Ausgaben mitentscheiden
Warum nicht im Familienkreis beratschlagen, wofür das Familiengeld ausgegeben wird, zum Beispiel im Urlaub? Dabei lässt sich prima vermitteln, dass Geld eine Ressource ist, die wir im Tausch gegen berufliches Können und Zeiteinsatz nur einmal ausgegeben können. Soll es ein großer Urlaub werden oder ein kleiner, der Spielraum für andere Wünsche lässt? Lassen wir die Kinder mitreden und mitentscheiden.
Ideen für Gespräche über Geld finden sich im Buch von Mike Schäfer „Mein Geld, dein Geld“ für Kinder ab acht Jahren. Dieses Buch eignet sich nicht nur sehr gut zum Vorlesen, sondern auch wunderbar für Eltern, die auf der Suche nach Inspiration sind, wie sie gemeinsam mit ihren Kindern das Thema Geld entdecken und ansprechen können. Und dabei selbst Freude haben.