Manchmal muss ich an Herrn Rossi denken, den knuffigen Zeichentrickmann aus den 70er-Jahren, der ständig auf der Suche nach dem Glück ist. Doch egal in welche Ecke der Welt und in welche Epoche er sich katapultiert, ob ins Mittelalter, in die Antike oder in die Zukunft – das große Glück findet er dort nie. Also kehrt er stets in sein Alltagsleben zurück.
Wie Herr Rossi träumen wir wohl fast alle davon, unser Leben könnte schöner, aufregender oder bequemer sein. Werden angetrieben vom Gefühl, es wäre so viel mehr drin: Erfolg, Geld, Rendite. Deshalb optimieren wir ständig am Leben und den dazugehörigen Finanzen herum . Finden wir dabei unser Glück? Allzu oft nicht. Denn genau wie Herr Rossi suchen wir es an der falschen Stelle, gerade im Finanzbereich.
Fast jeder denkt, mehr Geld müsste uns automatisch glücklicher machen, weil wir uns mit einem höheren Einkommen mehr leisten könnten und zufriedener wären. In welchem Maße das tatsächlich zutrifft, haben Forscher der US-amerikanischen Purdue University längst ermittelt . Bis zu einem bestimmten Jahreseinkommen steigt unser Glücksniveau tatsächlich stark, und zwar bis etwa 65.000 bis 70.000 Euro. Das ist der Betrag, mit dem man sich in unseren Breitengraden ein gutes Leben leisten kann.
Und darüber? Stellen Sie sich vor, Sie verdienten das Doppelte – wie viel zufriedener wären Sie dann? Tatsächlich sind es auf einer Skala von 1 bis 100 nur noch exakt 0,5 Punkte mehr. Auch für jeden weiteren halben Glückspunkt müsste sich das Einkommen noch mal verdoppeln. Warum? Weil wir dann zwar mehr Geld, aber auch weniger Zeit, mehr Stress, forderndere Ziele, größere Verlustängste haben – und all das frisst das vermeintlich größere Glück nahezu wieder auf.
Sehr viel glücklicher als zusätzliches Einkommen macht uns der durchdachte Umgang mit dem, was wir haben und monatlich beiseitelegen. Wer spart und anlegt, sieht die Welt positiver: Laut Umfragen von Rabo Direct und Blackrock blicken Sparer zu 80 Prozent optimistisch in die Zukunft, Nicht-Sparer dagegen nur zu 60 Prozent. Wer lieber mit Geld arbeitet statt für mehr Geld, fühlt sich unabhängiger und steigert sein Glücksempfinden gleich um 20 Prozentpunkte.
Warum tun 38 Prozent der Deutschen es dann trotzdem nicht? Weil wir an entscheidender Stelle die Macht des Glücks überschätzen – an der Börse nämlich. Geldanlage sei reine Glückssache, glauben fast zwei Drittel der Befragten im Axa Deutschland Report. Etwa jeder Zweite hält Börsen für so riskant wie Spielcasinos. Fragt man, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, nach 20 Jahren Aktienfondssparen weniger herauszubekommen, als man eingezahlt hat, schätzt jeder Zweite die Chancen auf 50 zu 50. In Wahrheit lag die Verlustwahrscheinlichkeit laut Deutschem Aktieninstitut in 50 Jahren bei null Prozent.
Vielleicht sollten wir also mit dem Träumen aufhören und das Glück anpacken. Die 80-prozentige Optimistenquote gilt ab einem Monatssparbetrag von 100 Euro. Das hätte sich sogar Herr Rossi leisten können. Hätte er in den 70er-Jahren mal Aktien gekauft – dann hätte er heute sein Glück gefunden.
Nadine Oberhuber ist Capital-Korrespondentin in München. In ihrer Kolumne schreibt sie jeden Monat über die Freude und die Last mit der Geldanlage und der Altersvorsorge.