Für Anleger könnte es dieses Jahr ein schönes Weihnachten geben. Und das nicht nur unterm Tannenbaum, sondern auch an der derzeit äußerst festlich gestimmten Börse. Anfang November hatte der Dax mit 13.289 Punkten ein neues Jahreshoch erreicht und hält sich seitdem tapfer über der 13.000er-Marke. Die Börsenteilnehmer fiebern bereits der Jahresendrally entgegen – dem Phänomen, dass am Ende des Jahres die Kurse steigen. Dass es so kommt, ist trotz der wirtschaftspolitischen Turbulenzen in den vergangenen Monaten nicht unwahrscheinlich.
„Jetzt ist Risikofreude statt Risikoscheu angesagt“, kommentiert Ariel Bezalel, Fondsmanager beim Vermögensverwalter Jupiter, die Lage. Die „Fear of missing out“, also die Angst, etwas zu verpassen, scheine derzeit die Risikoaktiva zu treiben, da die Marktteilnehmer um keinen Preis eine Jahresendrally verpassen wollten.
Es waren die Zentralbanken, welche die Party am Laufen hielten
Martin Lück
Eine aktuelle Studie der European Bank for Financial Services (Ebase) zeigt denn auch, dass Anleger zumindest in Deutschland positiv in die Zukunft schauen. Knapp ein Drittel der 1000 Befragten glauben, dass sich ihre finanzielle Situation im kommenden Jahr verbessert – unter den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar mehr als 60 Prozent. Auch sind die Deutschen zunehmend risikofreudig: Mehr als ein Drittel der Befragten will aufgrund des niedrigen Zinsniveaus zunehmend in Aktien oder Investmentfonds investieren.
Kapitalmarktstratege Martin Lück von der Fondsgesellschaft Blackrock macht vor allem die Notenbanken für das gute Aktienjahr 2019 und den damit verbundenen Optimismus verantwortlich: „Es waren die Zentralbanken, welche die Party am Laufen hielten.“ Dennoch beruhigt ihn diese Erkenntnis nicht: Es stelle sich die Frage, wie lange die „Preisbefeuerung bei vornehmlich realen Risiko-Assets bei gleichzeitiger Aushöhlung der Lenkfunktion des Zinses noch gutgehen kann.“
Jahresendrally mit Fragezeichen
Auch warnt Lück davor, dass die globale politische Lage längst nicht stabil ist. So blieben „Unwägbarkeiten in Gestalt gewöhnungsbedürftiger Akteure in Regierungsämtern“ wie etwa in den USA bestehen. Denn die Chance, dass Donald Trump im nächsten Jahr wiedergewählt wird, sei höher als 50 Prozent. Und ob es mit dem Handelsabkommen mit China langfristig klappt, ist weiterhin unklar. Denn wie die Nachrichtenagentur Bloomberg feststellt, standen die zwei Staaten schon einmal kurz vor einem Abkommen – das dann in der letzten Phase scheiterte.
Auch Bezalel von Jupiter rät Anlegern, Bedenken nicht einfach über Bord zu werfen. „Die weltweiten Konjunkturdaten sind immer noch recht durchwachsen“, sagt der Fondsmanager. In Asien, insbesondere in China, stocke das Wirtschaftswachstum. Und in den USA rechnet Bezalel damit, dass die Gewinne im letzten Quartal des Jahres einbrechen werden. Es ist also durchaus möglich, dass Anleger das Börsenjahr 2019 in festlicher Stimmung beenden – aber wie lange dieses Hochgefühl anhält, ist fraglich.