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Star-Investor Warren Buffett nervt Anleger mit Nichtstun

Investor Warren Buffett muss sich Kritik gefallen lassen
Investor Warren Buffett muss sich Kritik gefallen lassen
© IMAGO / MediaPunch
Warren Buffett muss sich immer lauterer Kritik stellen: Im Corona-Crash ging er nicht auf Schnäppchenjagd, zuvor liefen bereits zahlreiche Deals schief, und die Aktie seines Unternehmens Berkshire Hathaway hinkt seit Jahren dem Gesamtmarkt hinterher

Warren Buffett ist als Stockpicker berühmt und reich geworden. Doch auch unter passiven Investoren hat das „Orakel von Omaha“ seine Fans. Sie verweisen auf die Buffett zugeschriebene Äußerung, nach seinem Tod solle seine Witwe das Vermögen in einen ETF auf den US-Aktienindex S&P 500 und in US-Staatsanleihen anlegen. Nun, möglicherweise hätte der am 30. August 90 Jahre alt werdende Starinvestor sich selbst schon früher an seine eigene Empfehlung halten und in den Index investieren sollen. Die Aktie seiner 441 Mrd. Dollar schweren Holding-Gesellschaft Berkshire Hatheway hinkt nämlich dem Index, also dem Gesamtmarkt, schon seit geraumer Zeit hinterher.

Die Aktie (Typ A) von Berkshire Hathaway ist in den vergangenen drei Monaten und damit in etwa seit dem Tiefpunkt des Corona-Crashs am Aktienmarkt um rund 1,5 Prozent gestiegen. Hingegen hat der wichtigste US-Aktienindex, der S&P 500, in dieser Zeit gut 28 Prozent zugelegt. Sowohl seit Jahresbeginn als auch langfristig liegt der Index klar vorn. In der Fünf-Jahres-Perspektive steht für den S&P 500 ein Plus von rund 44 Prozent zu Buche, für Berkshire Hathaway nur eines von 28 Prozent.


Berkshire Hathaway B Aktie


Berkshire Hathaway B Aktie Chart
Kursanbieter: L&S RT

Da das Unternehmen traditionell keine Dividende ausschüttet, haben die Anteilseigner also einen klaren Nachteil gegenüber einer Anlage in einen ETF auf den Index. Bei der Aktienklasse B ist das Bild ähnlich wie bei der legendären A-Klasse. Da diese nie aufgesplittet wurde, gilt sie als Aktie mit dem weltweit höchsten Kurs. Im Februar kostete sie zeitweilig mehr als 340.000 Dollar, aktuell notiert sie bei rund 275.000 Dollar.

„Hat Warren Buffett sein Fingerspitzengefühl verloren?“

Buffett wurde die schwache Performance lange Zeit nachgesehen. Er profitierte von seinem Status als Ikone des Value Investing, also der Anlage in als unterbewertet identifizierte Aktien. Lange Zeit hatte er es mit dieser Strategie, dass sich die Aktie des Beteiligungsunternehmens doppelt so stark wie der Index entwickelte.

Doch zuletzt hat sich die Kritik an Buffett verstärkt. Die „Financial Times“ stellte dieser Tage sogar die Frage : „Hat Warren Buffett sein Fingerspitzengefühl verloren?“ In der Überschrift hieß es „Zu groß. Zu langsam. Zu altmodisch.“ Auslöser der verstärkten Kritik war Buffetts Vorgehen auf dem Höhepunkt der Corona-Krise. Anders als während der globalen Finanzkrise, auf deren Höhepunkt er Bank-Aktien extrem billig einkaufte, blieb der Star-Investor nach dem Absturz der Aktienmärkte im März weiter an der Seitenlinie. Und nicht nur das: Buffett verkaufte am Tiefpunkt der Märkte auch noch Aktien von Fluggesellschaften, bei denen er erst zu Jahresbeginn aufgestockt hatte. Die Verluste waren entsprechend hoch und Buffett musste sich ein prozyklisches Verhalten vorwerfen lassen, wie es Privatanleger oftmals an den Tag legen.

Die „chronische Underperformance“ von Berkshire Hathaway erfordere Antworten angesichts einiger zweifelhafter Investment-Entscheidungen in den vergangenen Jahren, betont beispielsweise Cathy Seifert von CFRA Research. Neben den Fluggesellschaften zogen auch zwei weitere Deals Kritik auf sich: Auf die Beteiligung am Lebensmittelkonzern Kraft Foods musste Berkshire 3 Mrd. Dollar abschreiben. Und der 10 Mrd. Dollar schwere Einstieg beim Ölproduzenten Occidental Petroleum führte zu hohen Wertverlusten. „Diese beiden Dinge haben meiner Meinung nach die Reputation von Berkshire für Geschäftsabschlüsse wirklich beschädigt“, zitiert die Financial Times Seifert. Das Occidental-Geschäft „war eine Katastrophe ohne Ende“.

Extrem hoher Bargeldbestand

Doch nicht nur einzelne Deals, sondern die Zusammensetzung des Portfolios von Berkshire Hathaway stößt auf Kritik. Neben Versicherern und Rückversicherern finden sich darin Eisenbahn-Gesellschaften, Energieunternehmen und Einzelhändler. Zwar wurde Buffett dafür gefeiert, dass er sich während des Dotcom-Blase zu Beginn des Jahrtausends von Technologie-Aktien fernhielt. Doch nun zeichnet sich ab, dass er mit diesem Beharren den Strukturwandel zur digitalen Wirtschaft verschlafen haben könnte. Hoch bewertete Technologie-Unternehmen wie die Google-Mutter Alphabet, Apple oder Microsoft sind seit Jahren die Triebfedern des US-Aktienmarktes.

Auf Kritik stößt auch Buffetts Festhalten an einem extrem hohen Bargeldbestand, der auf 137 Mrd. Dollar geschätzt wird und dem Unternehmen Top-Bonitätsbewertungen beschert. Das Geld liegt auf der Bank und erbringt aber immer weniger Zinsen, auch weil die US-Notenbank Federal Reserve mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie aggressiv die Zinsen gesenkt hat. Doch als die Aktienkurse einbrachen und viele Anleger dies als Kaufgelegenheit betrachteten, machte Buffett nichts außer Geld horten. „Ich bin nervös, dass er diese ganze Rally verpasst haben könnte“, zitiert die Financial Times James Shanahan, Analyst bei der Investmentfirma Edward Jones.

Wartet Buffett nur ab?

Buffett scheint die Kritik von Analysten kaum anzufechten. „Wir haben nichts attraktives gesehen“, beschied der während der Hauptversammlung des Unternehmens im Mai all denjenigen, die von ihm Zukäufe in der Krise forderten. Und selbst Kritiker billigen ihm zu, dass eine Aktivität im Versicherungsgeschäft in der Krise hohe Cash-Bestände erfordern, da die Schäden von Corona noch nicht abzusehen seien.

Und vielleicht wartet Buffett auch einfach auf die wirklich guten Kaufgelegenheiten. Schließlich ist längst noch nicht sicher, dass die Aktienmärkte nicht doch noch einmal wegen einer zweiten Corona-Welle einen kräftigen Rückschlag erleiden.

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