Es ist eine Zäsur. Für Anleger im Speziellen, aber auch in der Finanzwelt im Allgemeinen: Warren Buffett, Gesicht und jahrzehntelanger Boss von Berkshire Hathaway, zieht sich mit 94 Jahren von der Spitze der mächtigen Investmentfirma zurück. Dies erklärte Buffett am Samstag bei der jährlichen Aktionärsversammlung von Berkshire Hathaway in Omaha im US-Bundesstaat Nebraska. Sein Nachfolger soll der 62-jährige Greg Abel werden, der bisher als stellvertretender Verwaltungsratschef agiert.
„Die Zeit ist gekommen, dass Greg zum Jahresende Vorstandsvorsitzender des Unternehmens wird“, sagte Buffet nun bei der Aktionärsversammlung. Er gehe davon aus, dass der Verwaltungsrat seiner Empfehlung einstimmig folgen werde. „Ich würde immer noch da sein und könnte in einigen Fällen nützlich sein, aber das letzte Wort hätte Greg“, so Buffett weiter.
Damit macht das „Orakel von Omaha“, wie ihn die Finanzwelt ehrfürchtig nennt, Schluss – nach 60 Jahren. Doch wie wurde Warren Buffett eigentlich zur milliardenschweren Investoren-Legende? Eine Übersicht in zehn Meilensteinen:
So wurde Warren Buffett zum „Orakel von Omaha“
1941: Im Alter von elf Jahren kauft Warren Buffett seine ersten Aktien. Drei Stück des Energieunternehmens Cities Service Preferred zu je 38 Dollar. Das Geld hatte er sich mühsam zusammengespart – unter anderem durch Zeitungsverkäufe. Kurz nach dem Kauf fällt der Kurs auf 27 Dollar. Buffett bleibt aber investiert, bis der Kurs auf 40 Dollar steigt, dann verkauft er mit einem kleinen Gewinn. Hätte er länger gewartet, hätte er mehr verdient. Diese frühe Erfahrung prägt seine spätere „Buy and hold“-Strategie.
1956: Mit nur 25 Jahren gründet Warren Buffett die Buffett Partnership Ltd. – mit 105.000 Dollar von Familie und Freunden, während er selbst nur 100 Dollar einbringt. Als Fonds in Partnerschaftsform verwaltet er das Kapital eigenständig und setzt auf Value Investing: Er sucht gezielt unterbewertete Aktien, sogenannte „Cigar Butts“, die mehr wert sind als ihr Börsenkurs vermuten lässt. Auch kauft er ein Haus (Foto), in dem er heute noch lebt. Zwischen 1956 und 1969 erzielt er mit seiner Firma im Schnitt rund 30 Prozent Jahresrendite, bei gleichzeitig geringem Risiko. Das Vermögen wächst auf über 100 Millionen Dollar – Grundlage für seine wichtigste Beteiligung…
1962: Buffett beginnt, Anteile an Berkshire Hathaway zu kaufen – einer damals kriselnden Textilfirma. Das Foto zeigt die frühere Fabrik. Der Investor sieht damals zunächst den inneren Wert des Unternehmens trotz schwacher Gewinne. Doch Buffett überwirft sich später mit dem Management und übernimmt die Kontrolle. Anstatt weiter in die Textilbranche zu investieren, beginnt er, das Unternehmen in eine Investmentgesellschaft umzubauen – ein entscheidender Wendepunkt.
1970: Warren Buffett übernimmt offiziell die Rolle des CEO von Berkshire Hathaway – ein Amt, das er bis heute innehat. Der Führungswechsel markiert den Moment, in dem sich Berkshire endgültig von einem gescheiterten Textilunternehmen zu einer Investmentholding mit einzigartigem Geschäftsmodell wandelt. Buffett verfolgt ab diesem Zeitpunkt konsequent seine Vision: Kapital aus den Cashflows profitabler Unternehmen zu reinvestieren – nicht in Maschinen, sondern in Beteiligungen.
1988: Buffett investiert rund 1 Mrd. Dollar in Coca-Cola-Aktien. Die Investition entsprach damals fast sieben Prozent von Berkshires gesamtem Portfolio. Buffett erkannte das Potenzial der Marke – ein Unternehmen, das weltweit bekannt, einfach zu verstehen und krisensicher ist. Dazu überzeugten ihn die hohen Margen und stetig steigende Dividenden. Bis heute zählt Coca-Cola zu den „Dauerbrennern“ im Berkshire-Portfolio – und haben den Vermögenszuwachs von Buffett maßgeblich getrieben.
1993: Nicht jedes Investment erweist sich als Glücksgriff. Berkshire Hathaway kauft sich beim Schuhhersteller Dexter Shoes ein und zahlte dafür rund 430 Mio. Dollar. Rückblickend ein Fehler, wie Buffet viele Jahre später in einem Brief an Aktionäre erläutert. Das Unternehmen geht bankrott. Ein „finanzielles Desaster“, das laut Buffett in das „Guinness-Buch der Rekorde“ gehört, schrieb er. Seinem Aufstieg schadet das nicht. Andere Beteiligungen entwickelt sich blendend: Exxon und American Express etwa.
2006: Buffett kündigt an, den Großteil seines Vermögens (circa 99 Prozent) an wohltätige Zwecke zu spenden. Den Großteil erhält die Bill & Melinda Gates Foundation. Bill Gates und Warren Buffett sind eng befreundet. Ihnen gelingt es später, weitere Milliardäre zum Spenden ihrer Vermögen zu überzeugen. 2024 wird bekannt, dass Buffett der Gates-Stiftung nach seinem Tod keine weiteren Zuwendungen mehr gewährt. Sein Vermögen soll in einen von seinen Kindern verwalteten Treuhandfonds fließen.
2008: Während der Finanzkrise überholt Buffett Microsoft-Gründer Bill Gates als reichster Mensch der Welt. Sein Vermögen beträgt damals nach Schätzungen des Wirtschaftsmagazins „Forbes“ rund 62 Mrd. Dollar. Der Spitzenplatz, den er bis zum Jahr 2010 behält, gilt als Symbol für die Krisenresistenz des US-Investors. Buffett selbst äußerte sich zu dem schmeichelhaften Ranking übrigens nicht. Wohl aus Gründen: Er „hasse“ es, wenn jemand „aus purem Glück reich und mächtig“ wird, hatte der Investor kurz zuvor vor dem US-Kongress zum Thema Erbschaftsteuer gesagt.
2016: Buffett überrascht die Finanzwelt mit einer Milliardeninvestition in Apple – trotz seiner früheren Skepsis gegenüber Tech-Unternehmen. Zunächst war es ein Investmentteam innerhalb Berkshires, das die ersten Käufe tätigte. Doch Buffett selbst erkannte schnell den enormen Markenwert. Er war davon überzeugt, dass die Kunden ihre iPhones sehr lange nutzen und nur wenige bereit sein würden, zu einem Konkurrenten zu wechseln, wenn sie einmal ein iPhone gekauft hatten. Innerhalb weniger Jahre wurde Apple zur größten Einzelposition im Berkshire-Portfolio, mit einem Anteil von zeitweise 40 Prozent. Es ist der profitabelste Deal seiner Karriere.
2025: Warren Buffett kündigt zum Jahresende seinen Abschied als CEO von Berkshire Hathaway an. „Die Zeit ist gekommen“, sagt er auf der jährlichen Aktionärsversammlung in Omaha. Sein Vermögen beträgt zu diesem Zeitpunkt knapp 170 Mrd. Dollar. Damit rangiert Buffett auf Platz 6 der reichsten Menschen der Welt.