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Kolumne Warum Trump schlecht ist für Anleger

Trotz Börsenparty: Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten ist keine gute Nachricht für Anleger. Von Christian Kirchner
Christian Kirchner
Christian Kirchner
© Gene Glover

Christian Kirchner ist Frankfurt-Korrespondent von Capital. Er schreibt an dieser Stelle regelmäßig über Geldanlagethemen. Hier können Sie ihm auf Twitter folgen

Hätte sich ein Optimist zu Beginn dieser verrückten Woche eine perfekte Börsenwelt modellieren dürfen, sie hätte vermutlich genau so ausgesehen wie das Bild, das wir seit Donnerstag sehen: Die Aktienmärkte? Haussieren in der Breite, mit Rekordhochs in den USA, vier Prozent Wochenplus in Deutschland. Die Zinsen? Steigen am langen Ende deutlich an sowohl in den USA als auch der Eurozone. Davon werden die krisengeplagten Banken stark profitieren: Bei einer steilen Zinskurve mit niedrigen kurzfristigen und höheren langfristigen Zinsen können sie über die Zinsmarge wieder mehr Geld verdienen. Alleine die Deutsche Bank-Aktie legte knapp 20 Prozent zu seit Wochenbeginn.

DAX Index

DAX Index Chart
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Der Goldpreis als Krisenindikator? Fällt. Die Rohstoffpreise von Kupfer, Kohle und Co, aus deren Verfall viele eine Nachfrage- und Wachstumsschwäche abgeleitet haben? Gehen durch die Decke. Und schließlich die Inflationserwartungen: Sie gehen auch hoch, und zwar deutlich, womit für Deflationsängstler und manchen Notenbanker zumindest kurzfristig ein Traum in Erfüllung geht.

Unter Kapitalmarktprofis macht daher der Spott die Runde, dass Donald Trump mit seiner Wahl zum US-Präsidenten gerade beim Thema Zinskurve und Inflationserwartungen - die mittelfristigen zogen in den USA von 1,8 auf 2,4 Prozent an - binnen gerade einmal zwei Tagen das geschafft habe, woran die Notenbanken seit fünf Jahren scheitern.

Raus aus dem Risiko

Natürlich war es auch eine gute Woche für Kommentatoren. Weil sich die ganze Welt fragt, wie Medien und Meinungsforscher mit ihren Prognosen zur US-Wahl so daneben liegen konnten, fällt kaum ins Gewicht, dass auch Finanzprofis mit großer Mehrheit völlig daneben lagen: Bei einer Wahl Trumps, so der Konsens, flüchte die ganze Welt raus aus dem Risiko, rein in sichere Anleihen, Währungen und Gold, aber natürlich raus aus Aktien. „Netto stark negativ“ wäre eine Trump-Wahl, so das einhellige Urteil zuvor.

Und das zu Recht. Denn wie nachhaltig sind die Bewegungen der vergangenen zwei Tage? Unter den zahlreichen Bewegungen verdienen der starke Anstieg der Inflationserwartungen (und flankierend dazu der Kursverfall langlaufender Anleihen) die größte Aufmerksamkeit. Zwar gilt für die Politik des künftigen Präsidenten Trump angesichts der vagen Planungen und ihrer Finanzierung das gleiche wie für eine Pralinenschachtel oder einem Döner Kebap: Man weiß nie genau, was drin ist.

Alle großen von Trump ausgegebenen Linien deuten jedoch auf deutlich höhere US-Inflationsraten in der Zukunft hin: Bei einer harten Haltung gegenüber illegalen Einwanderern stiege vermutlich das Lohnniveau vor allem der einfachen Beschäftigten an. Höhere Zölle auf Importe trieben fast eins zu eins die Preise für Güter aus dem Ausland. Mehr Protektionismus mindert die deflationären Kräfte der Globalisierung. Und auch kurzfristige Konjunkturprogramme über Investitionen und Steuererleichterungen könnten das Wirtschaftswachstum zumindest leicht beschleunigen und damit auch die Inflation. Für all das gibt es bereits ein griffiges Wort: Die „Trumpflation“ – eine Kette von Maßnahmen, die allesamt die Inflation klettern lassen.

Große Verlierer wären die Sparer

Nun muss man in diesen Tagen vorsichtig sein, wenn man mit Wahrscheinlichkeiten agiert. Die Wahrscheinlichkeit aber, dass diese Konstellation für Investoren in Aktien, Anleihen und auch Rohstoffe unter dem Strich netto positiv ausgehen wird, ist eher gering. Damit das der Fall ist, müsste Trumps noch zu konkretisierender Plan für ein höheres Wirtschaftswachstum zunächst überhaupt funktionieren. Denkbar ist auch, dass die Trump-Politik zu höheren Teuerungsraten (aufgrund protektionistischer Maßnahmen) und höheren Zinsen (aufgrund eines schwindenden Vertrauens) führt, ohne dass es wirtschaftlich deutlich aufwärts geht.

Die höhere Inflation hätte – sofern die regelrecht in die Höhe geschossenen Erwartungen kein kurzes Flackern sind – aber ohnehin einen Preis. Große Verlierer wären Sparer, denn die Kaufkraft ihres Sparguthabens sänke noch rascher, denn die Notenbanken dürften ihre Strategie nicht so rasch ändern und die Zinsen zumindest am kurzen Ende tendenziell eher niedrig halten. Die Enteignung über niedrige Zinsen und hohe Inflationsraten wäre quasi die Musterlösung für die globalen Schuldenprobleme (die dann zu einem globalen Guthabenproblem mutieren).

In Gefahr wären aber auch die Aktienmärkte, denn im Umfeld nur langsam wachsender Unternehmensgewinne und einem Erlahmen des Welthandels speist sich die Hoffnung auf mindestens stabile Kurse schon seit einer Weile vor allem auf das Argument der „Alternativlosigkeit“ von Aktien. Mit den - flankierend zu den Inflationserwartungen - steigenden Anleihenrenditen (schließlich wollen auch Anleihenhalter für das Inflationsrisiko vergütet werden) gibt es eben plötzlich doch wieder Alternativen. Und die eine oder andere Budgetplanung stark verschuldeter Staaten oder Firmen, die sich an Niedrigzinsen gewöhnt haben, wackelt womöglich wieder. Außerdem billigt man bei höheren Inflationsraten Aktien traditionell niedrigere Bewertungen zu, und diese sind – historisch betrachtet – gerade in den USA am oberen Ende ihrer historisch üblichen Bandbreite.

Für die Fed wird es noch komplizierter

Vor allem aber rächt sich nun, dass die US-Notenbank Fed trotz guter Wirtschafts- und Beschäftigungsdaten seit einem Jahr mit Leitzinserhöhungen zögert und dafür allerlei kreative Gründe gefunden hat. Die Wahrheit ist zwar: Viel Spielraum hatte sie nie, denn in einem Umfeld, in dem alle großen Notenbanken weltweit eine extrem laxe Geldpolitik verfolgen, kann die US-Notenbank nur schwer ausscheren. Sie liefe dann Gefahr, die eigene Währung so stark zu machen, dass sie zu einer Bedrohung für die heimische Wirtschaft wird. Global kursierte genug Geld, das nur darauf wartet, zu höheren Zinsen in den USA angelegt zu werden – Trump hin oder her.

Zu diesem ohnehin herausfordernden Umfeld gesellen sich nun aber noch zwei handfeste Probleme: Erstens verfügt auch die US-Notenbank nicht über eine Glaskugel, ob Trumps noch zu präzisierende, vagen Ideen von Mauerbau, Infrastrukturausgaben und höheren Zöllen die US-Wirtschaft 2017 schädigen oder nicht. Oder ob gar die Person Trump die USA künftig Wachstum kostet, weil das Land als nicht mehr verlässlicher Investitionsstandort wahrgenommen wird. Der Inflationsdruck ist aber schon jetzt sichtbar - kein einfaches Umfeld für Leitzinsentscheidungen, deren Wirkung auf die Wirtschaft sich erst mit einer Verzögerung von sechs bis zwölf Monaten entfaltet.

Zweitens musste die Notenbank bislang vor allem den Verlust an Glaubwürdigkeit befürchten, wenn sie die Leitzinsen nicht anhob – im Kern lautete der Vorwurf, sie mache sich damit zum Büttel der Wall Street, die mit Nahe-Null-Zinsen hervorragend leben können, weil sie die Preise von Vermögenswerten aller Art treiben. Nun können aber auch Zinserhöhungen an ihrer Reputation sägen: Schließlich hatte Trump die US-Notenbank und ihre Chefin Janet Yellen (mit deren Absetzung er zeitweise drohte) wie kein Kandidat zuvor beschimpft, sie ließe die Leitzinsen viel zu niedrig. Künftige Zinserhöhungen könnten daher als Einknicken vor Trump interpretiert werden, der die Mitglieder der Notenbank ernennen darf.

Wie man es auch dreht und wendet: Die Einschätzung, dass die Wahl Trumps „netto negativ“ sei, haben die Kapitalmarktexperten zuvor zu Recht abgegeben. Daran ändern auch die zunächst positiven Reaktionen nichts.

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