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US-Aktienmarkt Tech-Rally: Sollten Anleger jetzt noch einsteigen?

Mit den Kursen an der Nasdaq ging es zu Beginn des Jahres 
Mit den Kursen an der Nasdaq ging es zu Beginn des Jahres 
© IMAGO / Levine-Roberts
Aktien der Techbranche sind gefragt wie schon lange nicht mehr. Das hat vor allem mit den Zinssignalen aus den USA und einer besser als erwarteten Berichtssaison zu tun. Doch wer jetzt einsteigt, sollte sich der Risiken bewusst sein.

Wer hat hier was von Rezession und Value-Rotation gesagt? Wirft man einen Blick auf den US-Aktienmarkt, scheint die Diskussion beendet: Der technologielastige Aktienindex Nasdaq 100 hat seit Jahresbeginn 15 Prozent zugelegt und damit mehr als doppelt so viel wie der S&P 500. Ein dramatisches Comeback nach den Verwerfungen des Vorjahres. Noch im Herbst schien eine solche Entwicklung nahezu unmöglich, ein erneut herausforderndes Jahr für die Techbranche unausweichlich. Kurze Zeit darauf ist die Euphorie an den Börsen zurückgekehrt. Woran liegt das?

Der wichtigste Grund: Der Preisauftrieb in den USA hat nachgelassen und damit die Spekulationen rund um baldige Zinssenkungen befeuert. Die US-Währungshüter haben bereits einen Gang heruntergeschaltet und den Leitzins zuletzt lediglich um einen Viertel-Prozentpunkt erhöht – auf die neue Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Laut Fed-Chef Jerome Powell müssen die Zinsen zwar noch einige Zeit auf einem restriktiven Niveau verharren. Es gebe „noch mehr zu tun“. Powell rechnet aber im laufenden Jahr mit einem „signifikanten“ Rückgang der Inflationsrate. Genau diese Signale haben zum jüngsten Kaufrausch der Tech-Enthusiasten geführt. Sie wetten darauf, dass die US-Notenbank ihr Tempo weiter drosselt und damit besser als erwartete Finanzierungsbedingungen für wachstumsstarke Titel schafft.

Allerdings ist die Sache noch nicht gegessen. Denn der US-Jobmotor läuft auf Hochtouren und hat die Arbeitslosenquote ist im Januar mit 3,4 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 1969 gedrückt. Diese unerwartete Stärke des Jobmarkts ruft die „Falken“ der Notenbank auf den Plan. Das sind die Anhänger einer restriktiveren Geldpolitik, verglichen mit dem expansiven Ansatz der sogenannten „Tauben“. Den Falken ist, etwas überspitzt formuliert, die geringe Arbeitslosigkeit und Verhandlungsstärke der Angestellten ein Dorn im Auge. Sie fürchten sich vor kräftigen Lohnzuwächsen mit der Begründung, diese würden die Inflation anheizen.

Meta im Aufwärtsgang

So sagte etwa der Republikaner und Präsident der Federal Reserve Bank Minneapolis Neel Kashkari, dass die Zinserhöhungen die Stärke des Jobmarkts noch nicht ausreichend beeinträchtigt habe. Deshalb sieht er den Bedarf, den Leitzins auf ein Niveau jenseits der Fünfprozentmarke anzuheben. Und auch der Präsident des Fed-Ablegers von Atlanta, Raphael Bostic, setzt sich für einen kräftigen Sprung von einem halben Prozentpunkt ein.

Diese Aussagen haben dem Nasdaq Anfang der Woche zwar einen kleinen Dämpfer verpasst. Alles in allem geht es aber weiter bergauf. Allen voran: Meta Platforms. Noch vor wenigen Monaten wollte so gut wie jeder das Papier der Facebook-Mutter loswerden. Nun hat der Aktienkurs allein in der ersten Februarwoche 30 Prozent gewonnen, seit Jahresanfang beinahe 50 Prozent. Auslöser für den Hype waren besser als erwartete Quartalszahlen und ein zusätzlicher Aktienrückkauf im Umfang von 40 Mrd. US-Dollar.

Darüber hinaus scheint die groß angelegte Kündigungswelle im gesamten Tech-Sektor Investoren zufriedenzustellen. Sie werten die Kosteneinsparungen positiv. Über ein Kursplus jenseits der 50 Prozent dürfen sich Anlegerinnen und Anleger von Nvidia freuen. Auch der Chipkonzern hat ein herausforderndes Jahr hinter sich. Lieferengpässe in der Halbleiterindustrie hielten an, die Nachfrage nach PCs und mobilen Geräten sank. Das scheint sich jetzt langsam zu verbessern. Und der Hype rund um Künstliche Intelligenz und ChatGPT entpuppt sich als Kurstreiber für Mikrochip-Konzerne.

Eines sollten Techenthusiasten aber berücksichtigen: Der jüngsten Rally stehen nicht nur widersprüchliche Signale der US-Notenbank gegenüber. Einige Experten führen den abrupten Aufschwung auch auf kurzfristige technische Faktoren zurück. Dazu zählen beispielsweise Leerverkäufer, die Aktien, gegen die sie gewettet haben, zurückkaufen und damit ihre Positionen eindecken müssen. Hinzu kommt eine oft beobachtete Tendenz unter Anlegern, einen günstigen Einstiegszeitpunkt nach Kursrücksetzern ausnutzen zu wollen und sich daher auf die größten Verlierer des Vorjahres zu stürzen. Das heißt zwar nicht, dass es mit dem Techsektor bald schon wieder bergab gehen muss. Doch wer jetzt einsteigt, muss sich dieser Risiken bewusst sein.

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