Christoph Bruns ist Fondsmanager, Vorstand und Teilhaber der Fondsgesellschaft Loys AG.
Auch in diesem Jahr zeigt eine vom Beratungsunternehmen EY unter Studenten durchgeführte Befragung, dass für den akademischen Nachwuchs der Staat der begehrteste Arbeitgeber ist. Vor allem Frauen, die doch durch gesetzliche Frauenquoten gegenüber Männern ohnehin bevorzugt werden, fühlen sich von den Privilegien des Staatsdienstes angezogen. Zur Begründung heißt es unter anderem, dass die geregelten Dienstzeiten im öffentlichen Dienst besonders attraktiv seien. Außerdem werde Mehrarbeit dort weder erwartet noch verlangt. Schließlich seien Familie und Beruf beim Staat besser vereinbar als in der Wirtschaft.
Für unseren Staat und den öffentlichen Dienst reißt die Serie guter Nachrichten nicht ab. Sprudelnde Steuereinnahmen, darbende Nachbarstaaten, eine unanfechtbare Bundeskanzlerin und jetzt die Attraktivität des Staatsdienstes bei Hochschulabsolventen legen der Politik ein „Weiter so“ nahe. In Berlin wird man sich bestärkt fühlen, das Wachstumstempo, welches der deutsche Staat seit Jahren beziehungsweise Jahrzehnten an den Tag legt, eher noch zu beschleunigen – zumal vor den anstehenden Wahlen des kommenden Jahres. Die genannten Umfrageergebnisse kommen zur richtigen Zeit, denn das Haushaltswachstum führt zu ständig steigendem Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern.
Der Staat erfindet neue Aufgaben - für sich
Beim gesamtwirtschaftlichen Wirtschaftswachstum liefern sich Staatsverbrauch und privater Konsum inzwischen ein Kopf-an-Kopf Rennen, während der Export kaum noch positive Wachstumsimpulse beisteuert. Die Einwanderungswelle nach Deutschland sorgt gerade für einen Beschäftigungsboom bei der öffentlichen Hand, nicht zuletzt bei den Sicherheitsbehörden. Ob Benzinpreis-Meldestelle, Mautgebühr für Ausländer, Deutsche Energie-Agentur, Mietpreisbremse, Frauenquote, Migrationswelle oder Finanztransaktionssteuer: In aller Regel benötigt der Staat neue Mitarbeiter, um die von ihm erdachten zusätzlichen Verwaltungsaufgaben zu bewältigen.
Unterdessen investiert die Großindustrie – aber auch der Mittelstand - zunehmend dort, wo die Wachstumsmärkte der kommenden Jahre vermutet werden, namentlich in Asien und Nordamerika. Die strukturelle Wachstumsschwäche Europas und der demographische Altersaufbau in Deutschland wird mehr und mehr durch verschlechterte Standortbedingungen flankiert. Dabei ist an die hohe Abgabequote ebenso zu erinnern wie an die übertriebene Regulierungsdichte, die hohen Energiekosten, die Eigenkapitalfeindlichkeit sowie den täglicher sichtbarer werdenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in Deutschland.
Privatwirtschaft fällt im Personalwettbewerb zurück
Wenn nun der akademische Nachwuchs sein Heil lieber im öffentlichen Dienst als in der privaten Wirtschaft sucht, dann dürfte dies eine weitere künftige Erschwernis für die privaten Unternehmen mit sich bringen. Vor allem die Präferenz von Freizeit und geregelter Arbeitszeit gegenüber höheren Gehältern und die Privilegien der Verbeamtung macht es der freien Wirtschaft schwer, im Personalwettbewerb mit dem Staat zu obsiegen. Auch die Einhaltung von Frauenquoten in der Wirtschaft wird durch die Neigung vor allem der Studentinnen erschwert, dem Staat als Arbeitgeber den Vorzug gegenüber der Wirtschaft zu geben.
Möglicherweise liegt in der Umfrage auch ein Hinweis darauf versteckt, dass Akademikerinnen in ihrer Berufswahl durchaus andere Präferenzen als Männer hegen. Denn die Annehmlichkeiten und Sicherheiten, die der Staat bietet, haben ihren Preis in geringeren Gehältern als in der privaten Wirtschaft. Aber auch hier ist Rettung bereits in Sicht, zumal wenn man in der geringeren Bezahlung des öffentlichen Dienstes eine Diskriminierung erblickt. Mit dem Argument der Gleichheit und ihrer Schwester, der „sozialen Gerechtigkeit“, kommen die im Bundestag vertretenen Parteien vielleicht auf die Idee, das Gehaltsniveau im öffentlichen Dienst jenem der Wirtschaft nach oben anzugleichen. Erste Initiativen in diese Richtung hat es dazu bereits gegeben.
Newsletter: „Capital- Die Woche“
Jeden Freitag lassen wir in unserem Newsletter „Capital – Die Woche“ für Sie die letzten sieben Tage aus Capital-Sicht Revue passieren. Sie finden in unserem Newsletter ausgewählte Kolumnen, Geldanlagetipps und Artikel von unserer Webseite, die wir für Sie zusammenstellen. „Capital – Die Woche“ können Sie hier bestellen: