Im Ausland gehaltene Bankkonten und Wertpapierdepots haben einer Studie zufolge trotz internationaler Reformen in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht an Bedeutung verloren. Das globale Offshore-Finanzvermögen habe 2021 zehn Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung ausgemacht und damit ähnlich viel wie schon in den vorherigen Jahren seit 2001, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch mitteilte. Die Summe liege bei etwa 14 Billionen Dollar, wie die gemeinsamen Berechnung mit dem Institut „EU Tax Observatory“ ergaben.
Bei offshore gehaltenen Finanzvermögen handelt es sich um Bankkonten und Wertpapierdepots mit Aktien oder Anleihen, die Privathaushalte außerhalb des Landes halten, in dem sie ihren Wohnsitz haben. Hat eine in Deutschland gemeldete Person beispielsweise Guthaben auf einem Bankkonto in der Schweiz, zählt dieses Guthaben zu den deutschen Offshore-Finanzvermögen, die im Jahr 2019 bei schätzungsweise 400 Mrd. Euro lagen.
Offshore-Finanzplätze verlieren an Bedeutung
„Dass sich die weltweiten Offshore-Finanzvermögen gemessen an der Wirtschaftsleistung zuletzt kaum verändert haben, obwohl die steuerliche Transparenz deutlich gestiegen ist, deutet darauf hin, dass Steuerhinterziehung nicht oder nicht mehr das Hauptmotiv ist“, sagte DIW-Expertin Sarah Godar. Nicht zuletzt die Enthüllungen um die sogenannten Panama-Papers 2016 hätten dazu geführt, dass mittlerweile mehr als 100 Länder automatisiert Informationen über die im Ausland gehalten Finanzvermögen austauschen, um Steuerhinterziehung zu vermeiden. Offshore-Finanzgeschäfte seien aber nicht automatisch illegal: So könne es in der Vermögensverwaltung auch darum gehen, dass bestimmte Finanzdienstleistungen im Inland nicht oder nur deutlich teurer verfügbar seien.
Die Studie fußt auf Schätzungen auf Basis internationaler Investitionsstatistiken und beobachteter Diskrepanzen globaler Vermögen und Verbindlichkeiten. Daraus gehe her, dass traditionelle Offshore-Finanzplätze wie die Schweiz an Bedeutung verlieren. Dort hätten 2021 nur noch gut 20 statt wie im Jahr 2001 knapp 40 Prozent der globalen Offshore-Vermögen gelegen. Dafür würden vor allem asiatische Standorte wie Hongkong und Singapur als Offshore-Plätze beliebter.
Ein zunehmender Teil der Offshore-Finanzvermögen komme aus Haushalten in Ländern mit mittleren und niedrigen Einkommen. Daher sollte die Politik nach Ansicht der Studienautoren darauf hinwirken, dass auch ärmere Länder raschen Zugang zum automatischen Informationsaustausch erhalten, um Steuerhinterziehung und andere kriminelle Aktivitäten effektiv bekämpfen zu können. Darüber hinaus empfehlen sie, Immobilien in den Informationsaustausch einzubeziehen. Damit könnten Ausweichreaktionen und damit eine Umgehung der steuerlichen Transparenzregeln verhindert werden.