Anzeige

Shein Weltweit umstrittenste Modefirma ist eine Blackbox für Anleger

Ein Haufen voller Kleider
Mit Billigmode flutet Shein westliche Märkte und Kleiderschränke
© abaca | Hubert Psaila Marie/ABACA / Picture Alliance
Die Billigmode von Shein überschwemmt westliche Märkte. Nun will das Unternehmen an die Börse. Falls es klappt – was holen sich Anleger da für ein Risiko ins Depot?

Das Unternehmen Infinite Styles Ecommerce residiert in Berlin an prominenter Adresse: Direkt neben der Gedächtniskirche am Kurfürstendamm über dem Flagshipstore des chinesischen Telekommunikationsausrüsters Huawei. Unter diesem Namen kennt das Unternehmen niemand. Doch neuerdings gibt das Lobbyregister des Bundestags Aufschluss darüber. Infinite Styles hat nämlich vier Mitarbeiter entsandt, um unter deutschen Politikern Stimmung für das derzeit umstrittenste Modeunternehmen weltweit zu machen: Shein. Und es sollen noch mehr werden, in Berlin ist eine Stelle für einen „Government Relations Manager“ ausgeschrieben. 

In der App und auf der Website gibt es Jeans für 15 Euro und Make-Up mit angeblich sicheren Inhaltsstoffen für knapp vier Euro. Das geht, weil tausende Mitarbeiter – insgesamt sollen 11.000 Menschen in 6000 chinesischen Fabriken für Shein arbeiten – rund um die Uhr nach Bedarf Wegwerfmode produzieren, die dann in Flugzeugen in 150 Länder exportiert wird.

Das verfängt bei allen, deren Taschengeld nicht für Markenartikel reicht – und die sich von Influencern auf der chinesischen Social-Media-Plattform Tiktok haben bezirzen lassen. Doch das Unternehmen steht in der Kritik: Die Nutzerdaten sind nicht ausreichend gegen Datendiebstahl gesichert, Zollbestimmungen sollen umgangen worden sein, Labels wie Levi`s, Dr. Martens und sogar H&M haben Shein wegen Markenklau verklagt. In den Fabriken arbeiten die Angestellten in Schichten bis zu 18 Stunden. Und dass in Make-up und anderen Produkten sichere Inhaltsstoffe sind, dafür garantiert niemand.

Wird Sheins Börsengang zum Flop? 

Doch Shein will sich in Berlin und anderswo beliebt machen. Hintergrund: Im vergangenen November hat das 2008 von Chris Xu in China gegründete Unternehmen den Antrag auf Börsengang bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht. Weil das vertraulich geschah, sind keine Zahlen bekannt geworden, außer dass Shein eine Bewertung von 90 Mrd. Dollar anstrebt. Nach eigenen Angaben betrug der Umsatz 2022 knapp 23 Mrd. Dollar. Damit könnte in diesem Jahr Shein einen der größten Börsengänge überhaupt abliefern.

Doch die Vorzeichen stehen schlecht: 2022, nachdem Shein während der Pandemie erfolgreich geworden ist und mit seinem Wachstum Onlinehändler wie Amazon und Zara überholt hat, war Shein mit einer Bewertung von 100 Mrd. Dollar in privaten Finanzierungsrunden das drittwertvollste Start-up der Welt. Bei einem Verkauf privater Anteile im vergangenen Mai jedoch habe Shein lediglich eine Bewertung von 50 bis 60 Mrd. Dollar erreicht. Dürfte sich diese Bewertung nach dem Börsengang bewahrheiten, wäre die Aktion ein Flop.

Die Zahlen, die Infinite Styles beim Lobbyregister eingereicht hat, geben ebenfalls wenig Aufschluss. Interessant ist lediglich ein Punkt: Der Umsatz in Deutschland beträgt rund 1,3 Mio. Euro. Für Vertrieb und Marketing gibt Shein hier eine ähnlich hohe Summe aus, nämlich rund eine Mio. Euro. Das dürfte bei anderen Töchtern in den westlichen Märkten ähnlich sein. Das ist zwar Start-up-typisch, zeigt aber, dass Shein hier nicht profitabel arbeiten kann.   

Auch aus der Politik in den USA kommt Gegenwind: Unter anderem protestierte der republikanische Senator von Florida, Marco Rubio, in einem offenen Brief. Darin kritisierte er insbesondere, dass sich Shein, das mittlerweile seinen Unternehmenssitz nach Singapur verlegt hat, sich als globales Unternehmen präsentiert. Das Hauptgeschäft fände in China statt. Und somit auch die Datenspeicherung. Das käme Shein gerade recht, da es erst vor kurzem gegen US-Auflagen verstoßen hat und derzeit einer Sicherheitsprüfung unterzogen wird.  

Der Börsengang steht unter schlechten Sternen. Mit Spannung wird die Entscheidung der US-Börsenaufsicht erwartet, ob die Behörde den Börsengang zulässt. Wenn ja, dann dürften Anleger hier eine Blackbox kaufen.

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel