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Reiseunternehmen Tui macht den Abflug von der Londoner Börse

Eine Tui-Maschine hebt ab
Tui will künftig nur noch an der Frankfurter Börse gelistet sein und nicht mehr in London
© NurPhoto / Nicolas Economou / Picture Alliance
Für die Aktie von Tui soll es zurück an den Heimatmarkt gehen. Sofern die Aktionäre zustimmen, will das Reiseunternehmen künftig nur noch an der Frankfurter Börse im MDax gelistet sein

Der Tourismuskonzern Tui ist dank der ungebrochen großen Reiselust in bester Verfassung ins Geschäftsjahr gestartet. Erstmals seit zehn Jahren erwirtschaftete der weltweit größte Reisekonzern in der sonst defizitären Wintersaison von Oktober bis Dezember einen kleinen Gewinn. Gestärkt nach der Corona-Krise will Konzernchef Sebastian Ebel die dümpelnde Tui-Aktie mit einer Erstnotierung in Frankfurt von der Londoner Börse nach Deutschland zurückholen. 

Kostenvorteile und die breite deutsche Anlegerbasis sind Gründe dafür – Begeisterung für den Heimatstandort nicht. „In Deutschland sind die Rahmenbedingungen schlecht“, kritisierte Ebel am Dienstag vor Beginn der Hauptversammlung, die dem Umzug der Aktie zustimmen muss.

Hart ins Gericht mit der Bundesregierung und dem Staat war Ebel kürzlich erst im Interview mit dem „Handelsblatt“ gegangen. Dabei geißelte er etwa Bürokratie und Regelungswahn, Realitätsferne der Regierung, zu viel Bürgergeld, zu hohe Steuern, die Flüchtlingspolitik und teure Energie. „Insgesamt ist die wirtschaftliche Lage im Land deutlich schlechter, als uns die Regierung es glauben machen will.“ 

Aktion gegen AfD

Das alles führt nach seiner Ansicht zu einem Vertrauensverlust der Bürger und macht die AfD stark. Besorgt über den Erfolg der in Teilen rechtsextremen Partei setzten Management und Betriebsrat am Montag ein Zeichen vor der Firmenzentrale in Hannover: Sie stellten eine Bank auf, bei der die Sitzfläche auf der rechten Seite fehlt. „Kein Platz für Rassismus“, lautete die Botschaft des in über 100 Ländern arbeitenden Unternehmens.

Mittelfristig will Tui den operativen Gewinn jährlich um sieben bis zehn Prozent steigern. Investieren und wachsen will der Konzern außerhalb Deutschlands, um vom Heimatstandort unabhängiger zu werden, wie Ebel erklärte. Nord- und Südamerika oder Südeuropa seien vielversprechender. „TUI wird und soll global wachsen.“

Gewinn überrascht Analysten, MDax-Notierung wahrscheinlich

An der Börse sorgte der überraschende Gewinn von sechs Mio. Euro für gute Stimmung, denn Analysten hatten im Schnitt mit einem Minus von 113 Mio. Euro gerechnet. Normalerweise fällt im ersten Geschäftshalbjahr von Oktober bis März ein Verlust an, der Gewinn wird in der Hauptreisezeit im Sommer eingefahren. Urlaub habe trotz aller Belastung durch die Inflation weiter oberste Priorität für die Verbraucher, sagte Finanzchef Mathias Kiep. Auch gestiegene Preise stärkten das Ergebnis.

Tui-Aktien legten zeitweise um rund 4,5 Prozent auf Kurse um 7,15 Euro zu. Sollte auf der Hauptversammlung die 75-Prozent-Mehrheit zum Delisting in London erreicht werden, dürfte die Aktie nach dem Handelsstart im Juni in den Nebenwerteindex MDax einziehen.

Der Umsatz stieg im ersten Quartal um 15 Prozent auf ein Rekordhoch von 4,3 Mrd. Euro, während die Zahl der Gäste um sechs Prozent auf 3,5 Mio. zulegte. Aktuell und für den Sommer laufen die Buchungen gut. Sie lägen derzeit mit 9,4 Mio. acht Prozent über Vorjahr, die Durchschnittspreise seien vier Prozent höher. Im Winter zieht es die Menschen auf die Kanaren, die Kapverden oder nach Ägypten. Beliebteste Reiseziele für den Sommer sind nach wie vor Spanien, Griechenland und die Türkei.

Der Konzern bekräftigte deshalb seine Jahresziele. Der Umsatz soll mindestens um zehn Prozent auf etwa 23 Mrd. Euro zulegen, das bereinigte Betriebsergebnis sogar um mindestens 25 Prozent auf gut 1,2 Mrd. Euro. Im Gesamtjahr erwartet der Reiseveranstalter mindestens so viele Kunden wie vor der Corona-Pandemie 2019, als gut 20 Millionen Menschen mit TUI Urlaub machten.

Boeing-Debakel verzögert Flugzeuglieferung

Das Debakel um das Boeing-Flugzeugmodell MAX-9, bei dem es wegen Schlamperei bei dem Flugzeugbauer und seinen Zulieferern Anfang des Jahres einen Unfall gab, sorgt bei Tui für eine noch längere Wartezeit auf neue Flugzeuge dieses Typs.

Fest bestellt sind 46 MAX-8 und MAX-10, die überwiegend erst in den kommenden zwei Jahren geliefert werden. Auf weitere 32 Maschinen hat Tui Optionen. „Wir sind mit den Boeings, die wir fliegen, hochzufrieden, das ist ein sehr performantes Flugzeug“, sagte Ebel. Es sei ärgerlich, dass die dadurch erhofften Effizienzgewinne auf sich warten ließen. Doch die TUI-Airlines hätten mit verlängertem Flugzeug-Leasing vorgesorgt, so dass es keinen Engpass gebe.

rtr/ess

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