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Anleihen Lockruf der Ramschanleihen

Anleihen, die erst kürzlich auf Ramschniveau herabgestuft wurden, sollen einen Ausweg aus dem Zinstief bieten. Sie sind aber riskant.

Der christlichen Mythologie und der klassischen Literatur zufolge sollte man sich von gefallenen Engeln fernhalten. Was passiert, wenn man das nicht tut, sieht man am Beispiel von Goethes Faust: Freundin wahnsinnig, Kind tot. Für Anleger dagegen sind sogenannte Fallen Angels jetzt attraktiv, sagen Fondsanbieter. In der Finanzbranche bezeichnet man damit Anleihen, die erst vor kurzem von Ratingagenturen auf Ramschniveau herabgestuft wurden – etwa weil die Liquidität des Emittenten abgenommen hat.

Im vergangenen Jahr wurden weltweit Anleihen mit einem Volumen von 143 Mrd. US-Dollar von „Investment Grade“ auf „High Yield“ herabgestuft, berichtet die Investmentgesellschaft Neuberger Berman. Mehr Herabstufungen gab es nur im Finanzkrisenjahr 2009. Im ersten Quartal des laufenden Jahres setzte sich der Trend fort: Anleihen im Wert von 140 Mrd. US-Dollar fielen auf Ramschniveau. „Wir gehen davon aus, dass es auch einige Juwelen getroffen hat“, sagt Thomas O’Reilly, Portfoliomanager bei Neuberger Berman.

Es ist die Hoffnung auf versteckte Schätze, die die Fallen Angels für Anleger interessant macht. Denn nicht alle Unternehmen, denen Ratingagenturen den Investment-Grade-Status aberkennen, stehen dauerhaft schlecht da. Eine Studie von Barclays am US-Rentenmarkt zeigt: Fallen Angels schneiden zwar vor der Herabstufung schlechter ab als der breite Investment-Grade-Anleihemarkt. Sie schlagen sich aber in den sechs Wochen nach der Herabstufung deutlich besser. Seit Jahresbeginn haben gefallene Engel in den USA den breiten Hochzinsmarkt um mehr als zehn Prozent übertroffen, berichtet der Fondsanbieter NN Investment Partners (NNIP).

Energie- und Rohstoffbranche besodners betroffen

Fallen Angels können Anleiheinvestoren einen Ausweg aus dem aktuellen Zinstief bieten, sind Anlageprofis überzeugt. Große Unternehmen gehen selten pleite, sondern im Gegenteil oft gestärkt aus Krisen hervor, argumentiert Peter E. Huber, Chef der Investmentboutique Star Capital. Er riet Ende vergangenen Jahres zum Kauf von frisch herabgestuften Anleihen aus dem Energie- und Rohstoffsektor – und hat damit seitdem auch in den eigenen Fonds ordentliche Gewinne erzielt.

Privatanleger sollten trotzdem vorsichtig sein. Die meisten gefallenen Engel der vergangenen Monate stammen aus der Energie- und Rohstoffbranche. Der Preisverfall bei Erdöl und anderen Rohstoffen hat viele Unternehmen hart getroffen. Von 26 Anleihen, die im ersten Quartal 2016 in den USA auf Ramschniveau herabgestuft wurden, stammten 20 von Energie-, Metall- oder Bergbauunternehmen. An dieser Quote wird sich in den kommenden Monaten voraussichtlich nicht viel ändern. „Diese Sektoren dürften den überwiegenden Anteil der Ausfälle ausmachen, die im laufenden Jahr erwartet werden“, sagt O’Reilly. Ob sich die Anleihekurse der abgestraften Energie- und Rohstoffunternehmen erholen, hängt stark von der Entwicklung des Ölpreises ab. Der ist zwar seit Jahresbeginn deutlich gestiegen. Marktbeobachter rechnen aber damit, dass es in der kommenden Zeit erneute Kurseinbrüche gibt, weil die Investoren zu optimistisch waren.

Wollen Anleger in Fallen Angels investieren, sollten sie nach Fonds Ausschau halten, die entsprechende Strategien verfolgen, statt alleine auf Schatzsuche zu gehen. Denn das Risiko, danebenzugreifen, ist sehr hoch. Der Pakt mit den gefallenen Engeln soll schließlich nicht zum Drama mit faustischen Ausmaßen werden.

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