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Finanzaufsicht Prämiensparen: Banken müssen unwirksame Zinsanpassungen offenlegen

Wegen der Niedrigzinsen haben viele Banken ihre Gewinnzusagen beim Prämiensparen nach unten korrigiert, jetzt greift die Bafin ein
Wegen der Niedrigzinsen haben viele Banken ihre Gewinnzusagen beim Prämiensparen nach unten korrigiert, jetzt greift die Bafin ein
© IMAGO / CHROMORANGE
In den Streit um die Zinsänderungen beim Prämiensparen hat sich die Bafin eingeschaltet. Sie fordert Geldinstitute auf, Kunden darüber zu informieren, wenn sie Zinsen eigenmächtig angepasst haben. Das könnte die Chancen auf Zinsnachzahlungen erhöhen

Inhaber eines Prämiensparvertrags könnten bald Post von ihrer Bank oder Sparkasse bekommen – und zwar dann, wenn das Geldinstitut die Zinsen in den vergangenen Jahren eigenmächtig angepasst hat, oft ohne das ausreichend transparent zu machen. Grund ist eine Allgemeinverfügung der Bafin vom Montag. Darin verpflichten die Finanzaufseher die Kreditinstitute, Prämiensparkunden über unwirksame Klauseln bei der Zinsanpassung zu informieren.

Sollten Prämiensparer durch diese Klauseln zu wenig Zinsen erhalten haben, müssen die Banken ihnen die Zinsen neu berechnen oder ihnen einen neuen Vertrag mit einer wirksamen Anpassung anbieten. Institute müssen die Vorgaben binnen zwölf Wochen umsetzen. „Das ist Verbraucherschutz, was wir hier tun. Verbraucherschutz, der wirkt“, sagte Bafin-Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch.

Betroffen sind vor allem Kunden, die zwischen 1990 und 2010 einen Prämiensparvertrag abgeschlossen haben. Dabei handelt es sich um eine langfristige Sparform mit variabler Verzinsung und gleichbleibender Sparleistung. Heißt: Kunden erhalten zusätzlich zu den Zinsen eine garantierte Prämie, die gestaffelt nach Länge der Vertragslaufzeit steigt. Viele Verträge enthielten dabei eine Klausel, nach der Banken die Zinssätze eigenmächtig anpassen können.

Einseitige Zinsanpassungen seit 2004 unwirksam

Angesichts der Niedrigzinsen in den vergangenen Jahren wurde das Prämiensparen für Banken zunehmend teurer, viele Geldinstitute machten deshalb von den Bestimmungen Gebrauch und korrigierten die Zinsen nach unten – zum Nachteil der Kunden. Verbraucherzentralen hatten bereits im April dieses Jahres über 5000 langfristige Sparverträge überprüft . Demnach hatten die untersuchten Vertragsinhaber durchschnittlich rund 4000 Euro zu wenig Zinsen erhalten.

Schon 2004 erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) diese einseitigen Anpassungsklauseln für unwirksam. In Urteilen von 2010 und 2017 äußerte sich der BGH zu Anforderungen an die Klauseln. Eine detaillierte Entscheidung zu Kriterien für Zinsanpassungen in langfristigen Sparplänen steht noch aus. Verbraucherschützer rechnen damit, dass sie im Herbst fallen könnte.

Schon jetzt müssen Zinsanpassungen fair, berechen­bar und nach­prüf­bar für die Kunden sein, erklärt die Stiftung Warentest. Sparer müssen also klar erkennen können, von welchem Referenzzins der eigene Vertrag abhängt – und wann und wie sich der Zinssatz ändern könnte. In der Praxis ist das aber oft nicht der Fall. Erst im März entschied das Oberlandesgericht Dresden in zwei Fällen, in denen Bankkunden gegen die Zinsanpassungen der Geldinstitute geklagt hatten.

Anders sieht es dagegen aus, wenn die Bank Prämiensparern ihren Vertrag kündigt. Wenn Sparer hier die höchste Prämienstufe erreicht haben, kann die Bank den Vertrag zu recht kündigen, entschied der BGH 2019.

Lob von Verbraucherschützern, Kritik vom Bankenverband

Die Allgemeinverfügung sei nicht der erste Schritt, den die Bafin gegen die unwirksamen Zinsanpassungen unternimmt, sagte Pötzsch. Ende November 2020 habe man Verbände der Kreditwirtschaft und Verbraucherschutzorganisationen an einen Runden Tisch eingeladen. „Am Ende des Gesprächs war klar: Auf diesem Wege kommen wir nicht zum Ziel“, bilanziert der Bafin-Exekutivdirektor.

Die Kreditinstitute müssen die Vorgaben jetzt binnen zwölf Wochen umsetzen, die kommenden vier Wochen können sie allerdings noch Widerspruch bei der Bafin einlegen. Pötzsch erwartet, dass einige Geldinstitute das auch tun werden. Er gehe aber davon aus, dass die Allgemeinverfügung vor Gericht Bestand haben werde.

Der Banken-Dachverband Deutsche Kreditwirtschaft hat bereits mitgeteilt, dass betroffene Institute prüfen würden, ob sie Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung einlegten. „Nach unserer Auffassung wurde die Rechtsprechung des BGH von 2004 seitdem angemessen in den betroffenen und späteren Prämiensparverträgen umgesetzt“, heißt es. Der BGH werde demnächst entscheiden, ob weitere rechtliche Kriterien bei Zinsanpassungsklauseln beachtet werden müssten. „Es ist erstaunlich, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht damit den Gerichten vorgreift“, heißt es weiter.

Von Verbraucherschützern gab es Lob für den Schritt der Bafin. Es sei gut, dass die Bafin dem Druck der Sparkassen und Banken nicht nachgegeben habe und den Kunden zur Seite springe, hieß es vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die Afforderung werde Verbrauchern helfen, Ansprüche auf Nachzahlungen durchzusetzen.

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