Detlef Glow ist leitender Fondsanalyst des Datenanbieters Lipper
Capital: Herr Glow, viele Investmentgesellschaften wollen Anlegern Fonds verkaufen, die von bestimmten Trends profitieren sollen, zum Beispiel vom demografischen Wandel. Würden Sie einen solchen Fonds kaufen?
Glow: Das hängt davon ab, wie der Fonds konzipiert ist. Es gibt viele Unternehmen, denen die alternde Bevölkerung wachsende Umsätze beschert. Der demografische Wandel geht allerdings nicht von heute auf morgen vonstatten, sondern ganz allmählich. Die Frage ist deshalb, wann er sich in der Performance eines Demografie-Fonds niederschlägt. Zwischenzeitlich kann es außerdem zu Verlusten kommen, die ein guter Fondsmanager begrenzen muss. Das hat man zum Beispiel bei Fonds gesehen, die vom Trend zur Solarenergie profitieren sollten.
Was ist da passiert?
Solarenergie ist auf lange Sicht ein Wachstumsmarkt. Im Jahr 2008 haben Anleger mit Solar-Aktien aber viel Geld verloren. Die Kurse der Papiere gingen durch die Decke – danach brachen sie wieder ein. Es genügt eben nicht, einen Trend zu identifizieren. Man muss ihn auch nutzen können.
Welche vermeintlichen Trends haben sich als Rohrkrepierer entpuppt?
Logistik-Fonds zum Beispiel. Die Idee dahinter war, dass man in Logistik-Dienstleister investieren sollte, weil immer mehr Menschen Waren im Internet bestellen und sie sich liefern lassen. Die Fonds haben, glaube ich, nie eine nennenswerte Rendite erwirtschaftet und sind von den Anbietern wieder vom Markt genommen worden. Der Wettbewerb im Logistikmarkt hat die Preise gedrückt, was sich dann auch in den Gewinnen von Logistikern widergespiegelt und ihr Kurspotenzial begrenzt hat.
"Man muss Trends früh erkennen"
Woran können Anleger erkennen, ob ein Fonds auf einen lukrativen Trend setzt?
Man sollte die Informationen des Fondsanbieters kritisch hinterfragen und außerdem auf die Bewertungen der Unternehmen im Fonds achten. Im Jahr 2000 gab es etwa ein israelisches IT-Unternehmen, das so hoch bewertet war, dass jeder Computer, den es damals auf der Welt gab, mehrere Sicherheitssysteme dieses Unternehmens hätte installiert haben müssen, um die Bewertung zu rechtfertigen. Das Internet wurde damals zwar zum Megatrend, aber ein Investment in ein derart teures Unternehmen wäre trotzdem nicht sinnvoll gewesen.
Was können Anleger sonst noch tun?
Sie sollten sich anschauen, wie der Trend, von dem ein Fonds profitieren will, bisher verlaufen ist und wie er weiterhin verlaufen könnte. Man muss Trends früh erkennen und über die gesamte Dauer daran partizipieren, damit sich das Investment lohnt. Generell kann man sagen: Je kurzfristiger ein Trend ist, desto schlechter ist die Idee, einen Fonds darauf aufzulegen.
Welche Trends haben sich für Anleger in den vergangenen Jahren gelohnt?
Schwellenländer galten früher als Trendthema. Heute ist ein Investment in Schwellenländer ganz normal, und es kann sich lohnen. Auch Nachhaltigkeit ist ein Megatrend, der sich allmählich durchsetzt. Es gibt immer mehr breit diversifizierte Nachhaltigkeitsfonds. Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr. Um an Megatrends teilzuhaben, braucht man aber eigentlich keinen speziellen Fonds.
Warum nicht?
Echte Megatrends finden sich auch in global aufgestellten Aktienfonds, denn jeder Fondsmanager möchte ja eine möglichst hohe Rendite erwirtschaften und deshalb Trends für sich nutzen. Zum Beispiel das Thema Wasser: Es gibt zwar spezielle Wasserfonds, die davon profitieren sollen, dass Wasser weltweit knapper wird. In den Fonds findet man allerdings Aktien von Versorgern wie Suez oder Veolia oder von Nahrungsmittelkonzernen wie Nestlé, die neben anderen Produkten auch Trinkwasser verkaufen. In diese Aktien investieren auch viele andere breit diversifizierte Fonds.