Die folgenreichste Bekanntschaft seines Lebens machte Charles Munger, als er am Tiefpunkt stand: Er war Mitte 30, sein ältester Sohn gerade an Leukämie gestorben, schon zuvor hatte Munger sich scheiden lassen, nach acht Jahren Ehe und drei Kindern. Kurz nach dem Tod des Sohnes starb auch noch Mungers Vater. 1959 musste Munger darum aus seiner Wahlheimat Kalifornien zurück nach Nebraska reisen, in seinen Geburtsort Omaha, um den Nachlass des Vaters zu regeln. Dort aber erzählte ihm ein alter Freund, dass er ihm dringend einen Bekannten vorstellen müsse. Der hieß Warren Buffett, war 29, und als die beiden sich schließlich trafen, mochten sie sich auf Anhieb. Und die Verbindung hielt für den Rest von Mungers Leben. Denn schnell stellten der junge Buffett und Munger fest, dass sie an dieselbe Idee glaubten: dass sie mit Zigarrenstummeln reich werden konnten (im übertragenen Sinne).
Aus den beiden jungen Männern wurden zwei Investorenlegenden, die nicht nur selbst reich wurden, sondern auch tausenden von langjährigen Aktionären ihres Mischkonzerns Berkshire Hathaway zu Wohlstand verhalfen. Über die Jahre bewährte sich Buffetts und Mungers Investmentansatz glänzend, gerade in den vergangenen Jahren feierte er noch einmal ein großes Comeback.
Unter den Berkshire-Anhängern hießen die beiden schlicht „Warren“ und „Charlie“, so nannten sie sich auch gegenseitig und so unterzeichneten sie die jährlichen Mitteilungen an ihre Aktionäre. Am Dienstag ist Charlie Munger, der Ältere der beiden, im Alter von 99 Jahren gestorben.
Zwar war der sechs Jahre jüngere Buffett stets ungleich berühmter und reicher. Doch ohne Munger, sein Alter Ego und Vizechef der Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway, wäre er nie so weit gekommen, betonte Buffett gern selbst: Die Firma sei nach Mungers Blaupause entstanden, er, Buffett, unterschreibe nur Verträge. Das mag tief gestapelt sein – doch es zeigte Buffetts große Bewunderung für seinen Freund und Geschäftspartner. Bei der jährlichen Berkshire-Hauptversammlung in Omaha war dieser besondere Respekt stets zu spüren. Im Mai trat das Investorenduo dort zuletzt zusammen auf.
Was ihn an Munger fasziniert habe? „Seine Brillanz, sein erstaunliches Erinnerungsvermögen und seine starke Meinung“, sagte Buffett in einer seiner Vorstandsreden. Zusammen brachten sie es auf mehr als 130 Jahre Investmenterfahrung und über 120 Mrd. Dollar Vermögen, und beide behaupteten gerne, sie hätten sich in 60 Jahren Zusammenarbeit nie gestritten. Wie man das hinbekommt, erklärte Warren Buffett so: „Immer, wenn wir nicht übereinstimmen, beendet Charlie die Konversation mit den Worten: Warren, denk darüber nach, dann wirst du mir zustimmen. Denn du bist intelligent – aber ich habe recht.“
„Jura ist ein schönes Hobby“
Vielleicht war das Recht-haben-Wollen ein Überbleibsel aus Charlie Mungers früherem Leben: Er studierte Jura in Harvard und schloss sein Studium in Rekordzeit summa cum laude ab. Den Studienplatz bekam er, obwohl er keinen Collegeabschluss hatte – als er 17 Jahre alt war, traten die USA nach dem Angriff auf Pearl Harbor in den Zweiten Weltkrieg ein, Munger ging zur Armee. Später arbeitete er als Immobilienanwalt in Kalifornien (wo er bis zuletzt auch lebte) und tätigte erste Investments in die Firmen seiner Klienten.