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Geldanlage Kommen die Strafzinsen für Jedermann?

Treffen die Strafzinsen der EZB bald auch die Sparer?
Treffen die Strafzinsen der EZB bald auch die Sparer?
Die Europäische Zentralbank erhebt seit 2014 Negativzinsen auf Geldeinlagen. Für Banken bedeutet das Kosten in Millionenhöhe. Einige Finanzinstitute wollen nun ihre eigenen Kunden zur Kasse bitten. Doch Finanzminister Olaf Scholz stellt sich quer

Der Leitzins in Europa ist seit Jahren im Keller. Während Banken zum Nullzins Kapital von der Europäischen Zentralbank (EZB) bekommen, müssen sie draufzahlen, wenn sie ihr Geld dort parken wollen.

Im Moment liegt der Zins für Geldeinlagen bei minus 0,4 Prozent. Null- und Negativzinsen sollen die Inflation erhöhen und die Wirtschaft ankurbeln, so das Kalkül der Notenbanker. Die EZB hat daher nicht ausgeschlossen, den Zins noch weiter zu senken und höhere Strafzinsen zu erheben.

Um nicht alleine auf den Kosten sitzen zu bleiben, reichen viele Banken die Kosten bereits heute an ihre Kunden weiter, zeigt eine Umfrage des Online-Vergleichportals Biallo. 107 von 160 befragten Finanzinstituten gaben an, dass sie Negativzinsen für Sparguthaben ihrer Kunden verlangen.

Die meisten Geldhäuser beschränken sich dabei auf Firmenkunden, 30 der befragten Banken geben die Kosten aber mittlerweile auch an Privatkunden mit einem Guthaben von mindestens 100 000 Euro weiter.

Finanzminister Scholz kritisiert umgelegte Strafzinsen

Bundesfinanzminister Olaf Scholz sieht das kritisch: „Ich finde es keine gute Idee, wenn Banken Strafzinsen erheben für Guthaben auf Girokonten oder Tagesgeldkonten. Am besten wäre es, wenn die Banken das einfach lassen“, sagte Scholz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das Finanzministerium prüfe daher, ob es der Bundesregierung überhaupt möglich sei, Kleinsparer vor der Weitergabe von Strafzinsen zu bewahren . „Diese Prüfung ist aber kompliziert und wird etwas dauern“, sagte Scholz.

Damit schließt sich Scholz einer Initiative von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder an , der unlängst eine Bundesratsinitiative angekündigt hat. Der CSU-Chef will Privatsparer mit einem Guthaben von unter 100 000 Euro von der Strafgebühr verschonen. Dazu fordert er ein Gesetz, dass es Banken verbietet, Kleinsparern Negativzinsen aufzuerlegen. Stattdessen müssten Banken ihre Kosten auf andere Weise decken.

Strafzinsen erheben zum Beispiel die Hamburger Sparkasse und die Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee. Der Druck der Negativzinsen auf die Banken wachse, sagt Andreas Krautscheid, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken. „Es könnte sein, dass viele Banken auf Dauer nicht mehr umhinkönnen, die zusätzlichen Belastungen auch in der Breite an Privatkunden weiterzugeben“, sagt der Bankenvertreter.

Vergleichsportal für Bank-Kunden fehlt

Auch der Münchner Stadtsparkassenchef Ralf Fleischer hat im Interview mit dem Münchner Merkur unlängst vor immer höheren Strafzinsen der EZB gewarnt: Sollte das passieren, können die Banken die Kosten nicht mehr alleine tragen, sagt Fleischer. Das Münchner Finanzinstitut ist die fünftgrößte Sparkasse in Deutschland und hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr Strafzinsen in Höhe von 13 Millionen Euro gezahlt.

Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), hält Scholz‘ Verbotsvorstoß für unnötig: „Bereits jetzt sind Negativzinsen bei bestehenden Verträgen aus Sicht des vzbv rechtswidrig“, sagt er. Banken und Sparkassen könnten stattdessen die Gebühren für Girokonten erhöhen und so die Verluste durch die Negativzinsen ausgleichen. Bankenverbandschef Krautschneider sieht wenig Möglichkeiten für Banken, über Entgelte und Zinsen die Kosten der Negativzinsen auszugleichen.

Viele Banken erheben schon Gebühren. Dadurch ist der effektive Zins für solche Konten heute schon negativ. An sich kein Problem – das gehört zum Wettbewerb. Wichtig ist für vzbv-Vorstand Müller allerdings, dass Verbraucher die Produkte transparent miteinander vergleichen und so die günstigsten Angebote finden können. Dazu fehlt allerdings ein unabhängiges Vergleichsportal. Sollte Scholz‘ Vorstoß scheitern und mehr Banken die Negativzinsen an Privatsparer weitergeben, hätten Verbraucher es also schwer, günstige Konditionen ausfindig zu machen.

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