Katharina Seiler ist Dividendenfondsmanagerin bei Deutsche Asset & Wealth Management
Capital: Frau Seiler, welches Unternehmen hat Sie in der diesjährigen Dividendensaison besonders überrascht?
Katharina Seiler: Ehrlich gesagt: überhaupt keins. Es gibt gerade keine drastischen Dividendenkürzungen, und auch keine Ausreißer nach oben.
Dann ist das Langeweiler-Image, das dividendenstarke Aktien haben, gerechtfertigt?
Die Aktien sind in dem Sinne langweilig, als dass man gut schlafen kann, wenn man sie im Depot hat. Außerdem sind ausschüttungsstarke Unternehmen sehr diszipliniert und kommunizieren mögliche Änderungen an ihrer Dividende frühzeitig. Das ist genau das, was Anleger sich seit der Finanzkrise wünschen: keine Überraschungen.
In welche Richtung bewegen sich die Ausschüttungen im Schnitt?
Die Unternehmensgewinne steigen, und damit steigen auch die Dividenden. Bei der Dividendenrendite sieht es etwas anders aus. Sie hängt ja nicht nur von der Dividende je Aktie ab, sondern auch vom Aktienkurs. Weil die Aktienkurse in Europa zuletzt tendenziell eher gestiegen sind, sind die Dividendenrenditen leicht gefallen. In den USA sind die Dividendenrenditen dagegen stabil.
Im Tech-Sektor steigen die Dividenden
Sollten Anleger eher in Europa oder eher in den USA auf Dividendenjagd gehen?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten. In Europa sind die Ausschüttungen höher als in den USA. In den USA haben sie aber in den kommenden Jahren Luft nach oben. US-Unternehmen haben bis zur Finanzkrise stark auf Wachstum gesetzt. Jetzt setzen sie auf Stabilität und erhöhen allmählich die Dividenden.
Welche Branchen sind für Dividendenjäger besonders aussichtsreich?
Das kommt auf die Region an. In den USA schauen wir uns zum Beispiel den Technologiesektor genau an. Er ist reifer geworden, die Unternehmen wachsen nicht mehr so stark, die Ausschüttungen steigen. In den Schwellenländern sind der Technologie- und der Telekommunikationssektor besonders interessant.
In welcher Branche könnten die Ausschüttungen mittelfristig besonders stark steigen?
Im Finanzsektor. Dort ist allerdings Vorsicht geboten: Früher waren Banken starke Dividendenzahler, nun stehen regulatorische Anforderungen im Vordergrund. Langfristig dürften starke Cashflows die Ausschüttungen stützen, noch sind wir aber zurückhaltend.
"Es gibt keinen Grund, aus Aktien zu flüchten"
Trotz steigender Ausschüttungen floss aus börsengehandelten Indexfonds, die Dividenden-Indizes nachbilden, zuletzt Kapital ab. Woran lag das?
Viele Anleger schauen auf die anstehende Zinswende in den USA und denken, dass dividendenstarke Aktien bei steigenden Zinsen nicht mehr so interessant sind. Das ist aber ein Trugschluss. Die Anleger werden zurückkommen.
Warum?
Weil Dividenden weiterhin einen großen Anteil an der Gesamtrendite einer Anlage haben werden. Außerdem ist es Anlegern nach wie vor wichtig, ihr Kapital zu erhalten, und auch das kann man mit ausschüttungsstarken Aktien erreichen. Darüber hinaus werden die Zinsen im Gegensatz zu den Befürchtungen vieler Investoren höchstens leicht steigen. Die Aktienkurse werden von einem sanften Zinsanstieg nicht sonderlich stark beeinträchtigt werden. Es gibt also keinen Grund, generell aus Aktien zu flüchten.
Hatten Ihre Fonds zuletzt Zu- oder Abflüsse?
Wir haben in unserem US-Dividendenfonds leichte Abflüsse gesehen. Das Volumen unseres globalen Dividendenfonds hat sich nicht verändert.