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Vermögen Wieso die Deutschen jetzt reicher sind als die Italiener

Das Restaurant „La Galleria“ in der Galerie Vittorio Emanuele in Mailand
Das Restaurant „La Galleria“ in der Galerie Vittorio Emanuele in Mailand. Deutsche sind im Schnitt reicher als Italiener
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Vor zehn Jahren bescheinigten Statistiken den Italienern ein höheres Vermögen als den Deutschen. Nun ist es umgekehrt – und hat zwei Gründe

Vor noch nicht allzu langer Zeit sagten die Statistiken aus, dass Menschen in Italien ziemlich reich seien – zumindest im Durchschnitt und verglichen mit dem Vermögen deutscher Haushalte. Damals, 2013, sprachen die Regierungen gerade über Rettungspakete für Europas Süden. Die Zahlen der Statistikbehörde Eurostat sorgten da einmal mehr für Streit. Einige nordeuropäische Verhandler fragten sich, warum sie den Ländern im Süden Geld geben sollten, wenn das Nettovermögen der italienischen Haushalte im Median rund 132.300 Euro höher lag als das der deutschen Haushalte mit nur 70.800 Euro. 

Inzwischen aber hat sich das Bild gewaltig gedreht. Neue Daten für 2023 zeigen, dass deutsche Haushalte nun die italienischen Nachbarn beim Vermögen überholt haben. 

In den neuen Statistiken fällt sowohl das durchschnittliche Gesamtvermögen pro Haushalt hierzulande höher aus – also die Summe aus Geldvermögen, Sachvermögen und Betriebsvermögen, als auch das Nettovermögen. Dieses ergibt sich, wenn man die Schulden für Kredite und Hypothekendarlehen vom Gesamtvermögen abzieht. Es liegt hierzulande bei rund 413.000 Euro im Durchschnitt, in Italien bei 405.600 Euro. Für alle europäischen Länder beträgt das Nettovermögen laut EZB-Auswertungen im Schnitt 292.000 Euro, der Median liegt bei 123.500 Euro. 

Schaut man genauer auf den Medien-Wert, fällt auf: Im Median beträgt das Nettovermögen in Deutschland nur 157.000 Euro. Die Hälfte aller Bundesbürger lebt also in einem Haushalt, der weniger als 157.000 Euro Nettovermögen hat, die andere Hälfte besitzt mehr. In Italien liegt das Nettovermögen bei knapp 186.000 Euro.

Rentenansprüche nicht mit einbezogen

Beim Median schneiden also nach wie vor die italienischen Haushalte besser ab als die deutschen. Das bedeutet: Es gingen hierzulande einige sehr große Vermögen in die Statistik ein, die den rechnerischen Durchschnitt stark nach oben hievten – nicht aber den Mittelwert. Dagegen fielen in Italien sehr viele gemeldete Vermögen insgesamt höher aus, wodurch sich in einer Statistik stets auch der Median nach oben verschiebt. Dort scheint das Vermögen also etwas gleichmäßiger verteilt zu sein. Darauf lassen zumindest die erfassten Beträge schließen, die jeweils einige tausend Befragten pro Land meldeten.

Was nicht in die Berechnungen eingegangen ist – damals wie heute –, waren die gesetzlichen Rentenansprüche der Bürger in den jeweiligen Ländern. Erfasst sind also nur die privaten Policen. Aus diesem Grund wurden schon die Zahlen von 2013 kritisiert. Gerade deutsche Einzahler in öffentliche und berufsständische Rentenkassen besitzen zum Teil hohe Ansprüche an Altersvorsorgekassen, das verzerre den hiesigen Wohlstand. 

Die Werte der deutschen Bundesbank weichen zwar deutlich von den Eurostat-Erhebungen ab: Demnach lag das hiesige Haushalts-Nettovermögen 2021 im Schnitt bei 316.500 Euro. Der Median lag demnach bei 106.600 Euro. Beachtlich ist, wie stark das Vermögen zugelegt haben soll: Seit 2010 legte das deutsche Nettovermögen laut Bundesbank nominal – also zu jeweils im entsprechenden Jahr gültigen Preisen – um 62 Prozent zu, selbst seit 2017 betrug der Anstieg stolze 36 Prozent. Der Median lag 2010 bei 51.400 Euro und betrug 2017 gut 70.800 Euro.

Deutschlands Immobilienboom sorgt für mehr Vermögen

Wodurch dieser große Anstieg kommt? Vor allem durch den Immobilienboom, den die Bundesrepublik seitdem erlebt hat. Er begann nach 2010 und hievte die Preise für Wohneigentum in vielen Großstädten um das Doppelte bis Dreifache in die Höhe. Natürlich besitzt längst nicht jeder Haushalt hierzulande eine eigene Immobilie, sondern nur knapp jeder zweite. Dennoch sind die Hauswerte der verbreitetste, größte Vermögenswert in der Statistik. Das Betriebsvermögen von Unternehmern, Freiberuflern, Selbständigen und Gewerbetreibenden ist ebenfalls hoch, jedoch auf viel weniger Fälle konzentriert. Deswegen hebt es den Median weniger stark an.

Bei Haushalten mit Immobilienbesitz ist das Sachvermögen hierzulande im Median rund 364.000 Euro groß. Mieterhaushalte dagegen kommen laut Statistik aktuell nur auf 16.200 Euro Sachvermögen, das dürfte in der Regel der aktuelle Fahrzeugwert dieser Haushalte sein. Das Wohneigentum einzeln betrachtet habe demnach eine Wert von 278.800 Euro im Median, 2010 betrug der Immobilienwert im Median nach Schulden 168.000 Euro.

Hauswerte in Italien dümpeln

In Italien ist der Boom ausgeblieben: Laut italienischer Statistik erhöhten sich die Immobilienwerte dort seit 2010 und 2015 kaum, sie wuchsen lediglich von rund 203.000 Euro auf rund 219.000 Euro. 

Warum? Weil in Italien die Wohneigentümerquote ohnehin schon sehr hoch ist, sie beträgt gut 68 Prozent, das liegt noch weit überm EU-Schnitt von 60 Prozent. Wo so viele Menschen bereits ein Haus besitzen, kam es selbst infolge der langen Niedrigzinsphase nicht zu einem nennenswerten Ansturm auf Immobilien und damit auch nicht zu derartigen Preissteigerungen wie hierzulande. Zugleich bedeutet die hohe Eigentümerquote: Die Immobilienwerte sind bereits recht gleichmäßig in die Statistik „eingepreist“, deshalb weichen hier Durchschnitt und Median auch viel weniger voneinander ab.

Neben den Immobilienwerten stiegen auch die übrigen Vermögensposten, insbesondere die Finanzanlagen. Während der Coronakrise sparten die Menschen viel Geld, weil sie kaum Geld ausgeben konnten. Zudem liefen auch die Börsen in den vergangenen Jahren prächtig, mit Ausnahme des Jahres 2022. Doch wenn man es in Relation sieht, machen die Finanzanlagen nur einen geringen Teil des Gesamtvermögens aus:

Hier sagt die EZB-Statistik: Deutsche Haushalte verfügen im Schnitt über 64.500 Euro auf Sparkonten, im Median sind es 54.400 Euro. Das ist weit mehr als in Italien, wo der Schnitt bei 52.700 Euro liegt, der Median aber nur bei 24.000 Euro. Menschen in Deutschland sind also viel stärker ein Volk von Sparern, das scheint sich sehr breit und üppig durch alle Haushalte zu ziehen. In Italien sind zwar die Sparsummen, wenn sie auf Konten liegen, ebenfalls recht hoch – aber viel weniger Haushalte bauen solche Rücklagen auf.

Italiener haben mehr Geld in Fonds

Beim Fondsvermögen sieht es ähnlich aus: Deutsche Haushalte besitzen im Schnitt 22.100 Euro an Fondsanteilen, italienische sogar 27.100 Euro. Die Mittelverteilung beträgt aber in Deutschland 7380 Euro und nur 2590 Euro in Italien. Anders ausgedrückt: Wenn die Haushalte mit Fonds sparen, dann sind es vorwiegend die wirklich Vermögenden, das belegen auch die Durchschnittszahlen der 10 Prozent Bestverdiener – und da stechen die begüterten Italiener die Deutschen locker aus: Die obersten 10 Prozent der Vermögenden verfügen hierzulande über Portfolios von durchschnittlich gut 155.000 Euro, in Italien sind es 228.000 Euro.

Insgesamt aber tragen die paar zehntausend Euro, die jeder Zweite in der Bevölkerung – in Deutschland ebenso wie in Italien – in Aktien, Fonds oder auf dem Sparkonto hortet, nur rund 10 Prozent zum Nettogesamtvermögen bei. Der überwältigende Großteil des Privatvermögens besitzen die Menschen in Form von Immobilien.

Allerdings müssten die Immobilienbesitzer diesen Wertgewinn auch monetarisieren können, um davon wirklich zu profitieren – und nicht nur auf dem Papier reicher zu sein. Das jedoch können die allermeisten Selbstnutzer von Wohneigentum nicht, da sie ihre Häuser und Wohnungen selbst bewohnen. Zudem gilt die Vermögensvermehrung eben nur für jeden zweiten Haushalt und Bundesbürger, weil rund die Hälfte bis heute gar kein Wohneigentum besitzt. Zumindest in dem Punkt ist uns Italien auf unabsehbare Zeit deutlich voraus.

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