Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) zählt zu den wichtigsten Versicherungen für Erwerbstätige überhaupt. Sie springt ein, wenn man seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann und plötzlich ohne Einkommen dasteht. Damit schützt die BU vor einem existenziellen und leider sehr realen Risiko. Denn statistisch gesehen wird jeder Vierte im Laufe seines Arbeitslebens mindestens einmal berufsunfähig. Die häufigste Ursache dafür sind psychische Erkrankungen, also etwa Burn-out oder Depressionen. Das zeigen Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Zwar kann man sich grundsätzlich gegen diese Risiken versichern lassen. Das heißt: Wer mindestens 50 Prozent seiner Arbeit aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr ausüben kann, erhält von seinem BU-Versicherer eine monatliche Rente. Das Problem: Wer bereits einmal in psychotherapeutischer Behandlung war, hat schlechte Karten, eine BU-Versicherung abzuschließen. Denn anders als bei vielen körperlichen Leiden ist den Anbietern das Risiko einer BU bei Menschen mit einer Vorgeschichte beim Psychiater zu hoch. Das Beste, was Betroffene dann noch für sich herausholen können, ist eine Police, die Zahlungen für psychische Erkrankungen ausschließt. Dann kann sich der Verbraucher zwar gegen andere Gründe einer BU absichern – etwa einen Bandscheibenvorfall. Wird er aber wegen einer psychischen Erkrankung berufsunfähig, zahlt der Versicherer nicht.
Der erste Rat für Menschen, die sich sorgen, ein BU-Versicherer könnte sie ablehnen, lautet: eine anonymisierte Risikovoranfrage stellen. Versicherer nutzen eine gemeinsame Datenbank, auf der sie Ablehnungen speichern. Lehnt ein Versicherer eine personalisierte Anfrage ab, hat das einen negativen Eintrag in der Datenbank zur Folge – samt Name, Anschrift und Geburtsdatum des Antragsstellers. Dann stehen die Chancen besonders schlecht, bei einem anderen Versicherer akzeptiert zu werden. Für eine anonyme Risikovoranfrage, bei der die persönlichen Daten geschwärzt sind, wendet man sich am besten an einen unabhängigen Versicherungsmakler. Dieser lotet bei unterschiedlichen Versicherungen die Chancen auf eine BU-Police aus.
Dauerstress ist kein pauschales Ausschlusskriterium
Die zweite Option: Wer eine Psychotherapie hinter sich hat, der sollte mit der Versicherungsanfrage warten, bis die Therapie lang genug zurückliegt. Sie sollte in jedem Fall vor dem sogenannten Abfragezeitraum des Versicherers stattgefunden haben. Dieser betrifft in der Regel die vergangenen fünf, teils auch die vergangenen zehn Jahre. Liegt die Krankheitsgeschichte außerhalb dieses Zeitraums, hat der Versicherer theoretisch keinen Grund mehr, die Anfrage abzulehnen. „Bei einer früheren Erkrankung sollte man aber dennoch vorsichtig sein“, rät André Salau, Vorstand der Verbraucherberatungsstelle für Versicherungen. Der Experte weist darauf hin, dass die rechtliche Lage bei Erkrankungen vor dem Abfragezeitraum nicht ganz eindeutig ist. Wer auf der sicheren Seite stehen möchte, sollte sich bei unabhängigen Versicherungsexperten Rat suchen.
Personen, die sich gerade mitten in einer Therapie befinden, haben so gut wie keine Chance, als Versicherte akzeptiert zu werden. Allerdings hängt auch hier die Entscheidung von der jeweiligen Erkrankung ab. Im Gegensatz zu einer Suchterkrankung ist etwa Dauerstress kein pauschales Ausschlusskriterium. Bei solchen leichteren Erkrankungen setzen manche Versicherer dann lediglich Risikoaufschläge an. Die Versicherung wird für die Betroffenen also teurer. Die Risikoaufschläge unterscheiden sich je nach Versicherer und jeweiliger Erkrankung. Oft liegen sie zwischen 20 und 50 Prozent über der normalen Prämie.
Außerdem ist nicht jedes Gespräch beim Psychologen gleich eine Psychotherapie, stellt Experte Salau klar. Wer sich nach persönlichen Schicksalsschlägen – wie dem Tod eines Familienangehörigen oder einem Schwangerschaftsabbruch – psychologisch helfen lässt, der kann sich meist zu ganz normalen Preisen BU-versichern. „Erst wenn es zu einer Therapie über Monate oder gar Jahre kommt, sieht es schlecht aus“, ergänzt Salau.
Am einfachsten geht die BU-Versicherung durch, wenn sich Verbraucher möglichst in jungen Jahren darum kümmern. Wie körperliche Leiden entstehen auch viele psychische Erkrankungen erst im Laufe des Arbeitslebens. Da der Versicherer die Krankengeschichte nur bei der Versicherungsanfrage abfragt, erhalten junge Menschen ohne Vorerkrankungen besonders günstige Tarife. Der Versicherer schätzt das Risiko gering, dass sie bald berufsunfähig werden. Und wer dann einige Jahre später die Diagnose einer psychischen Erkrankung erhält, muss das dem Versicherer nicht nachmelden. Wird der Versicherte später berufsunfähig, dann zahlt der Versicherer – auch bei psychischen Erkrankungen.