„Betreiber von öffentlichen Tankstellen (…) sind verpflichtet, (…) bei jeder Änderung ihrer Kraftstoffpreise diese in Echtzeit und differenziert nach der jeweiligen Sorte (…) an die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe zu übermitteln.“ §47k (2) Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Nur mal kurz rumgesponnen: Wie wär’s mit einer Markttransparenzstelle für Butter, Brot oder für Erdbeeren? Seit Supermärkte ihre Waren digital mit einem Klick auszeichnen können, geht es preismäßig schließlich öfter rauf und runter. Die Verkaufsstellen müssten ihre Änderungen in Echtzeit dem Kartellamt melden. Diese Daten wären dann Basis einer Butter- oder Erdbeer-App, die Verbrauchern anzeigt, wo sie besonders günstig in ihrer Nähe einkaufen könnten.
Auf so einen Blödsinn verfiele wohl niemand in der Bundesregierung. Die schwarz-gelbe Vorvorvorgängerkoalition hatte im August 2013 weniger Hemmungen, sich in die Preispolitik des Handels einzumischen, und führte die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe ein. Seither müssen Tankstellen binnen fünf Minuten dem Kartellamt melden, wenn sie bei den Kraftstoffsorten Super E5, Super E10 und Diesel die Preisanzeigen ändern.
Die Idee dahinter: Mehr Transparenz soll den Wettbewerb anheizen und das Preisniveau senken. Zwölf Jahre später kommt das Verbrauchern allerdings wie ein Witz vor. Inzwischen ändern sich die Preise an den Tankstellen im Schnitt 22-mal am Tag, an manchen Standorten zu Stoßzeiten sogar alle 15 Minuten. Bis Autofahrer eine als billig in der Tank-App angezeigte Zapfsäule erreichen, hat sich der Preis oft schon wieder geändert. Laut dem Portal Benzinpreis.de tricksen inzwischen vier von fünf deutschen Tankstellen mit Jo-Jo-Spritpreisen.
Das System hilft vor allem den Ölkonzernen
Was der Gesetzgeber nachlässig ausgeblendet hat: Auf die Daten der Markttransparenzstelle schauen natürlich nicht nur die Autofahrer, sondern auch die Mineralölkonzerne. Ein Klick verschafft ihnen in Echtzeit den Überblick darüber, was die Konkurrenz verlangt. Zudem verfügen sie über automatisierte Systeme, mit denen sie ihre Preise hoch- oder runtersetzen können.
Was nach Wettbewerb aussieht, ermöglicht so den Konzernen, praktisch im Gleichklang an den Spritpreisen zu drehen, eine indirekte Preisabsprache zulasten der Autofahrer.
Nun könnte man am Gesetz rumwerkeln, in Österreich etwa dürfen Tankstellen nur noch einmal am Tag Preise erhöhen, aber mehrmals senken. Man könnte es aber auch einfach streichen. Denn mit dem Informationssystem hilft das Kartellamt vor allem den Multis Aral, Shell, Esso und Total. Die aber sollte es doch eigentlich im Zaum halten.
Testurteil mangelhaft