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Aktien Bei Biotech-Aktien kehrt Realismus ein

Biotech-Analyst Elmar Kraus über den Kurssturz bei Biotech-Aktien und ob Anleger weiterhin starke Nerven brauchen. Von Julia Groth
elmarkraus-dzbank

Elmar Kraus ist Biotechnologie-Analyst bei der DZ Bank


Capital: Die Kurse von Biotech-Aktien fallen seit Ende Juli. Ist die jahrelange Rallye vorbei?

Elmar Kraus: Nein. Übernahmen und steigende Unternehmensgewinne werden die Aktienkurse im Biotech-Sektor weiter treiben. Es kehrt momentan lediglich etwas Realismus ein.

Was hat die Korrektur denn ausgelöst?

Der Boom am Aktienmarkt, der durch die lockere Politik der Zentralbanken ausgelöst worden war, hat sich abgeschwächt. In der Folge gab es eine kleine Verkaufswelle. Anleger, die Gewinne mitnehmen wollen, verkaufen meist jene Aktien, die am besten gelaufen sind. Und das waren in den vergangenen Jahren nun einmal Biotech-Aktien.

Es gibt also keine fundamentalen Gründe für die gefallenen Aktienkurse?

Nein. Wir befinden uns im Gegenteil gerade in einer sehr spannenden Phase, was die Einführung neuer Medikamente angeht. Wir sehen etwa völlig neue Herzmedikamente, die Krebstherapie macht dank der Immunonkologie einen Quantensprung. Im vergangenen Jahr gab es eine Rekordzahl an neu zugelassenen Medikamenten, auch im laufenden Jahr sieht es gut aus. Die Biotech-Branche hat also keineswegs enttäuscht.

Sollten Anleger die Korrektur zum Einstieg nutzen?

Das können sie tun, aber sie sollten dabei selektiv vorgehen. In den vergangenen Jahren sind die Aktienkurse nahezu im gesamten Sektor gestiegen. Das wird in der kommenden Zeit nicht mehr der Fall sein. Anleger müssen sich Einzelwerte künftig genauer anschauen.

"Ich sehe überhaupt keine Blasengefahr bei Biotech-Aktien"

Viele Investoren befürchten, dass sich im Biotech-Sektor eine Blase bildet – oder sogar bereits da ist. Hat die Korrektur dieses Risiko gesenkt?

Ich sehe überhaupt keine Blasengefahr bei Biotech-Aktien. Sicher sind einige Aktien zusammen mit dem breiten Markt gestiegen, die es eigentlich nicht verdient hätten. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Die Kurse dieser Aktien dürften zuletzt zudem besonders stark wieder gefallen sein. Qualität bleibt oben.

Brauchen Biotech-Investoren besonders starke Nerven?

Das hängt davon ab, welche Aktien sie kaufen. Unternehmen wie Gilead oder Amgen sind für eine breite Investorenschicht interessant, weil sie relativ reife Geschäftsmodelle und stabile Cash-Flows haben. Um in diese Unternehmen zu investieren, muss man nicht besonders risikofreudig sein. Bei Firmen aus der zweiten oder dritten Reihe, die noch nicht viele Medikamente auf den Markt gebracht haben, sieht es anders aus. Mit deren Aktien kann man besonders hohe Renditen erzielen, man kann aber auch besonders viel verlieren.

Welche Stellschrauben sollten Biotech-Anleger in den kommenden Monaten im Blick behalten?

Sie sollten die Fusions- und Übernahmeaktivität beobachten. Außerdem sollten Investoren darauf achten, dass Unternehmen über ein Alleinstellungsmerkmal verfügen. Wenn man der 25. ist, der ein Mittel gegen Bluthochdruck auf den Markt bringt, kann man es gleich sein lassen. Anleger sollten sichergehen, dass Unternehmen, in die sie investieren wollen, eine Nische bedienen, die allerdings groß genug ist, um auskömmlich zu sein. Und sie sollten darauf achten, dass der Wirkmechanismus der entwickelten Medikamente Chancen auf dem Markt hat.

Kann man so etwas beurteilen, ohne Mediziner oder Apotheker zu sein?

Ja, ich bin zum Beispiel Biologe. Aber es hilft natürlich, ein bisschen Ahnung von Pharmazie zu haben. Wer sich keine Analyse des Sektors zutraut, sollte Expertise einkaufen. Zum Beispiel in Form eines Fonds.

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