In den kommenden Monaten dürften in Europa viele neue Wandelanleihen auf den Markt kommen. Erste große Deals deuten daraufhin, dass diese Erwartung vieler Marktbeobachter gerechtfertigt ist: So hat etwa das Telekommunikationsunternehmen Telecom Italia aus Mailand jüngst eine Wandelanleihe mit einem Volumen von 2 Mrd. Euro emittiert.
Für vorsichtige Anleger sind die Wandelanleihen, auch Convertible Bonds oder Convertibles genannt, eine interessante Möglichkeit, mit reduziertem Risiko in Aktien zu investieren. Die Papiere bringen Investoren ebenso wie herkömmliche Anleihen regelmäßige Zinszahlungen. Darüber hinaus lassen sie sich allerdings auf Wunsch der Investoren zu einem vorab festgelegten Zeitpunkt und Preis in Aktien des Unternehmens umwandeln, das sie ausgegeben hat, in Sonderfällen auch in Aktien eines anderen Unternehmens. Die Papiere machen deshalb, so die Faustregel, zwei Drittel der Aufwärtsbewegungen am Aktienmarkt mit, aber nur ein Drittel der Abwärtsbewegungen. Im Fachjargon spricht man von einem „asymmetrischen Risikoprofil“.
Die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der schwache Euro schaffen gute Bedingungen für Wandelanleihe-Investments, ist Jonathan Stanford überzeugt, Fondsmanager beim Investmenthaus GAM. „Der Beginn der geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen in Europa hat die Zinsen weiter fallen lassen, während der günstige Euro für steigende Unternehmensgewinne in der Eurozone gesorgt hat“, sagt er. Europäische und auch US-amerikanische Wandelanleihen seien jetzt fair bewertet.
Schutz vor Kursstürzen am Aktienmarkt
Zwei Faktoren machen Wandelanleihen jetzt für Anleger interessant: Erstens leiden sie weniger stark unter steigenden Zinsen als herkömmliche Anleihen. Sie haben meist eine kurze Laufzeit, ihre Kurse bleiben deshalb vergleichsweise stabil, wenn die Zinsen steigen. Darüber hinaus gewinnt die Aktienkomponente von Wandelanleihen an Wert, wenn sich die Konjunkturaussichten aufhellen – was vor einem Zinsanstieg meist der Fall ist. In Europa dürften die Zinsen zwar nach dem Willen der EZB noch bis mindestens September 2016 auf einem Rekordtief bleiben. In den USA könnte aber im Herbst eine erste Zinserhöhung anstehen.
Zweitens schützen Wandelanleihen Investoren vor Kursstürzen am Aktienmarkt. Die Aktienbewertungen sind mittlerweile sowohl in Europa als auch in den USA sehr hoch, und teure Märkte gelten als anfällig für Korrekturen. Ganz ohne Aktien geht es heute aber auch nicht – die Renditen sicherer Staatsanleihen sind zu kümmerlich. Mit Wandelanleihen können Anleger über einen Umweg in den Aktienmarkt investieren und sind gegen eventuelle Kursstürze zumindest teilweise abgesichert.
Weil einzelne Convertibles in der Regel nur in sehr großer Mindestmenge zu haben sind, müssen Privatanleger, die sich für die Papiere interessieren, zu Fonds greifen. Hier ist die Auswahl groß, und sie wird immer größer: Vor einigen Wochen hat etwa das britische Investmenthaus Schroders einen neuen global investierenden Wandelanleihefonds auf den Markt gebracht. Beim Kauf der Fonds ist allerdings Vorsicht gefragt. Je nach Strategie des Managers können sich Convertible-Fonds eher wie Aktien- oder eher wie Anleihefonds verhalten – mit allen dazugehörigen Renditechancen und Verlustrisiken.