Komplexe Entscheidungen erfordern viel Wissen, sagen Ökonomen, gerade in der Geldanlage. Der Kognitionsforscher Ralph Hertwig behauptet das Gegenteil – und erklärt, warum es ganz gut sein kann, nicht alles zu wissen
Capital: Herr Hertwig, Sie erforschen am Max-Planck-Institut die sogenannte Deliberate Ignorance – also den Nutzen der bewussten Unwissenheit. Warum sollen Informationslücken gut sein?
RALPH HERTWIG: So würde ich das nicht zuspitzen. Es gibt aber Umstände, unter denen gewollte Ignoranz – oder präziser: gewolltes Nichtwissen – aus psychologisch nachvollziehbaren und manchmal sogar rationalen Gründen passiert. Deshalb ist das Nichtwissenwollen zu Unrecht so negativ konnotiert. Wir leben mit dem Postulat, dass mehr Wissen immer besser ist – und wir deshalb immer mehr Wissen sammeln sollten. Tatsächlich gibt es aber Situationen, in denen es vernünftig ist, weniger wissen zu wollen.