Die Wende schaffen, wieder auf Kurs kommen, Vertrauen zurückgewinnen – bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank versuchten Vorstandschef John Cryan und Aufsichtsratschef Paul Achtleitner, gute Stimmung unter den Aktionären zu verbreiten. Das ist auch bitter nötig, denn das Geldhaus hat seinen Aktionären in den vergangenen Jahren viel zugemutet: Strafzahlungen in Milliardenhöhe, Strategieanpassungen, Kapitalerhöhungen, Kursstürze. Trotz hartem Sparkurs ist die Bank nicht profitabel und der Aktienkurs nach sechs Kapitalerhöhungen stark verwässert.
Anfang des Monats riet James Chappell, Analyst der Berenberg Bank, erneut zum Verkauf von Aktien der Deutschen Bank. Er beließ es bei einem Kursziel von zwölf Euro – derzeit notiert die Aktie bei über 16 Euro. Und er korrigierte seine Schätzungen für den Gewinn je Aktie erneut nach unten. Er sehe in Aktienrückkäufen die einzige Möglichkeit für die Bank, den Abschlag auf den Buchwert zu reduzieren – doch sehe er nicht, dass es dazu bald kommen könne. Michael Seufert, Analyst der Nord LB, sieht das ähnlich – und ebenfalls von dem Titel ab: „Die Deutsche Bank ist stark im Umbruch. Auch wegen des starken Wettbewerbs hierzulande ist es für die Bank sehr schwer, Gewinne zu machen.“
Die Krise der Deutschen Bank ist besonders groß, aber steht doch symptomatisch für eine Branche, die in immensen strukturellen Schwierigkeiten steckt. Viele europäische Geldhäuser verkünden schlechte Nachrichten, leiden unter Kapitalsorgen und mangelnder Profitabilität. Zinsen im Dauertief und immer neue regulatorische Anforderungen drücken auf die Margen. Die meisten Institute verdienen kaum noch Geld, suchen händeringend nach neuen Ertragsquellen. Dazu kommt: Fintechs machen den Banken manche Kerngeschäfte streitig. In der Folge haben sich auch die Aktienkurse in den vergangenen Jahren im Vergleich zum Gesamtmarkt schwach entwickelt, wenngleich es in den vergangenen zwölf Monaten durchaus wieder etwas steiler bergauf ging.
Nicht nur die Deutsche Bank steckt in Schwierigkeiten, auch anderswo in Europa ist die Lage angespannt. In Italien etwa gerieten mit der Banca Popolare di Vicenza und der Veneto Banca gleich zwei Bankhäuser jüngst in Bedrängnis und benötigten frisches Kapital, um zu überleben. Auch außerhalb des Euro-Raums sieht es kaum besser aus. Die beiden größten Geldinstitute der Schweiz, UBS und Credit Suisse, konnten mit ihren Gewinnzahlen im ersten Quartal des Jahres 2017 zwar die Erwartungen der Analysten übertreffen. Dennoch leidet vor allem die Credit Suisse unter dem schwachen Kapitalmarktgeschäft.
„Bankaktien kaufen, wenn sie unter Buchwert notieren“
Die Bank muss sparen, die Renditeziele wurden nach unten korrigiert. Eine vor rund eineinhalb Jahren beschlossene Strategie zur Neuausrichtung der Bank wurde bereits zweimal nachjustiert, die Aktie verlor seit Herbst 2015 fast die Hälfte an Wert. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren beschloss die Bank schon zwei Kapitalerhöhungen, gerade folgt die dritte. Mit der neuesten Kapitalspritze klettert die Kernkapitalquote von 11,7 Prozent auf 13,4 Prozent. Berenberg-Analyst Chappell bewertet das zwar positiv und hat sein Kursziel für Credit Suisse von neun auf zehn Franken angehoben. Derzeit notiert die Aktie aber bei fast 13 Euro. Er belässt deshalb auch hier die Einstufung auf „Sell“.
Die großen Geldhäuser müssen Anlegern erklären, wie sie künftig trotz niedrigem Zinsniveau, strenger Regulierung und hohen Kosten für Fehler der Vergangenheit nachhaltig Erträge erwirtschaften wollen. „Anleger sollten Bankaktien am besten dann kaufen, wenn sie unter Buchwert notieren und eine Dividende zahlen“, rät Chappell.
Die niedrige Bewertung einiger Bankaktien könnte damit immerhin zum Kaufargument werden. Dazu kommt: Bereits kleine positive Meldungen reichen aus, damit die Stimmung kippt. So stiegen die Kurse zuletzt auf breiter Front, nachdem die Zinsstrukturkurve im Euro-Raum angestiegen ist, sich also wieder etwas mehr Geld mit dem Geldverleihen verdienen lässt. Und schließlich sind Banken zyklische Werte, profitieren also von der aktuell guten Konjunktur. Nord-LB-Analyst Seufert hat nicht die ganz großen Namen auf dem Einkaufszettel, sondern kleinere Adressen wie die niederländische ING: „Die sind in der Digitalisierung sehr stark, die Kostenstruktur ist günstig und sie sind gut aufgestellt.“ Anlegern, die im deutschen Markt investieren wollen, rät Seufert zur Aareal Bank: „Sie ist solide aufgestellt und liefert sehr gute Ergebnisse.“
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