Tchibo und Ikea machen es, Apple und Amazon auch und die Lufthansa ebenso: Sie vergeben Bonus-Kreditkarten. Im Idealfall profitiert davon das Unternehmen genauso wie die ausstellende Bank. Doch die Deals sind oft undurchsichtig. Branchenkenner zweifeln, ob nicht doch ab und zu einer der Partner über den Tisch gezogen wird.
Aktuellstes Beispiel ist Miles & More. Die Lufthansa wechselt die Issuing-Bank für ihre Meilensammler-Karte. Ab Mitte 2025 soll die Deutsche Bank das Vielfliegerprogramm der Fluggesellschaft betreuen. Damit beendet Miles & More die langjährige Zusammenarbeit mit der Deutschen Kreditbank (DKB).
Diese Art der Kooperation nennt sich Co-Branding. Zwei oder mehr Marken verbinden ihr Leistungsangebot und bringen ihre Ressourcen und Kompetenzen ein, um voneinander zu profitieren. Die Kooperation soll dabei für die Kunden klar wahrnehmbar sein. Die Unternehmen erhoffen sich davon zum Beispiel eine Imageverbesserung oder eine Verbreiterung ihrer Markenkompetenz aus Sicht der Nachfrager.
Während der Kreditkartenherausgeber sich Zugriff auf das Kundennetzwerk des Co-Branding-Partners erhofft, kann dieser seine Kundschaft mit attraktiven Konditionen bei der Nutzung der Kreditkarte locken. So jedenfalls die Theorie.
Wer wie viel woran verdient, ist von außen nicht ersichtlich
Co-Branding stellt die Partner in der Praxis aber vor einige Herausforderungen: Sie müssen zwei Markenidentitäten verbinden, ohne dass sie ihre Prägnanz verlieren. Und es ist unklar, ob bei diesen Deals beide Partner verdienen oder es für einen nur teures Marketing bleibt.
Die Vertragsdetails sind selten bekannt. Auch Lufthansa und die Deutsche Bank klären nicht über das vereinbarte Revenue-Sharing-Modell auf. Wer wie viel woran verdient, ist von außen nicht ersichtlich. Die Deutsche Bank habe sich in einem weltweiten Bieterkampf durchgesetzt, heißt es. Möglich ist jedoch, dass die Konkurrenz – wie DKB und Barclays – einfach kein Interesse an dem Deal hatte, da sie damit wenig verdienen würde.
Ein Beleg für diese Möglichkeit ist der Fall Amazon. Bisher kooperierte der Onlineversandhändler mit der Landesbank Berlin (LBB). Dieses Projekt läuft nun aus. Es war unklar, ob die Bank bewusst die Trennung einleitete oder Amazon den Stecker zog. Keiner der Partner äußerte sich dazu. Zu vermuten ist, dass die LBB nichts mehr am Amazon-Deal verdiente. Der Onlineversandhändler kommuniziert möglichen Bankpartnern offen: Wir schenken euch nichts. Und: Der Aufwand, das Service-Versprechen von Amazon zu erfüllen, ist hoch. Die Bank muss eine 24-Stunde-Hotline einrichten und Zahlungen aus der ganzen Welt ermöglichen.
„Lufthansa und Co. sind Firmen, die knallhart verhandeln“
Lars Markull ist selbstständiger Fintech-Berater und kennt das Geschäft hinter dem Co-Branding. „Der Deal mit der Lufthansa war für die Deutsche Bank sicher kein no-brainer, aber sie wird schon gut daran verdienen.“ Glaubt er, dass sich die DKB kampflos ergeben hat? „Lufthansa und Co. sind Firmen, die knallhart verhandeln. Sicher hätte die DKB oder Barclays gerne mit Miles & More kooperiert. Aber nicht um jeden Preis. Am Ende ist die Deutsche Bank wohl aggressiver im Pricing vorgegangen.“ Die Wettbewerber wollten wahrscheinlich mehr Gewinn machen.
Und für diesen braucht es ein möglichst hohes Volumen bei den Kreditkartenzahlungen. denn seit 2015 sind die Interchange Fees gedeckelt. Der Bankpartner darf nur noch 0,3 Prozent Gebühr vom Gesamtbetrag abziehen. In der Praxis: Wer 100 Euro im Restaurant bezahlt, bekommt der Gastronom 99,70 Euro. 30 Cent gehen an den Kartendienstleister. Und dieser Prozentsatz wird unter Miles & More und der Deutschen Bank aufgeteilt.
„Ich würde vermuten, dass ein Großteil an Miles & More geht“, sagt Markull. „Trotzdem müssen die Kosten der Deutschen Bank irgendwie bezahlt werden.“ Der Vorteil bei Lufthansa ist, dass die Meilen-Kreditkarte oft als Firmenkarte genutzt wird, die Deckelung der Interchange-Gebühr aber nur für Privatkunden gilt.
Zusätzlich zahlen die Kunden eine Jahresgebühr, die sich beide Partner aufteilen können. Bei der Miles & More Credit Card Gold Plus sind das zum Beispiel 138 Euro.
Die USA reguliert die Interchange Fee weniger restriktiv als die EU, trotzdem scheint sich das Geschäft nicht zu lohnen. Dort kooperiert Apple aktuell noch mit dem Bankhaus Goldman Sachs, das die Apple Card betreut. Nun will die Bank die Zusammenarbeit beenden, 2022 habe sie eine Milliarde Dollar Verlust mit dem Geschäft gemacht.
Co-Branding ohne Karte
Die Bonus-Kreditkarten sind nur eine Facette des Co-Brandings. Viele Unternehmen versuchen immer wieder die Kraft ihrer Marken zu kombinieren – und das mit Erfolg. Das beste Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist der Schuh „Air Jordan“ des Sportartikelherstellers Nike. 1988 geht der damals beste Basketballspieler der Welt, Michael Jordan, einen Deal mit Nike ein, der beiden Partnern Milliarden von Dollar einbringt. Die Kooperation hält bis heute an.
Weitere Beispiele sind Milka und Philadelphia, zwei Marken des Lebensmittelkonzern Mondelez, der damit im eigenen Haus kooperiert. Das Unternehmen nutzt seine beiden etablierten Brands und vermarktet unter dem Namen „Philadelphia mit Milka“ einen Frischkäse mit Schokoladengeschmack. McDonald’s kombiniert das Produkt „McFlurry“ mit Toppings von Bounty, Oreo oder der deutschen Rapperin Shirin David. GoPro und RedBull verbindet seit Jahren eine globale Partnerschaft, die den Energydrink aufwertet und den Action-Camcorder erschwinglicher erscheinen lässt.
Wenn Flüge aber nicht mehr nur mit grenzenloser Freiheit, sondern eben auch mit Klimaverpestung verbunden werden, muss die Deutsche Bank sich fragen, ob sie sich mit Lufthansa wirklich eine gute Co-Brand für ihr Image ausgesucht hat.