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Enttäuschender IPO „Es wird sich zeigen, ob sich Birkenstock als Luxuswert etablieren kann“

Die New York Stock Exchange ziert ein Banner mit dem Firmennamen
Die New York Stock Exchange ziert ein Banner mit dem Firmennamen
© IMAGO / Levine-Roberts
Das Börsendebüt von Birkenstock verlief äußerst enttäuschend. Ist die aktuelle Marktstimmung schuld – oder liegen die Probleme tiefer? Fragen an den Kapitalmarktexperten Matthias von Oppen
Matthias von Oppen ist Partner im Bereich Corporate Transactions bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Ashurst
Matthias von Oppen ist Partner im Bereich Corporate Transactions bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Ashurst

Capital: Der Birkenstock-IPO lief nicht wie erhofft – die Aktie fiel am ersten Handelstag um fast 13 Prozent unter den Ausgabepreis. Kann man von einem Flop sprechen?
MATTHIAS VON OPPEN: Grundsätzlich ist es schon mal ein Erfolg, dass es ein Unternehmen mit so einer hohen Bewertung den Gang an die Börse schafft. Ob dieser IPO ein Flop gewesen ist, hängt maßgeblich von der Perspektive ab: Für das Unternehmen und die Altaktionäre kann man den Börsengang sicherlich als erfolgreich bezeichnen. Sie konnten die Aktie mit einer relativ hohen Bewertung platzieren und hohe Emissionserlöse vereinnahmen. Die Anleger der ersten Stunde haben Verluste gemacht, was aus deren Sicht natürlich alles andere als optimal ist.

War der Preis zu hoch angesetzt?
Die Frage der Preissetzung ist immer mit einem Risiko verbunden, was nicht heißt, dass nur ein Wertverlust unerwünscht ist: Steigt der Kurs nach dem IPO zu stark, ärgern sich Emittent und abgebende Aktionäre, dass die Aktie zu günstig platziert wurden. Grundsätzlich sind Schwankungen um zehn Prozent zum Emissionspreis in den ersten hochvolatilen Handelstagen jedoch nicht unüblich. Man muss jetzt erst einmal abwarten und schauen, wo sich der Preis innerhalb der sogenannten Stabilisierungsphase einpendelt. Nach zwei Monaten kann man die Situation sicherlich besser bewerten. Gestern war außerdem kein guter Handelstag an den Kapitalmärken.

Welchen Anteil hatte denn die aktuelle Stimmung an den Kapitalmärkten?
Der ist nicht zu unterschätzen. Der Krieg im Nahen Osten und die hohen Zinsen färben definitiv auf das Umfeld der Erstnotierung ab. Es gibt nur sehr wenige Werte, die sich diesen Trends entziehen können – und Konsumgüter gehören typischerweise nicht dazu.

„Es ist sicherlich eine Herausforderung einen Wert wie Birkenstock global als Luxus zu platzieren“

Gehört ein Unternehmen wie Birkenstock überhaupt an die Börse?
Absolut. Auch Konsumgüter haben eine Berechtigung an der Börse, insbesondere, wenn der Wert gut geführt wird, eine attraktive Marke ist und Wachstumsambitionen hat. Für mich erfüllt Birkenstock diese Kriterien.

Wurde sich im Vorfeld zu sehr auf die Selbstpositionierung als Luxus-Brand und Product-Placements wie im Barbie-Film verlassen?
Die Selbstwahrnehmung als Luxus-Wert war definitiv ein Grund für die sehr hohe Bewertung der Aktie. Es ist sicherlich eine Herausforderung einen Wert wie Birkenstock global als Luxus zu platzieren. Die unsichere Grundstimmung am Markt führt dazu, dass solche Behauptungen – und der Bereich der Luxusgüter generell – stärker hinterfragt werden. Die Zeit wird zeigen, ob sich Birkenstock als Luxus-Wert etablieren kann.

Was können Anleger vom weiteren Kurs der Aktie erwarten – und wann wäre der Titel eine Kaufgelegenheit?
Das kommt darauf an, ob Birkenstock von den Anlegern in einer Reihe mit anderen Luxus-Brands wahrgenommen werden kann oder in der Riege der üblichen Schuhhersteller verortet wird. Wenn das Unternehmen zukünftig eher als Luxus-Label Fuß fasst, könnte der jetzige Kurs einen geeigneten Einstiegskurs darstellen. Im Vergleich mit normalen Schuhherstellern ist der Kurs immer noch recht hoch. Da müsste noch etwas passieren, bis die Aktie für Anleger interessant werden könnte.

Was ist mit Anlegern aus Deutschland? Schließlich ist Birkenstock in den USA an die Börse gegangen.
Ich rate deutschen Anlegern jetzt erst einmal dazu abzuwarten und sich intensiv mit dem Angebotsdokument zu befassen. Wegen des US-Listings ist das keine ganz einfache Angelegenheit und macht den Schritt einer Investition schwieriger als das, was Anleger womöglich aus dem deutschen Markt gewohnt sind.

Könnte das enttäuschende Börsendebüt in New York auf die Debatte um den Kapitalmarktstandort Deutschland abfärben?
Das sehe ich eher nicht so. Auch wenn aus deutscher Sicht jetzt in puncto Standortwettbewerb vertreten werden kann, dass in den USA auch nicht alles glatt läuft, ist der psychologische Effekt negativ. Die Kapitalmärkte ticken global und wenn ein IPO an einer ausländischen Börse als Flop interpretiert wird, überlegen sich auch Unternehmen mit Interesse an der Frankfurter Börse zweimal, ob sie diesen Schritt machen wollen. Angst und negative Publicity sind immer negativ. Es wäre zu hoffen, dass mit einer soliden Sekundärmarktperformance der jüngsten Börsenkandidaten das IPO-Sentiment insgesamt wieder gestärkt werden kann. Denn für die globalen Volkswirtschaften sind aufnahmefähige Kapitalmärkte extrem wichtig.

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