CAPITAL: Autodoc lebt davon, Autoersatzteile online zu günstigeren Preisen zu verkaufen als dafür im stationären Handel oder in Werkstätten verlangt werden. Das heißt, die Margen werden verringert. Macht man sich damit nicht auch Feinde?
LENNART SCHMIDT: Ich glaube, wir haben einen anderen Zugang zum Endkunden geschaffen. Die Distributoren haben sich ja bisher auf Werkstätten oder Garagen fokussiert. Wir haben den direkten Zugang zu denjenigen hergestellt, die die Teile selbst einbauen möchten. Das ist also ein ganz anderer Kanal, auch für die großen Distributoren.
Aber in den Werkstätten dürfte das doch nicht überall auf Zustimmung stoßen.
Mit denen arbeiten wir ja auch zusammen, auch ihnen bieten wir unsere Teile an. Sie können also Teile bei uns günstiger einkaufen. Dementsprechend haben wir auch da ein paar Freunde gewonnen.
Autos werden in Deutschland immer länger genutzt, die Haltezeiten nehmen zu. Heißt das, es steigt auch der Reparaturbedarf – was Autodoc ja entgegenkäme?
Ja. Die Autos werden älter in Europa, wir liegen im Durchschnitt bei 12,5 Jahren. Und es gibt mehr als 250 Millionen Autos in Europa, das ist erst einmal ein Riesenmarkt für uns. Die Kunden fangen an, bei uns einzukaufen, wenn das Auto zwischen vier und fünf Jahren alt ist. Was unser Geschäft aber wirklich treibt, ist etwas anderes: Der Haupttreiber ist, dass Autoteile online gekauft werden. Diesen Markt hat Autodoc eröffnet, und auf der Basis wachsen wir am stärksten.
Wieviel Spielraum ist da noch?
Im Moment werden etwa zehn Prozent dieses Handels online abgewickelt. In der Modebranche sind es heute schon mehr als 30 Prozent. Und da kann es auch bei uns langfristig hingehen.
Für Wachstum braucht ein Unternehmen Geld. Autodoc hat lange auf Investoren von außen verzichtet. Das hat sich nun geändert, es ist ein amerikanischer Finanzinvestor ins Unternehmen gekommen. Warum?
Wir haben einen Minderheitsanteil an den US-Investor Apollo verkauft. Der Vorteil liegt für uns in einer strategischen Komponente: Die geben uns Zugang zu Experten-Netzwerken, zum Beispiel bei der Frage der Lieferketten, der Finanzierung oder der IT. Apollo bringt neue Ideen mit rein, um die Firma weiterzuentwickeln.
Neue Ideen, das bezieht sich ja vermutlich nicht auf den Verkauf von Autoteilen?
Da haben sicher wir die größte Expertise. Trotzdem können wir strategische Entscheidungen mit Apollo diskutieren und sie auch hinterfragen lassen. Die haben ein gutes Know-how über den Markt aufgebaut. Und natürlich geht es auch um Expertise auf dem Kapitalmarkt.
Damit reden wir über einen möglichen Börsengang von Autodoc. Es gab 2021 schon einen ersten Versuch. Jetzt soll ein weiterer folgen. Wie sieht es damit aus?
Wir bereiten als Management-Team das Unternehmen Schritt für Schritt darauf vor. Es gibt noch keinen konkreten Prozess, aber natürlich ist das für uns eine der nächsten Optionen. Wir bereiten uns darauf vor, und wenn der Markt bereit ist, dann sind wir es auch.
Was heißt das genau?
Die Bewertungen gerade auch im Bereich Plattformtechnologie und E-Commerce sind noch nicht da, wo wir denken, dass sie hingehören. Wir müssen nichts unmittelbar vorantreiben. Aber wir bereiten die Firma vor.
Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“,
- wobei ein Börsengang Autodoc helfen könnte,
- warum Frankreich für das Unternehmen so wichtig ist,
- wie die Lage im ukrainischen Autodoc-IT-Stützpunkt ist.
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