Es ist nicht nur die Inszenierung: Zum krönenden Abschluss gibt es einen Empfang im Garten des Weißen Hauses. Serviert wird Rind vom Grill mit Kokosnusssoße, dazu Musik von Lionel Richie. Ganze drei Tage sucht US-Präsident Barack Obama als erster Schwarzer in diesem Amt die Nähe zum Kontinent seiner Blutsverwandten. Es bleibt nicht beim festlichen Rahmen und schönen Worten: Investitionen im Wert von 37 Mrd. Dollar habe der Gastgeber zugesagt, verkündet euphorisch die Afrikanische Union (AU), plus 110 Mio. Dollar jährlich für heimische Friedenseinsätze in Konfliktherden.
Das macht Eindruck. Mehr noch: Die Tür zum zollfreien Handel soll offen bleiben. Die Handelspräferenzen AGOA wird der Kongress wohl erneuern. Strom für mehr als 60 Millionen afrikanische Hütten verspricht die „Power Africa“-Initiative. Und während die Welt verängstigt auf die Verbreitung des tödlichen Ebola-Virus in Westafrika starrt, verkündet Obama: Wir gründen gemeinsam ein Afrikanisches Zentrum für Seuchenkontrolle.
Der EU fehlt die Fantasie
Erst in seiner zweiten Amtszeit entdeckt Obama den Kontinent neu – wenn auch in erster Linie militärisch. Trotzdem ist es eine Aufwertung, denn bisher sah Obama in Afrika eher den Hinterhof Europas. Der USA-Afrika-Gipfel ist das Signal, dass die Amerikaner auf dem Kontinent wieder mitmischen wollen - und sei es auch nur, um ihn wirtschaftlich nicht völlig China zu überlassen. Dem „Economist“ sagte Obama, er sehe als „zentrale“ Aufgabe, den Kontinent seiner Vorfahren ins nächste Zeitalter zu hieven.
Beglückt feiert Afrika das Gipfeltreffen als „Meilenstein“. In den Reaktionen auf vergangene EU-Spitzentreffen wird man solche Euphorie vergeblich suchen. Zu blass und blutleer blieben die Lobreden der Europäer für den „Kontinent der Chancen“. Neue Konflikte in Mali und Zentralafrika trübten das Bild. Und ja, mehr Hilfe zur Selbsthilfe in der Sicherheitspolitik – auch das wurde versprochen. Aber es bleibt der Eindruck: Der EU fehlt nicht nur das Marketinggeschick der Amerikaner, es fehlt auch die Fantasie.
Strategisch beherrschen zwei Dinge die europäische Afrika-Politik. Die eine defensiv - zur Eindämmung der Flüchtlingsströme nach Europa. Die andere offensiv – zur Öffnung afrikanischer Märkte – mit als Partnerschaftsabkommen verbrämten Freihandelsverträgen (EPAs). Als wichtiger Player in der afrikanischen Wirtschaft hat sich Europa nicht gerade aufgedrängt, obwohl die Länder südlich der Sahara seit 2010 um durchschnittlich 5,4 Prozent gewachsen sind. Pro Afrikaner gehen die Investitionen seit 2008 laut Eurostat kontinuierlich zurück. Nur die staatliche Entwicklungshilfe wächst stetig.
Der lachende Dritte
Trotzdem ist die EU bei den ausländischen Investitionen in der Führungsposition. Laut McKinsey hat Westeuropa seit 2003 rund 176 Mrd. Dollar investiert, die BRIC-Schwellenländer 73 Mrd. Dollar und die USA 51 Mrd. Dollar. China allein werden rund 18 Mrd. Dollar zugeschrieben, zuverlässige Quellen gibt es hierfür nicht. Nach Angaben der Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD fließt das meiste Geld aus den USA und Frankreich in die Region. 2012 sollen es jeweils 31 Mrd. Dollar gewesen sein. Doch das waren lediglich 0,7 Prozent der gesamten amerikanischen Auslandsinvestitionen. China gibt dagegen 3,4 Prozent seiner ausländischen Investitionen in Afrika aus.
Afrika stärken mag für Washington heißen: China schwächen. Aber Europa sollte sich bemühen, der lachende Dritte zu sein. Bald wird Afrika zum bevölkerungsreichsten Kontinent aufsteigen. Und Obama lässt erkennen, dass er fortan weniger auf Afrikas Ölvorkommen als auf die Ressource Mensch setzt – als Kunde und Angestellter in amerikanischen Unternehmen. Rund 14 Mrd. Dollar der US-Zusagen entfallen auf private Investitionen in Infrastruktur, Energie, Bankdienstleistungen und Informationstechnik.
Europa ist gut positioniert
Den Informations- und Kommunikationssektor hat auch eine Trendstudie des Forschungsinstituts 2bAHEAD als einen Zukunftsmarkt für den deutschen Mittelstand identifiziert. Der zunehmende Ausbau der Breitbandversorgung belebt den IT-Standort Afrika wie nie zuvor – und das auch jenseits bekannter Hubs wie Kenia – etwa in Ruanda, Ghana, Nigeria und Südafrika. Im Handel nimmt Europa vor China und den USA eine komfortable Stellung ein. Sie ist gut positioniert im Ringen um die wachsende afrikanische Mittelschicht. Was das Ringen um kluge afrikanische Köpfe angeht, sollte Europa sich mit einer Ausbildungsoffensive genauso gut aufstellen.
Wettbewerb belebt das Geschäft. Auf dem letzten EU-Gipfel in Brüssel im April kam bei einem Business Forum bei weitem nicht so viel Prominenz zusammen, wie jetzt im Washingtoner Mandarin Oriental. Laut New York Times fühlte es sich an wie eine Mischung aus World Economic Forum und G20-Treffen. Vielleicht sollte die EU ihren nächsten Afrika-Gipfel nach Davos verlegen?