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Inflation Warum die Bundesbank vor einer Lohn-Preis-Spirale warnt

Die Bundesbank warnt in ihrem Monatsbericht, dass die aktuellen Lohnforderungen eine Lohn-Preis-Spirale auslösen könnten
Die Bundesbank warnt in ihrem Monatsbericht, dass die aktuellen Lohnforderungen eine Lohn-Preis-Spirale auslösen könnten
© IMAGO / snowfieldphotography
Die Inflation könnte hartnäckiger sein als angenommen, warnt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht. Dafür macht sie zwei Gründe verantwortlich

Eigentlich scheint sich die Inflation abzuschwächen. Schon seit September fallen die Preissteigerungen immer kleiner aus, in den Firmen kehrt der Optimismus zurück und mancherorts wird gar gefragt, ob die für 2023 prognostizierte Rezession ausfällt. Doch geht es nach der Bundesbank, ist die Zuversicht zumindest beim Preisauftrieb verfrüht. In ihrem aktuellen Monatsbericht warnen die Notenbanker, dass sich die Inflation noch als hartnäckig erweisen könnte – insbesondere, wenn die Lohnforderungen weiter so hoch blieben. 

Man müsse für 2023 von „weiterhin hohen Inflationsraten“ ausgehen, schreiben die Notenbanker. Für 2022 korrigierte das Statistische Bundesamt am Mittwoch zwar die von ihm gemessene Inflation von 7,9 auf 6,9 Prozent. Doch, so schreibt die Bundesbank, „angesichts der robusten Arbeitsmarktlage und des hohen Lohnwachstums könnte sich die Inflation als hartnäckiger erweisen“. Folgt man dieser Argumentation, müsste die Europäische Zentralbank noch deutlich länger an ihrer Politik der Zinserhöhungen festhalten, als die Märkte bislang einpreisen. Die meisten Analysten rechnen für dieses Jahr nur noch mit einer, maximal zwei Zinserhöhungen auf 3,0 bis 3,25 Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde will die Inflation aber mit aller Macht nach unten drücken und betonte immer wieder, dass die EZB einen langen Atem haben werde. 

Robuster Arbeitsmarkt

Der Bericht ist zwar nur einer von vielen – doch als Notenbank der größten Volkswirtschaft in der Eurozone hat das Wort der Bundesbank Gewicht. Sie verweist auf zwei Entwicklungen für ihre These einer anhaltend hohen Inflation. Zum einen entwickelte sich der Arbeitsmarkt besser als erwartet – beziehungsweise: weniger schlecht. Ein robuster Arbeitsmarkt könnte nämlich dazu führen, dass die Arbeitnehmer höhere Lohnforderungen durchsetzen, was wiederum die Inflation befeuern könnte. Soweit die Theorie. Die Bundesbank ging beispielsweise davon aus, dass die Erhöhung des Mindestlohnes auf 12 Euro pro Stunde im Oktober 2022 stärker durchschlagen würde als sie es tat. Aber auch insgesamt zog die Erwerbstätigkeit um 0,2 Prozent an. Das ist zwar nicht viel – doch zum einen befindet sich die Arbeitslosigkeit mit 5,5 Prozent bereits auf einem niedrigen Niveau und zweitens fiel die Entwicklung besser aus, als noch im Dezember projiziert wurde. Allerdings seien die Zahlen auch dadurch verzerrt, dass viele Ukrainerinnen und Ukrainer im Januar Sprachkurse aufnahmen und deshalb aus der Statistik gefallen seien.  

Als zweiten Grund für eine hartnäckige Inflation führt die Bundesbank die aus ihrer Sicht hohen Lohnforderungen an. Hohe Tarifabschlüsse trügen dazu bei, dass die Inflationsrate über dem mittelfristigen Inflationsziel der EZB von zwei Prozent bleibe. Hier ist die Argumentation ähnlich wie bei der Arbeitslosigkeit: Steigende Löhne erhöhen die Kosten für Firmen, die diese wiederum an ihre Kunden weitergeben. Die Inflation kommt in Gang, und Arbeitnehmer verlangen mehr Gehalt. Dies wird als „Lohn-Preis-Spirale“ bezeichnet. Sind die Forderungen dann aber irgendwann zu hoch, und die Firmen können die Kosten nicht mehr weitergeben, folgt eine tiefe Rezession. Politik und Notenbanker versuchen daher mit aller Macht, eine Lohn-Preis-Spirale zu verhindern. Zum Beispiel durch die steuerfreien Einmalzahlungen von bis zu 3000 Euro im vergangenen Jahr. 

Lohnforderungen sind ein Warnzeichen

Bislang gebe es auch noch keine konkreten Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale, schreibt die Bundesbank. Ohne Sonderzahlungen legten die Tarifverdienste im vierten Quartal 2022 nur um 2,4 Prozent zu. Allerdings fielen die jüngsten Tarifabschlüsse deutlich höher aus als in den vorangegangenen Jahren. Und nicht zuletzt seien die aktuellen Lohnforderungen ein Warnzeichen. Bei der Bundesbank liest sich das so: „Die Lohnforderungen fallen im historischen Vergleich derzeit ungewöhnlich hoch aus.“  

Beispielsweise fordere die Gewerkschaft Verdi für den Öffentlichen Dienst eine Lohnsteigerung von 10,5 Prozent – und das bei einer kurzen Laufzeit von nur einem Jahr. Bei der Deutschen Post seien es sogar 15 Prozent, bei der Bahn fordert die Gewerkschaft EVG 12 Prozent. Diese liegen zum einen über der aktuellen Inflationsrate von 8,7 Prozent im Januar. Auf der anderen Seite müssten viele Unternehmen mit hohen Unsicherheiten kämpfen und könnten die Kosten immer schlechter weiterreichen. „Weil Deutschland als Nettoimporteur von massiv verteuerter Energie an Kaufkraft und Wohlstand verliert“, habe sich der „Lohnverteilungsspielraum“ eingeengt, schreibt die Bundesbank. Die Folge seien „spürbare Zweitrundeneffekte“ – also eine besonders hartnäckige Inflation. 

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