Solche Paukenschläge hört man mitten in der weltweiten Corona-Krise selten: Der japanische Toyota-Konzern verdoppelt seine Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr auf 10,6 Mrd. Euro. Es läuft nicht nur gut in China, wie bei den deutschen Autoherstellern, sondern auch in Europa. Zwischen Anfang Januar und Ende September konnte der Konzern seinen Marktanteil auf dem alten Kontinent um 0,8-Prozent-Punkte auf 6,1 Prozent ausbauen.
Natürlich kommt auch Toyota im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit im letzten Jahr nur mit erheblichen Schrammen voran. Im letzten Quartal lag der Gewinn trotz unerwarteter Erfolge immer noch 24 Prozent unter dem vergleichbaren Wert des Vorjahres. Doch damit kommt Toyota immerhin deutlich besser durch die Krise als der alte Rivale Volkswagen, mit dem sich die Japaner seit Jahrzehnten ein Wettrennen um Platz Eins des weltweiten Autoabsatzes liefern.
Toyota hält am Hybridantrieb fest
In Europa fährt Toyota, außerhalb der Branche weitgehend unbemerkt, eine ganz eigene Strategie. Zuletzt lieferten die Japaner fast 60 Prozent ihre Fahrzeuge mit einem Hybridantrieb aus – also einer Mischung aus Benzin- und Elektromotor. 1997 waren sie die ersten überhaupt, die auf diese Technologie setzten. Und wären so gute wie alle deutschen Hersteller fast nur noch über lupenreine E-Modelle reden, hält Toyota auch weiterhin unbeirrbar an diesem Sonderweg fest.
Offenbar besetzen sie damit in Europa sehr erfolgreich eine Nische. Viele Käufer trauen den beschränkten Reichweiten von Elektroautos noch nicht, möchten aber trotzdem etwas für die Umwelt tun. Sie landen fast zwangsläufig bei Toyota, auch wenn mittlerweile mit einiger Verspätung auch alle deutschen Hersteller mehr oder weniger in diesem Segment aktiv sind.
Natürlich ist die Strategie der Japaner nicht ohne Risiken. Je besser die Batterien der reinen Elektroautos werden und umso größer das Netz der Ladestationen, desto weniger braucht man einen Hybridantrieb. In einigen Jahren könnte dieses Segment also rapide schrumpfen. Die Frage ist nur: wann? Und was passiert auf dem Markt bis dahin?
Gehört Wasserstoff die Zukunft?
Sind Elektroautos tatsächlich der Weisheit letzter Schluss, wie man offenbar bei VW, BMW und Daimler glaubt? Die Toyota-Manager bezweifeln das. Ihrer Meinung nach schummelt die Konkurrenz bei der ökologischen Gesamtbilanz. So lange der meiste Strom in Europa aus Erdgas, Kohle und Atomkraft stammt, könne doch von „sauberen“ E-Autos keine Rede sein.
Die Japaner scheinen entschlossen, auch künftig einen Sonderweg einzuschlagen. In einigen Jahren möchten sie ihre Hybrid-Modelle durch Autos mit Wasserstoff-Technologie ablösen. Weltweit forscht kein anderer Hersteller so intensiv auf diesem Feld wie Toyota. Die deutsche Konkurrenz redet zwar auch über Wasserstoff – aber nur als Lösung für die ferne Zukunft. Gelingt es den Japanern abermals, wie vorher beim Hybridantrieb, die Nase vorn zu behalten, dann werden die Karten auf den globalen Automärkten abermals neu gemischt. Wiedervorlage in fünf Jahren.
Bernd Ziesemerist Capital-Kolumnist. Der Wirtschaftsjournalist war von 2002 bis 2010 Chefredakteur des Handelsblattes. Anschließend war er bis 2014 Geschäftsführer der Corporate-Publishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe. Ziesemers Kolumne erscheint regelmäßig auf Capital.de. Hier können Sie ihm auf Twitter folgen.