Eine „Dummheit“ nannte Franz Beckenbauer das Nein der Bayern zur alpenländischen Olympiabewerbung. Und er deutet nach Presseberichten auch düster an, dass das Olympia-Aus den „Gegnern irgendwann leidtun“ wird. Warum das so ist, verrät Beckenbauer nicht. Vielleicht weiß ja nur er, dass das die letzte Chance war, da durch den Klimawandel in Bayern bald kein Schnee mehr liegt und Winterspiele nicht mehr möglich sind? Die Fußball-Ikone ist aber nicht der einzige Prominente, der den Olympia-Gegnern heftige Vorwürfe machte.
Wolfgang Maenning, der 1988 Olympiasieger im Ruder-Achter wurde und sich als Volkswirtschaftsprofessor in Hamburg seit Jahren mit dem Nutzen olympischer Spiele und anderer sportlicher Großereignisse beschäftigt, weiß laut Presseberichten den Grund für das Scheitern der bayrischen Olympia-Planer. „Es ist nicht gelungen, den Wählern klarzumachen, dass die Nutzen olympischer Spiele größer sind als die Kosten – für Deutschland und für die meisten Wähler höchstpersönlich.“ Wie Maenning zu diesem apodiktischen Befund kommt bleibt rätselhaft. Er selbst hat etliche Analysen vorgelegt, die einen sehr überschaubaren volkswirtschaftlichen Nutzen sportlicher Mega-Ereignisse zeigen.
Das Kosten-Nutzen-Verhältnis sportlicher Großereignisse ist deswegen bescheiden, wenn nicht negativ, weil – kurz gesagt – auch ein Staat, eine Region oder eine Stadt ihr Geld nur einmal ausgeben können. Was für Sportstätten, Straßen und sonstiger Infrastruktur in ein Event investiert wird, fehlt an anderer Stelle. Auch der Tourismus profitiert in vielen Ländern nicht, da Sporttouristen andere verdrängen oder das Land nach dem Ereignis immer noch nicht als Reiseland attraktiv ist. Von Umweltschäden und -problemen ganz zu schweigen.
Trotz dieser mauen volkswirtschaftlichen Bilanz gibt es bei Olympischen Spielen natürlich Profiteure. Viele, die jetzt auf die siegreichen Olympiagegner schimpfen, hätten einen Nutzen von den Spielen gehabt. Direkt oder indirekt. Indirekt profitieren insbesondere Lokalpolitiker und Sponsoren, die nun auf den globalen Glanz verzichten müssen.
Party fürs Volk
Für die Millionen Sportfans ist es dagegen ziemlich egal, wo das Ereignis stattfindet, solange es – halbwegs – in der eigenen Zeitzone stattfindet. Konsumiert wird es als TV-Ereignis. Da ist Europa privilegiert: Es ist zeitzonenmäßig recht klein und große Teile Afrikas liegen sogar in der mitteleuropäischen Zeitzone. Seit einigen Jahren sind – durchaus nennenswerte – Zahlen beim Public Viewing hinzugekommen. Auch bei diesen Events ist es ziemlich egal, wo das übertragene Ereignis stattfindet. Im Sommer wird sich zeigen, ob die vier Stunden Zeitverschiebung bis nach Brasilien für das Public Viewing zu viel sind.
Die große Party für das Volk scheint noch der einzige Sinn und Zweck für sportliche Großveranstaltungen im eigenen Land zu sein. Das war beim Sommermärchen 2006, der Fußball-WM, in Deutschland der Fall. Ein reiches Land kann sich so einen Spaß sicherlich leisten. Ob sich auch ärmere und arme Volkswirtschaften so eine Party leisten sollten, kann man mit guten Gründen bezweifeln. In diesen Ländern wird in der Regel das Volk aber oft weder befragt noch überhaupt gefragt.
Wie sieht ein nüchternes Fazit aus? Sportliche Großereignisse rentieren sich in der Regel auf der Ebene einer gesamten Volkswirtschaft nicht. Die Investitionen, die getätigt werden, fallen an anderer Stelle aus. Und der Tourismuseffekt wird überschätzt: in Gegenden, wo es ohnehin viele Touristen gibt, verdrängen die lauten Sportfans normale Besucher. Und in touristisch uninteressanten Gegenden erweisen sich die Investitionen in den Sporttourismus oft als Fehlinvestition.
Städte oder Regionen sollten sportliche Großereignisse nur organisieren, wenn es den Menschen Spaß macht, ein Sportfest vor Ort zu haben. Oder gar – wie der Berliner Sportphilosoph Gunter Gebauer es sich wünscht – gar einen „kulturellen Mehrwert“ schafft. Das ist in Bayern gegenwärtig nicht der Fall und deswegen ist es gut, dass das mit dem Volksentscheid deutlich wurde. Kein Grund zum Lamento, sondern ein Erfolg der Demokratie.