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Machtwechsel Japans neuer starker Mann: 5 Dinge über Fumio Kishida

Fumio Kishida
Fumio Kishida
© IMAGO / ZUMA Wire
Japans Regierungspartei LDP hat sich für Kontinuität entschieden. Der frühere Außenminister Fumio Kishida wird neuer Premier. Die wichtigsten Fakten über den neuen Mann

Das Parlament wird ihn am Montag zum neuen Premierminister wählen. Fumio Kishida, 64 Jahre alt, setzte sich in einer Kampfabstimmung gegen Kandidaten durch, die für Wandel und Verjüngung standen. Er gilt als Mann des Status quo, der die Linie seiner Vorgänger Yoshihide Suga und Shinzo Abe nahtlos fortsetzen wird. Kishida wird als moderat und erfahren beschrieben, aber auch als farblos – und trinkfest.

Im Ringen um die Führung der Liberal Demokratischen Partei (LDP) hatte sich Kishida gegen eine ultra-konservative frühere Innenministerin, eine liberale Gleichstellungsministerin und den Minister für die Corona-Impfkampagne durchgesetzt. Letzterer genießt an der Basis größere Beliebtheit und galt als Favorit, unterlag aber im letzten Wahlgang. Kishida löst den in Ungnade gefallenen Premier Suga ab, der zurückgetreten ist. Die Wahl des neuen Parteichefs im Unterhaus gilt als Formsache. Fünf Dinge, die man über den Wechsel wissen sollte:

#1 Von Abes Gnaden

Ohne die Unterstützung der alten Parteigarde um den früheren Regierungschef Shinzo Abe hätte Kishida sich am Ende nicht durchgesetzt. Die Parteigranden hatten erst eine andere Kandidatin favorisiert, sich im entscheidenden Wahlgang aber hinter den früheren Außenminister gestellt. Nun wird der neue starke Mann zumindest als abhängig, wenn nicht gar als Marionette verspottet. Da Abe hinter den Kulissen die Fäden gezogen hat, wird davon ausgegangen dass Kishida nur in kleinen Reformschritten von der Politik seiner Vorgänger abweichen wird.

#2 „Neuer japanischer Kapitalismus“ fällt aus

Damit dürfte auch Kishidas vollmundiges Wahlkampfversprechen hinfällig sein, einen „neuen japanischen Kapitalismus“ zu prägen. Genaueres als den Slogan war er als Kandidat für den Parteivorsitz ohnehin schuldig geblieben. Aber er plädierte für eine Umverteilung von Konzerngewinnen zugunsten der Mittelschicht und den Geringverdienern der Gesellschaft und wandte sich gegen eine zunehmende soziale Ungleichheit, die er dem Neoliberalismus zuschreibt. Die geforderte Abkehr vom Kurs der „Abenomics“ wird wohl nicht stattfinden, zumal Kishida in bekannter Manier auch ein großes Konjunkturprogramm für die unter der Corona-Pandemie leidende Wirtschaft bis Jahresende angekündigt hat.

#3 Generationswechsel verpasst

Der designierte Premierminister wird als traditionell und Teil der orthodoxen Parteilinie der LDP beschrieben. Für den Mittsechziger ist die Wahl eine überraschende politische Rückkehr, sagen Beobachter. Vergangenes Jahr war er noch chancenlos gegen Vorgänger Yoshihide Suga angetreten. Nun ist Kishidas Sieg ein Rückschlag für jüngere Politiker in der Partei, die auf den 58 Jahre alten Taro Kono gesetzt hatten, der einen unkonventionellen Stil pflegt, als Reformer mit Klartext auftritt und in der seit 66 Jahren fast ununterbrochen regierenden LDP für einen Wandel wirbt.

#4 Kein außenpolitischer Falke

Außenpolitisch zeigte sich Kishida in der Vergangenheit weniger als Abe als Hardliner gegenüber China, allerdings weniger aus einer Distanz zu diversen US-amerikanischen Regierungen heraus als aus wirtschaftspolitischem Kalkül und Interesse. Zugleich steht der Politiker fest zum japanisch-amerikanischen Bündnis und dem Bekenntnis zu einem freien indopazifischen Raum. Kishida will auch die japanischen Streitkräfte stärken, wozu die Aufrüstung mit Offensivraketen und Marschflugkörpern zählt.

#5 Revival der Atomkraft

Der scheidende Premier steuerte zuletzt energiepolitisch auf eine zügige Dekarbonisierung der Wirtschaft zu. Bis 2050 will Japan CO2-neutral sein. Kishida strebt nach eigenen Aussagen einen ausbalancierten Energiemix aus erneuerbaren Energiequellen, Wasserstoff, Kohlenstoff-Recycling und Atomstrom an. Für eine sichere Energieversorgung und zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes plädiert er für die Wiederbelebung der Kernenergie, was den Weiterbetrieb bestehender Anlagen betrifft, aber auch den Neubau von kleineren Reaktoren. Nach der bisherigen Energiepolitik müssten 15 der bestehenden 33 Atomanlagen bis Dezember 2030 vom Netz gehen.

Trinkfest

In politischen Kreisen in Japan, schreibt der britische Economist, sei der künftige Premier als umgänglicher Kollege und kompetenter Verwalter aber als langweilige Persönlichkeit bekannt. Sein Ruf der Geselligkeit und Trinkfestigkeit gehe auch darauf zurück, dass er mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow Wodka getrunken habe – „in einem vergeblichen Versuch, die Beziehungen zu verbessern“.

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