Die Preisspirale dreht sich scheinbar unaufhaltsam nach oben. Im Oktober 2021 kletterte die Inflationsrate auf 4,5 Prozent. Das war der höchste Wert seit fast 30 Jahren. Im September hatte die Teuerungsrate erstmals seit langer Zeit wieder die Marke von vier Prozent überschritten. Das Statistische Bundesamt registrierte damals aber wenigstens keine Steigerung gegenüber dem Vormonat. Das war im Oktober anders. Laut vorläufigen Zahlen stieg der Verbraucherpreisindex seit September um 0,5 Prozent.
Gründe für steigende Inflation
Eine Reihe von Gründen machen Hoffnung, dass die Inflationsrate in absehbarer Zeit wieder sinken könnte. So führen auch niedrige Preise im Jahr 2020 zur nun ungewöhnlich starken Verteuerung von Waren und Dienstleistungen. Aber die Weltwirtschaft ist 2021 generell aus dem Gleichgewicht geraten, was sich auch an den Lieferketten zeigt. Der Stau an wichtigen Überseehäfen verdeutlicht: Waren werden häufig zwar produziert und ins Empfängerland geliefert, stecken dort aber oft wochen-, wenn nicht gar monatelang fest. Das könnte zum Weihnachtsfest 2021 zu Engpässen führen.
Da ist es für die meisten Verbraucher wohl ein geringer Trost, dass Computersoftware und zahnärztliche Dienstleistungen zuletzt im Schnitt um fünf Prozent günstiger geworden sind. Bei vielen wichtigen Produkten des Alltags ziehen die Preise derart an, dass Warnungen laut werden, Energie oder Gemüse könnten zu Luxusartikeln werden. Allerdings ist Gas für einige Kunden im ersten Halbjahr 2021 sogar billiger geworden. Diese Produkte haben sich zuletzt besonders verteuert.
Inflation: Was immer teurer wird

Gas
Dass die Inflationsrate gerade derart stark ansteigt, liegt auch an den vergleichsweise niedrigen Preisen 2020. Hier spielt insbesondere die vorübergehend gesenkte Mehrwertsteuer eine Rolle. Beim Gas kommt als Preistreiber noch die neue nationale CO2-Abgabe hinzu. Am Ende beeinflusst die Höhe des Verbrauchs besonders massiv die Preise. Bei einem Jahresverbrauch von mehr als 200 Gigajoule zahlten Verbraucher laut dem Statistischen Bundesamt im ersten Halbjahr 2021 satte 9,8 Prozent mehr für Gas als im Halbjahr zuvor. „Bei einem Jahresverbrauch von weniger als 20 Gigajoule hingegen sanken die Preise trotz gestiegenem Umsatzsteuersatz und CO2-Bepreisung um 0,5 Prozent“, stellten die Experten fest. Insgesamt belief sich das Preisplus auf 4,7 Prozent.

Strom
Strom wurde ebenfalls im Schnitt um 4,7 Prozent teurer. Rund zwei Drittel des Preisanstiegs im ersten Halbjahr 2021 waren allein auf die wieder reguläre Umsatzsteuer zurückzuführen, wie das Statistische Bundesamt erklärte. Diese Berechnung galt für einen Jahresverbrauch von weniger als 1000 Kilowattstunden. Private Haushalte mit einem Jahresverbrauch von mehr als 15.000 Kilowattstunden hätten demnach ohne diesen Effekt sogar 0,27 Cent weniger zahlen müssen als noch im zweiten Halbjahr 2020.

Gemüse
Frisches Gemüse wird für manche Verbraucher zunehmend unerschwinglich. Zwar lag die Preissteigerung bei Lebensmitteln insgesamt in etwa auf dem Niveau der allgemeinen Inflation. Für Gemüse aber verzeichneten die Statistiker eine etwa doppelt so hohe Teuerungsrate. Salat war zuletzt sogar rund 40 Prozent teurer als vor einem Jahr. Beim Obst lag der Preisanstieg hingegen etwas unter der Inflationsrate. Angesichts dieser Entwicklung wurden Forderungen laut, gesunde Lebensmittel von der Mehrwertsteuer zu befreien und dafür beispielsweise Softdrinks mit hohem Zuckergehalt stärker zu besteuern.

Heizöl, Kraftstoff
Angesichts der massiven Preissteigerung beim Mineralöl fällt das Plus beim Erdgas fast moderat aus. Heizöl war einschließlich der CO2-Umlage im September 2021 rund 38,1 Prozent teurer als im Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Etwas niedriger, aber kaum weniger schmerzhaft fiel die Teuerungsrate für Autofahrer aus. Dieselkraftstoff verteuerte sich den Angaben zufolge um 32,5 Prozent, Superbenzin war 27,0 Prozent teurer. Reisende mussten für eine Fahrt im Fernbus im Schnitt 16,1 Prozent mehr bezahlen.

Autoteile
Für Autofahrer wird es auch in anderer Hinsicht teuer. „Die Preise von Pkw-Ersatzteilen stiegen von August 2020 bis August 2021 im Schnitt um über sechs Prozent, ein Kühlergrill kostet sogar fast neun Prozent mehr“, teilte der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit. Dass die Teuerungsrate für Ersatzteile deutlich über der allgemeinen Inflation liegt, ist allerdings ein Trend, den die Experten seit vielen Jahren beobachten. „Während der Verbraucherpreis-Index seit Januar 2013 um 13 Prozent nach oben ging, erhöhten Autohersteller ihre Ersatzteilpreise um fast 44 Prozent. Kofferraumklappen wurden in diesem Zeitraum 60 Prozent, Rückleuchten sogar 67 Prozent teurer.“ Der GDV machte hierfür mangelnden Wettbewerb verantwortlich. „Der sogenannte Designschutz schützt aktuell nicht nur das Design eines Autos, sondern aller sichtbaren Karosserie-Ersatzteile“, hieß es. „Autofahrer und Werkstätten können viele Ersatzteile nur vom Hersteller des Autos kaufen, es gibt auf diesem Markt keinen freien und fairen Wettbewerb.“

Autoreifen
Autofahrer müssen sich möglicherweise auch in anderer Hinsicht auf steigende Preise vorbereiten. Infolge der Corona-Pandemie wurden hierzulande 2020 so wenig Pkw-Reifen produziert wie noch nie. Die Bilanz sank laut dem Statistischen Bundesamt im Vergleich zum Vorjahr um 26,6 Prozent auf 36,3 Millionen. Das waren sogar 40,6 Prozent weniger Reifen als noch 2015. Zwar zog die Produktion im ersten Halbjahr wieder an, lag aber weiterhin rund ein Viertel unter dem Niveau desselben Vorkrisen-Zeitraums 2019. Zugleich war eingeführter Naturkautschuk im August 2021 um 41,7 Prozent teurer als im Vorjahresmonat. Der Rohstoff steckt nicht nur in Reifen, sondern auch in Kondomen oder Schutzhandschuhen. Allerdings gaben die Statistiker zunächst noch Entwarnung: „Auswirkungen der erhöhten Einfuhrpreise auf die Erzeuger- oder Verbraucherpreise von Autoreifen sind aktuell noch nicht zu beobachten.“

Papier
Deutlich teurer geworden sind auch die Rohstoffe zur Papierherstellung. Die Großhandelspreise für gemischtes Altpapier haben sich den Angaben zufolge im September 2021 gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als verdreifacht (plus 222,4 Prozent). Auch Holz- und Zellstoff, der in Toilettenpapier und Schreibpapier steckt, kostete bei der Einfuhr im September 2021 rund 45,7 Prozent mehr als im Vorjahresmonat.

Speiseöl
Nicht nur Mineralöl, auch pflanzliche Speiseöle verteuerten sich überproportional stark. Auf 15,2 Prozent belief sich der Anstieg im September 2021. Für Eier mussten Verbraucher im Schnitt 13,4 Prozent mehr bezahlen als im Vorjahresmonat.