Geopolitik Grüner Goldrausch: Der Kampf um die Rohstoffe für die Energiewende

Der Klimaschutz treibt die Nachfrage nach Mineralien für saubere Technologien. Das verschiebt die Gewichte in der Geopolitik. China hat einen Vorsprung – aber einige Länder versuchen aufzuholen

Die Rückkehr der USA in die internationale Klimapolitik bringt eine neue Dynamik in die Diskussion um den weltweiten Klimaschutz. Je mehr Länder aber eine Wende in ihrer Energie-, Klima- und Mobilitätspolitik vollziehen, desto schärfer wird der Wettbewerb um die Technologie, die diese Transformation erst möglich macht. Die Wende werde rohstoffintensiv, konstatiert etwa die Weltbank. Für die dafür unentbehrlichen oder „kritischen“ Mineralien gibt es keine einheitliche Definition. Die Staaten bemühen sich darum, die Versorgungssicherheit für den Umstieg auf E-Mobilität, Solar- und Windenergie zu gewährleisten. Denn das Rohstoffangebot konzentriert sich häufig auf wenige Länder, was Abhängigkeiten schafft.

„Geopolitisch werden sichere Lieferketten für die Beschaffung dieser Materialien für Staaten eine strategische Aufgabe“, sagt Jane Nakano, Autorin einer neuen Studie des Programms für Energiesicherheit und Klimawandel am Center for Strategic & International Studies (CSIS) in Washington. Abhängigkeiten könnten nicht nur das Tempo der Umstellung beeinflussen, sagt sie. Die Technologien für saubere Energie seien bereits „zum jüngsten Reibungspunkt der geo-ökonomischen Rivalität geworden, die von Chinas wettbewerbsfähiger Industrie ausgeht“.

China nimmt bei der Versorgung mit praktisch allen Rohmaterialien für saubere Energien eine starke bis beherrschende Stellung ein. Problematisch dabei: Inzwischen ist die Volksrepublik vom Rohstofflieferanten selbst zum Konsumenten geworden. Präsident Xi spricht von historischen Chancen einer neuen Phase der „industriellen Transformation“. Vergangenes Jahr stellte China mit dem Bau von 120 Gigawatt Wind- und Solarenergie einen neuen Rekord auf. Auch die Initiative Neue Seidenstraße (Belt and Road Initiative/BRI) investierte laut „Financial Times“ erstmals mehr in erneuerbare Projekte als in fossile Energieträger.

Vormachtstellung unerreichbar?

Im Grunde geht es um den Umstieg von Öl und Gas auf Strom. Geopolitisch können Länder sich bei der Umstellung entweder als Exporteuer von sauberem Strom profilieren oder Technologieführer bei Endprodukten wie Elektromotoren werden oder sie können wichtige Positionen in internationalen Lieferketten aufbauen, besagt eine Studie. In letzterem ist China bei etlichen der „kritischen“ Mineralien führend. Vor allem bei Seltenen Erden kontrolliert die Volksrepublik den Anfang der Lieferkette. Andere wichtige Erze stammen aus wenigen Ländern, doch sichert sich China zunehmend die Verarbeitung, warnt etwa Andrew Miller von Benchmark Minerals Intelligence.

Wollten andere Staaten in diesem Wettbewerb angreifen, könnten sie Chinas Vormachtstellung also am ehesten am Beginn der Lieferketten und in der Verarbeitung und Veredelung angreifen, sagt Miller. Am größten sei der Spielraum an der Quelle. Das hängt aber von der Technologie ab. So hat China nach einer europäischen Analyse an der Gewinnung von einem Dutzend Rohstoffen für Batterien einen Anteil von 32 Prozent, neben Afrika mit 21, Lateinamerika mit 21 und anderen Regionen mit 26 Prozent. Schon bei der Herstellung von Kathoden- und Anodenmaterial und dem Bau fertiger Teile steigt Chinas Marktanteil auf je 52 Prozent – neben Japan mit 31 und Europa mit weniger als 10 Prozent.

Ähnlich nimmt China bei der Erstverarbeitung von Materialien für Windanlagen mit 41 Prozent eine starke Stellung ein (neben EU 12 und USA 9 Prozent), die Komponenten werden dann schon zu 56 Prozent in China hergestellt (EU 20, USA 11 Prozent). Und in der Solarenergie stellt China 53 Prozent der Rohstoffe, 50 Prozent der Verarbeitung. Es hat mit 89 Prozent quasi ein Monopol beim Bau der Komponenten – und kontrolliert schließlich 70 Prozent der Montage von Modulen.

Wie sich beim Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien die Gewichte global verschieben, beschrieb der frühere Chef der Welthandelsorganisation Pascal Lamy so: „Vor 18 Monaten hatte nur ein Viertel der Welt einen Horizont der Dekarbonisierung, heute sind es drei Viertel der Weltwirtschaft. Das ist eine gewaltige Verschiebung.“

Wie also positionieren sich Wirtschaftsmächte im Wettstreit um Rohmineralien für saubere Energie? Ein Überblick:

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