Schulden sind nicht per se schlecht. Sie können auf hohe Investitionen hindeuten, die den Wohlstand erhalten und mehren. Gewinnbringende Schulden können bei Privatleuten Aktien oder Immobilien sein, bei Regierungen Ausgaben für Infrastruktur und Sozialstaat. Eine hohe Verschuldung kann aber auch zustande kommen, wenn die Wirtschaftsleistung des Landes niedrig ausfällt. Der Blick auf die Staaten mit den niedrigsten Schuldenquoten in der Europäischen Union zeigt: In der EU sind beide Szenarien vertreten.
Aktuell sind Schulden geradezu ein Zeichen guter Regierungsführung. Länder weltweit stürzen sich mit Corona-Hilfspaketen in die tiefroten Zahlen. Entscheidend wird die Frage sein, wie effektiv diese Verschuldung genutzt wird und wie rasch sich Volkswirtschaften von der beispiellosen globalen Krise erholen können. Die Länder mit besonders niedrigem Schuldenstand vor der Pandemie könnten da unter Umständen im Vorteil sein.
Diese EU-Staaten hatten 2019 die niedrigsten Schuldenquoten
EU-Länder mit den wenigsten Schulden
Die damals noch 28 EU-Mitgliedsländer kamen 2019 auf eine durchschnittliche Staatsverschuldung von 79,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Ohne das Vereinigte Königreich lag der Wert laut der Statistikbehörde Eurostat bei 77,8 Prozent. Allerdings erreichten nur acht Länder der EU diesen hohen Schuldenstand. Malta belegte mit 43,1 Prozent EU-weit Platz 19 und kommt damit in dieser Rangliste auf Platz zehn. Die Staatsverschuldung des Landes hatte vor 20 Jahren noch 62,1 Prozent betragen. Malta rangierte 2019 auf der Liste der EU-Staaten mit den wenigsten Schulden vor Polen (46,0 Prozent), der Slowakei (48,0 Prozent) und den Niederlanden (48,6 Prozent).
Auch in Rumänien nahm die Staatsverschuldung 2019 zu. Sie erhöhte sich binnen eines Jahres von 34,7 Prozent auf 35,2 Prozent. Ein niedriger Schuldenstand hat in Rumänien Tradition. 1999 lag der Wert laut Eurostat bei 21,7 Prozent.
Schweden hat seine Schulden in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark heruntergefahren – oder seine Wirtschaftsleistung stark erhöht. 1999 war das Land mit 60,9 Prozent des BIP verschuldet. 2019 betrug der Wert nur noch 35,1 Prozent (2018: 38,8 Prozent).
Estland ist mit weitem Abstand das EU-Land, das die geringste Staatsverschuldung vorweisen kann. Sie belief sich 2019 auf 8,4 Prozent. Das war exakt der Wert des Vorjahres. Estland bleibt damit seinem Langzeittrend treu. 1999 waren die öffentlichen Haushalte mit 6,4 Prozent des BIP verschuldet. Deutschland kam 2019 auf 59,8 Prozent des BIP (2018: 61,9 Prozent). Das entsprach in etwa dem Niveau von vor 20 Jahren (60,1 Prozent). Die Bundesrepublik belegte damit 2019 auf der Liste der EU-Ländern mit den meisten Schulden Platz 13, rangierte aber fast 20 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der 28 Mitgliedsländer.