Billiger wird nichts. Das hat der Energiewende-Minister Sigmar Gabriel mittlerweile offen und klar gesagt. Es wird für ihn schon schwer genug sein, wenigstens die künftigen Kostenexplosionen einzudämmen.
Fast alles, was an der einen Stelle Entlastung bringt, steigert ja woanders den Druck. Jüngstes Beispiel: Wenn auch Bahn und Straßenbahn stärker für die Öko-Umlage herangezogen werden, dann entlastet das zwar die Bürger beim Strompreis – dafür werden aber dann die Tickets (noch) teurer.
Den schon aufgelaufenen Rechnungen kann die Republik gar nicht mehr entgehen.
Doch zum Glück für Gabriel gibt es auch noch die Idee der „Energiewende auf Kredit“, die etwa vom Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) und von Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner vorgeschlagen worden ist.
Spiel mit enormen Risiko
Die Zahlungsverpflichtungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz könnten in einen Altschuldenfonds übertragen werden, so dass „Innovationskosten zukünftig nicht mehr auf der Stromrechnung auftauchen", rät der RNE. Weil die neueren Wind- und Solarparks bereits deutlich weniger Subventionen erhalten als die alten, könnten die Bürger dann endlich auch im eigenen Portemonnaie die Fortschritte spüren.
Das ist ein Plan, der die Energiewende in der Theorie tatsächlich transparenter und gerechter machen kann. Der sich aber in der Praxis auch perfekt als gigantische Vernebelungsmaschine eignet. Wer sich darauf einlässt, der spielt mit enormem Risiko.
Im theoretischen Idealfall wäre die diskutierte „Energiewende auf Pump“ nur eine saubere Umschuldung längst bestehender grüner Schulden. Denn schon jetzt wird die ganze Sache ja über eine Art verdeckten Riesenkredit bezahlt: Die Politik hat sich den rasanten Ausbau Erneuerbarer Energien gewünscht, und private Geldgeber haben ihr diesen Wunsch gerne vorfinanziert. Im Gegenzug dafür wird ihnen der Strom aus den Windparks und Solarpanels viele Jahre lang mit einem Garantiepreis vergütet, der weit über dem Marktwert liegt.
Perverse Umverteilungseffekte
Die Verbraucher zahlen auf diese Weise den Öko-Investoren deren Kapitaleinsatz mitsamt einer attraktiven Verzinsung zurück. Nach Schätzungen des Essener RWI wird allein der Ausbau der Photovoltaik zwischen 2000 und 2012 letztlich über 100 Mrd. Euro kosten - wovon erst der kleinere Teil von den Bürgern abbezahlt ist.
Alle diese grünen Zahlungsverpflichtungen laufen außerhalb der öffentlichen Haushalte und zählen deshalb auch nicht zur offiziellen Staatsverschuldung. Nur so ließ sich einst ja die Illusion erzeugen, dass der Große Sprung ins Ökoenergie-Zeitalter für die Wähler keine Lasten bringen würde.
Es kommt hinzu, dass die Umverteilungseffekte des EEG schlicht pervers sind: Kleine Sozialmieter zahlen drauf, um die hohen Renditen der Öko-Kapitalgeber zu finanzieren. Aus dem dicht besiedelten Industrieland NRW fließen Milliarden in Richtung norddeutsches Flachland und Bayern ab.
Nur eine neue Runde im energiepolitischen Hütchenspiel?
Schon deshalb spricht vieles dafür, die EEG-Verpflichtungen neu zu ordnen und über einen Extra-Topf abzuwickeln. Würde das Geld nicht mehr einfach über den Strompreis sondern auf anderem Wege eingesammelt, könnte die Lastenverteilung auch noch sehr viel genauer diskutiert und besser gesteuert werden. Selbst wenn die Gesamtkosten natürlich kein bisschen geringer würden.
Das Risiko einer solchen grünen Umschuldung ist aber, dass daraus am Ende nur eine neue Runde im energiepolitischen Hütchenspiel wird. Der perfekte Trick, um reale Kosten zu verschleiern, neue Milliarden zu versenken und trotzdem pünktlich vor der nächsten Wahl große Entlastungserfolge vorzutäuschen.
Die „Energiewende auf Kredit“ ist der große Joker in einem Spiel, in dem sonst oft nur noch wenig geht. Es wird sehr spannend, wann und wie Sigmar Gabriel ihn ausspielt.