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Super Bowl Down, Set, Money: Das Milliardengeschäft mit American Football

Am Sonntag steigt der 56. Super Bowl zwischen den Los Angeles Rams und den Cincinnati Bengals
Am Sonntag steigt der 56. Super Bowl zwischen den Los Angeles Rams und den Cincinnati Bengals
© IMAGO / Icon SMI
Die NFL beendet am Sonntag mit dem Super Bowl ihre Saison. American Football ist längst ein Milliardenmarkt – der immer noch wächst. Zum Beispiel mit Sportwetten – und einer Deutschland-Expansion

Wenn in der Nacht auf Montag der neue Super-Bowl-Sieger feststeht, wird es im SoFi-Stadium in Los Angeles mit Sicherheit zum „Gatorade Dunk“ kommen. Der Dunk ähnelt im Grunde genommen der aus der Bundesliga bekannten Bierdusche – mit dem Unterschied, dass statt Flaschen riesige Plastikboxen zum Einsatz kommen, die mit Gatorade gefüllt sind, einem in verschiedenen Farben erhältlichen Softdrink. Die Farbe der Flüssigkeit könnte eine wichtige Rolle spielen. Denn es wird Zuschauer geben, die genau darauf wetten werden: Erstmals können in den USA zum Super Bowl Onlinewetten abgeschlossen werden, auch auf solche vermeintlich nebensächlichen Details.

In Europa, vor allem in Großbritannien, ist das eigentlich nichts Besonderes. Dort kann man am Handy seit Jahren verrückte Sportwetten abschließen. 2017 ging das so weit, dass der Wettanbieter Sun Bets Wetten anbot, ob der Ersatztorwart des englischen Fünftligisten Sutton United im Pokalspiel gegen den FC Arsenal London auf der Bank etwas essen würde. Shaw hatte von der Wette über die Medien erfahren, wollte sich einen Spaß erlauben und griff während des Spiels zur Teigtasche. Der englische Fußballverband warf ihm daraufhin „Wettmanipulation“ vor, der Torhüter beendete unter Tränen seine Karriere.

Die Angst vor Spielmanipulationen aufgrund von Sportwetten trieb die US-amerikanische National Football League (NFL) jahrzehntelang um. 1992 unterzeichnete der damalige Präsident George Bush ein Gesetz, dass Sportwetten in den meisten Bundesstaaten verbot: NFL-Spieler durften nicht an Veranstaltungen teilnehmen, die in Kasinos stattfanden oder von ihnen gesponsert wurden. Sportwetten, so erklärte es einmal ein Ligaanwalt, würden die „langfristigen Beziehungen zu unseren Fans und die Wahrnehmung unseres Sports im ganzen Land negativ beeinflussen“.

Mehr Umsatz als alle anderen Profiligen

Erst 2018 kam es zum Sinneswandel, als der Supreme Court das Bush-Gesetz kippte. Mittlerweile haben 30 Bundesstaaten Sportwetten zugelassen und auch die NFL hat Sponsorenverträge mit Sportwettenanbietern geschlossen. Die Research-Firma MoffettNathanson schreibt dazu in einem Bericht, dass sich „in wenigen Jahren die Idee der Sportwetten von einem Tabu in eine große Geschäftsmöglichkeit verwandelt hat“. Die American Gaming Association, ein Verband der US-Glücksspielindustrie, schätzt, dass allein zum Super Bowl sieben Millionen Menschen online Wetten abschließen werden und dass dabei über 4 Mrd. Dollar umgesetzt werden dürfte. In den Pausen werden zudem Sportwettenanbieter Werbeclips ausstrahlen.

Der Profisport ist weltweit ein gutes Geschäft. Nirgendwo wird aber so gut Geld verdient wie beim American Football: In der Saison machte die NFL mit geschätzten 12,2 Mrd. Dollar mit Abstand mehr Umsatz als alle anderen Profiligen im US-Sport. Zum Vergleich: Die Deutsche Fußball-Liga setzte mit erster und zweiter Bundesliga 4,5 Mrd. Euro um. Noch mehr Beispiele gefällig? Beim Super Bowl kosten dreißig Sekunden Werbespot 5,6 Mio. Dollar, 25 mal so viel wie bei einer populären deutschen Fernsehshow, wie die „Wirtschaftswoche“ vorrechnet. Die Exzesse machen auch vor den Ticketpreisen für das Endspiel nicht halt, die sich innerhalb drei Jahren von durchschnittlich 4.000 Dollar auf rund 8.000 Dollar verdoppelt haben. American Football sprengt inzwischen alle Dimensionen.

Dass die begehrten Finaltickets in den letzten Tagen vor dem Super Bowl nicht teurer, sondern billiger werden, scheint vor dem Hintergrund eine kleine Anomalie zu sein. Verantwortlich dafür dürfte unter anderem ein Mann namens Matthey Stanford sein. Der Quarterback der Los Angeles Rams führte seine Mannschaft vor zwei Wochen zum Halbfinalsieg gegen die San Francisco 49ers. Das Franchise aus San Francisco besitzt eine große und wohlhabende Fangemeinde – und die versucht jetzt, ihre Tickets loszuwerden. Einstiegspreis derzeit: 5.000 Dollar.

„Einer der fünf wichtigsten Tage meines Lebens“

Gleichzeitig haben die Rams dank des Finaleinzugs ein Heimspiel im SoFi-Stadium. Der Gesamtkomplex um die moderne Arena mit der größten Videoleinwand der Welt ist doppelt so groß wie der Vatikanstaat und wurde erst vor zwei Jahre fertiggestellt – für 5 Mrd. Dollar.

Bereits letztes Jahr hatte mit den Tampa Bay Buccaneers ein Team aus Tampa ein Heimspiel. Schon damals war zu beobachten, dass viele Heimfans abwarteten und je nach Preis entschieden, ob sie Finalkarten kauften oder nicht. Schließlich müsse kein Flug oder Hotel im Voraus gebucht werden.

Vergangenes Jahr sprach die „New York Times“ mit einigen Fans, die das Spektakel trotzdem erleben wollten und alles fleißig im Voraus gebucht haben. Es waren keine Millionäre, sondern Normalverdiener. „Wenn ich auf dem Sterbebett liege, wird dies wahrscheinlich einer der fünf wichtigsten Tage in meinem Leben sein, an die ich mich erinnern kann“, sagte einer der Zeitung.

Im Gegensatz zu Basketball, Baseball oder Eishockey gibt es im NFL-Spielbetrieb nur ein einziges Finalspiel, weshalb der Super Bowl so einzigartig ist. Die Fans wissen, dass nach diesem Spiel alles entschieden ist. Kein möglicher Cliffhanger wie in der Basketballliga NBA, wo nie im Voraus feststeht, ob das Finale nur vier oder bis zu sieben Spiele lang dauert.

Die Grenzen des Wachstums sind für den Milliardenmarkt Football im übrigen noch lange nicht erreicht. Ein Weg, größer zu werden, geht in die Breite: Bereits seit 2005 expandiert die NFL ins Ausland mit sogenannten International Games. Zuerst in Mexiko, zwei Jahre später folgte Großbritannien. Diese Spiele sind reguläre Saisonspiele, allerdings gibt es kein Heimteam, da sie im Ausland stattfinden. Vertraglich ist festgelegt, dass ein Team mindestens alle acht Jahre ein International Game austragen muss.

München steht auf der Agenda

In diesem Jahr ging die Liga weitere Schritte der Expansion: Zuerst wurde ein zusätzliches Spiel für alle Teams festgelegt. Dadurch rückte der Zeitplan um eine Woche nach hinten, weshalb der Super Bowl nicht wie gewohnt am ersten Sonntag im Februar stattfinden kann. Mitte der Woche gab Ligaboss Roger Goodell zudem bekannt, dass in der kommenden Saison das „Munich Game“ stattfinden soll. Das bedeutet: Die NFL macht Station im Stadion des FC Bayern München. Darüber hinaus bekommt München bis 2025 ein zweites Spiel und Frankfurt bis 2025 ebenfalls zwei eigene Spiele.

Deutsche Ex-NFL-Profis wie Sebastian Vollmer zeigten sich begeistert über diese Entscheidung. Der deutsche NFL-Botschafter sei „überglücklich“ und sprach von einem „Prozess, der vor Jahren angefangen und sich zuletzt intensiviert hat“. Deutschland sei laut Vollmer der wichtigste Markt außerhalb den USA.

Es gilt als offenes Geheimnis, dass die Kansas City Chiefs mit ihrem Aushängeschild und Quarterback Patrick Mahomes in der kommenden Saison in München spielen werden. Erst kürzlich erwarb das Franchise gemeinsam mit drei weiteren NFL-Teams die Marketingrechte für Deutschland und besitzt zudem eine offizielle Partnerschaft mit Bayern München. Dessen Spieler wiederum posierten auf Twitter und Instagram im Training mit einem „Pigskin“, dem ovalen Ball des American Footballs. Was eigentlich nur fehlte: der „Gatorade Dunk“.

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