Faule Beamte, fleißige Arbeiter
Im RTL-Quadrell der Kanzlerkandidaten stellte Günther Jauch eine Frage zum Renteneintritt von Beamten. „Wie viel Prozent der Beamten arbeiten bis zur gesetzlichen Altersgrenze?“ Die Antwort überraschte – und nur Olaf Scholz traf ins Schwarze. Gerade mal 20 Prozent der Staatsdiener halten durch bis zum Alter von 66 Jahren, der derzeitigen gesetzlichen Altersgrenze. So die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes bezogen auf neu pensionierte Beamte im Jahr 2023.
In der freien Wirtschaft ist das Durchhaltevermögen deutlich höher. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung arbeiten 41,7 Prozent aller Angestellten bis sie 66 Jahre alt sind, also doppelt so viele wie im Staatssektor. Die Zahl bezieht sich auf die 953.000 Menschen, die 2023 erstmalig eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhielten. Das durchschnittliche Renteneintrittsalter lag in der privaten Wirtschaft bei rund 64 Jahren im Durchschnitt.
Dass der öffentliche Sektor kein gutes Vorbild ist, darin waren sich die Kandidaten einig. SPD-Kandidat Scholz nutzte die Vorlage, um seine eigene Arbeitsdisziplin zu rühmen. Für eine Diskussion über die üppigen Beamtenpensionen und die großzügigen Sonderregelungen für den öffentlichen Sektor war dann keine Zeit mehr.
App statt Bierdeckel
Steuervereinfachung war Mitte der Nullerjahre ein großes Thema: Die Steuererklärung sollte auf einen Bierdeckel passen und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz malte vor, wie das aussehen könnte – drei Steuersätze, 12, 24 und 36 Prozent und fertig. Das Beweisstück aus dem Museum hatte Moderator Günther Jauch dabei, der wissen wollte, wie viel Pils Merz damals schon getrunken hatte. „Keins“, kam die prompte Antwort. Doch so einfach wie damals gehe es heute nicht mehr, sagte Merz. Die Besteuerung von Privatpersonen und Unternehmen müsse getrennt werden – und die Unternehmenssteuer auf 15 Prozent abgesenkt werden. Der Bierdeckel hat auch ausgedient, die Steuererklärung soll nun mit einer App gemacht werden.
How to Wirtschaftswachstum
Um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, setzt Merz vor allem auf Steuerentlastungen und Bürokratieabbau. „Wir müssen dieses ganze bürokratische Monstrum in den Griff bekommen“, sagte er. Ein konkretes Beispiel sei das Lieferkettengesetz. Zusätzlich sollen die Unternehmenssteuern sinken (s.o.). Wir müssen die Bremsen lösen, wir müssen die Fenster öffnen. Wir müssen sehen, dass die Wirtschaft wieder nach vorn kommt. Und das wird gehen. Ich bin fest davon überzeugt.“ Klar sei aber: Es werde künftig keine Wirtschaftspolitik mehr geben wie unter dem jetzigen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Allerdings haben mehrere Ökonomen errechnet, dass mit den Unions-Plänen zu Steuerentlastungen massive Haushaltslücken entstehen würden. Bis zu 97 Mrd. Euro könnten fehlen, kritisierte zum Beispiel das Ifo-Institut. Grünen-Kanzlerkandidat Habeck hielt das Merz entgegen: Seine Pläne seien nicht gegenfinanziert, Merz betreibe „Voodoo-Ökonomie“. „Nicht nur das reinschreiben, was man in den 90ern in die Programme geschrieben hat, sondern auch mal gucken, was sonst so los ist auf der Welt“, warf der Grünen-Kandidat Merz vor.
Habeck selbst warb für eine Investitionsprämie für Unternehmen und eine Reform der Schuldenbremse, die auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will. Konkret sollen die Kredite die Modernisierung der Bundeswehr und die Unterstützung der Ukraine finanzieren. Einem Wirtschaftswachstum per Schuldenaufnahme erteilte der Kanzler im Quadrell aber eine Absage: „Andere haben hohe Staatsschulden gemacht, um Wachstum zu unterstützen. Das halte ich für falsch“, sagte Scholz.
Mit Aktien in die Rente?
„Aktien oder Sparbuch?“, fragte Günther Jauch. Bundeskanzler Olaf Scholz: „Das muss jeder für sich entscheiden, ich empfehle Aktien, habe mich selbst anders entschieden, weil ich gesagt habe, als Politiker möchte ich nicht in den Verruf gebracht werden, dass ich Aktien besitze und irgendetwas deswegen entscheide.“ Eine lange Antwort, die aber ein spannendes Detail enthält. Denn eigentlich hat sich seine Partei bisher immer gegen eine Form der Aktienrente gewehrt. Nun empfiehlt der Bundeskanzler und Kanzlerkandidat der SPD selbst, in Aktien zu investieren. Im Wahlprogramm setzt sich die SPD eigentlich dafür ein, die gesetzliche Rentenversicherung zu sichern, die private Altersvorsorge soll gefördert werden. Eine Kehrtwende bei den Genossen?
Dagegen spricht: Olaf Scholz hatte bereits als Finanzminister im Jahr 2021 im Interview mit „Business Insider“ dazu geraten, neben gesetzlicher und betrieblicher Altersvorsorge Geld in Aktien anzulegen. Und anders als manche Konkurrenten forderte Scholz keinen öffentlich verwalteten Aktienfonds. Habeck sprach sich bei der Entweder-oder-Frage ebenfalls für Aktien aus, Merz stellte direkt den Plan der Union einer „Aktivrente“ ab dem sechsten Lebensjahr vor. AfD-Kandidatin Alice Weidel forderte höhere Freibeträge für eine Aktienrente.
Transparenzhinweis: Capital ist Teil von RTL Deutschland.