Der Handelsstreit zwischen den USA und China ist zuletzt wieder weiter eskaliert. Mittlerweile sind die Hälfte aller Importe aus der Volksrepublik in die USA von den Strafzöllen betroffen. Wie gefährlich ist die Situation?
Die Situation hat zumindest das Zeug, in der Industrie weltweit für Verunsicherung zu sorgen. Die bislang beschlossenen Maßnahmen gehen nicht spurlos an der Wirtschaft vorüber, doch sie erscheinen beherrschbar. Aber niemand kann heute mit Sicherheit sagen, wie weit der Streit eskaliert und welche Länder noch in den Fokus der USA rücken werden.
Lässt sich ein endgültiges Abgleiten in einen vollentbrannten Handelskrieg überhaupt noch abwenden?
Wenn man mit Handelskrieg eine Situation benennt, in der ein Land dem anderen wirtschaftlich schweren Schaden zufügen möchte, um bestimmte politische Ziele zu erreichen, dann sind wir bereits in einem Handelskrieg. Wege zu einer Entspannung zeichnen sich nicht ab. Grundsätzlich ist China sicher bereit, den USA in einigen Punkten entgegenzukommen. Doch der Druck der USA ist so stark, dass ein Nachgeben ohne Gesichtsverlust für die Chinesen im Moment kaum möglich erscheint.
Wohin kann das noch führen? Hat die Spirale aus immer neuen Strafzöllen tatsächlich das Potenzial eine Rezession auszulösen?
Eine Schrumpfung der chinesischen Wirtschaft ist sehr unwahrscheinlich. Eine Verlangsamung der Konjunkturdynamik wird es aber geben. Da China in den vergangenen zehn Jahren der Motor der Weltwirtschaft war, blickt der Rest der Welt mit Besorgnis auf die Entwicklung. Die US-Wirtschaft ist ohnehin sehr stark ausgelastet, so dass hier auch ohne den Konflikt eine Abschwächung wahrscheinlich erscheint. Der Handelsstreit dürfte die US-Wirtschaft aber eher über leicht höhere Preise treffen und nicht die Konjunktur abwürgen.
Viele Ökonomen sagen, die Situation kennt nur Verlierer. Stimmt das?
Einzelne Firmen werden von den geänderten Wettbewerbsverhältnissen profitieren. In vielen Ländern dürfte es sowohl Gewinner als auch Verlierer geben. Blickt man auf die globale Wirtschaft, wird aber die internationale Arbeitsteilung nicht mehr so effizient funktionieren wie in den vergangenen Jahren. Der Gesamtwohlstand dürfte leiden, doch das ist keine Kategorie, in der die US-Regierung denkt.
Richten wir den Blick auf Deutschland: Welche Auswirkungen hat der Handelsstreit schon jetzt auf die deutsche Wirtschaft?
Konkrete Auswirkungen sind bisher kaum erkennbar. Doch die Unsicherheit dürfte aufgrund der jüngsten Eskalation zunehmen.
Einige Kommentatoren sagen, die deutsche Wirtschaft könnte zumindest kurzzeitig sogar vom Handelsstreit der beiden Großmächte profitieren. Ist das tatsächlich so?
Auch hier gilt, dass es einige Firmen geben wird, die profitieren. Bestimmte Produkte aus Deutschland sind nun gegenüber Konkurrenzprodukten aus China wettbewerbsfähiger. Wer in China für den US-Markt produziert, verliert dagegen. Als Exportnation überwiegen für Deutschland aber mittelfristig die Risiken.