Er ist quasi das Gegenteil des Apple-Gründers Steve Jobs. Während der sich als Visionär feiern ließ, das Rampenlicht genoss und mit seinem Ego auch mal aneckte, gibt sich sein Nachfolger Tim Cook gerne zurückhaltend. Ein Eindruck, den man auch im persönlichen Gespräch mit ihm hat. In einem großen Porträt ließ Cook sich nun erstmals tiefer in die Karten schauen – von seinem Privatleben, über Tipps zur Nutzung des iPhones bis zu zukünftigen Produkten.
Das ausführliche, bei GQ erschienene Stück zeigt einen Mann, dem eigentlich nicht wichtig ist, was andere über ihn denken. „Mich hat noch nie jemand als normal bezeichnet“, gibt Cook dort unumwunden zu. Als homosexueller Mann in den Südstaaten der USA aufgewachsen, ist er Gegenwind gewöhnt. „Mir macht es nichts aus, mit Menschen in einem Raum zu sein, die nicht meiner Meinung sind. Das ist nichts Neues für mich“, berichtet er.
„Nutzt das Smartphone nicht zu viel“
Und so verwundert es auch nicht, dass Cook auch Meinungen äußert, die man vom Chef des wertvollsten Konzerns der Welt vielleicht nicht erwarten würde. Etwa, dass man die Produkte des Unternehmens lieber nicht zu viel benutzen sollte. Als sein Gesprächspartner Zach Baron ihm gesteht, dass er sein iPhone zu oft in der Hand hat, gibt ihm der CEO überraschend recht. „Meine Philosophie ist: Wenn man mehr auf sein Telefon schaut, als anderen Menschen in die Augen zu sehen, dann macht man etwas falsch“, erklärt er.
„Wir wollen den Menschen helfen, ihr Telefon auch mal aus der Hand zu legen“, so Cook. Deshalb habe der Konzern seine Funktion „Bildschirmzeit“ eingeführt. Die ermöglicht es nicht nur, die Nutzung einzelner Apps oder des gesamten Smartphones gezielt zu begrenzen. Sondern erlaubt es auch, sich in einem Bericht die größten Zeitfresser des iPhones anzeigen zu lassen. „Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist. Aber ich sehe mir diesen Bericht sehr genau an“, gesteht Cook.
Vor allem bei den jüngeren Generationen sieht Cook in der Bildschirmzeit eine akute Gefahr. „Die Kinder werden schon digital geboren, sie wachsen digital auf. Und ich glaube, es ist wirklich wichtig, dabei harte Begrenzungen zu setzen“, erklärt er. Er sehe die eigenen Produkte vor allem als Möglichkeit, sich über die Technologie auszudrücken und Dinge zu schaffen. Sich zu viel damit zu beschäftigen, sei nicht ihr Sinn. „Wir geben keinen Anreiz dafür. Wir wollen es nicht. Und wir bieten Möglichkeiten, mit denen sich die Menschen davon abhalten können.“
Persönliche Einblicke
Obwohl es in dem Gespräch auch viel um Apples Strategie, die Herausforderungen, die Ausrichtung in Richtung Services und zukünftige Produkte geht, kommt immer wieder auch der Mensch Cook hindurch. Und das mehr als man es von sonstigen Interviews gewöhnt ist. Cook berichtet von seiner Abneigung gegen den täglichen Frühsport, über seine Entscheidung, seine Homosexualität öffentlich zu machen, weil er ein Zeichen setzen wollte. Und er spricht erstmals über die große Herausforderung, mit Steve Jobs einen der am meisten gefeierten Visionäre der Techwelt beerbt zu haben.
„Ich fühlte mich völlig leer. Ich wusste, dass ich nicht Steve sein kann, ich denke niemand könnte das“, erinnert sich Cook. „Was ich also tun musste, war die beste Version meiner selbst zu sein.“ Dass Apple dabei die gleiche Aufmerksamkeit erhalten würde wie vorher, war für ihn nicht selbstverständlich. „Ich dachte: Dieses öffentliche Interesse an Apple wäre durch Steve gekommen. Und das prägte meine Einstellung, als ich die CEO-Rolle übernahm, vor allem ohne ihn, nach seinem Tod. Ich erwartete, dass die Aufmerksamkeit sinken würde. Aber dem war nicht so.“
Der Beitrag ist zuerst auf stern.de erschienen