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Wochenrückblick Schäuble hält den Deckel drauf

Die Steuereinnahmen sprudeln, doch eine große Steuerentlastung soll es nicht geben. Außerdem: BIP-Wachstum, VW und SAP

Die Einnahmequellen des Staates sprudeln: Die Steuerschätzer erwarten 54 Mrd. Euro Mehreinnahmen bis 2021 gegenüber ihrer bisherigen Schätzung. Vor allem Länder und Kommunen profitieren von dem Geldregen, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kann dagegen „nur“ 3 Mrd. Euro zusätzlich einplanen.

Hoffnungen auf eine große Steuererleichterung erstickte der Kassenhüter im Keim. „Eine maßvolle Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen ist möglich, und sie ist angezeigt“, sagte Schäuble. Im Gespräch sind Steuersenkungen im Umfang von 15 Mrd. Euro – in der nächsten Legislaturperiode. Auch eine Änderung des Spitzensteuersatzes kann sich der CDU-Politiker vorstellen: „Der Spitzensteuersatz tritt viel zu früh ein - absurd.“ Der Höchstsatz von 42 Prozent wird fällig für Einkommen oberhalb von 54.058 Euro. Wenn das so absurd ist, stellt sich die Frage, warum die Große Koalition das nicht jetzt oder in der Vergangenheit geändert hat.

Steuerentlastungen in größerem Umfang verlangt bisher nur die FDP. Parteichef Christian Lindner will die Bürger jährlich um 30 bis 40 Mrd. Euro entlasten. Auch aus der Wirtschaft ertönt der Ruf nach Steuersenkungen. Die SPD schlägt dagegen Wohltaten an anderer Stelle vor: Parteichef Martin Schulz brachte erneut die Gebührenfreiheit von Kitas ins Gespräch. Und Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries forderte Investitionen in Bildung, Infrastruktur und die stärkere Erwerbsbeteiligung von Frauen.

Und Bundeskanzlerin Angela Merkel? Sie liegt ganz auf der Linie Schäubles „Wir wollen in einem Umfang von 15 Mrd. Euro eine Erleichterung beim sogenannten Mittelstandsbauch schaffen“, sagte sie der Rheinischen Post. Die Progression solle im Tarifverlauf abgemildert werden. „Das gilt für die Leute, die schon schnell in den Spitzensteuersatz geraten, Facharbeiter oder Menschen, die Überstunden machen.“ Immerhin: Steuererhöhungen soll es in der nächsten Wahlperiode nicht geben.

"Aufschwung ohne Ende"

Unter Vollast: Die deutsche Wirtschaft brummt. doch wie lange noch?
Unter Vollast: Die deutsche Wirtschaft brummt
© Getty Images

Weder der Brexit noch der neue Mann im Weißen Haus haben der deutschen Wirtschaft bisher nennenswerten Schaden zugefügt. Im ersten Quartal 2017 ist das Bruttoinlandsprodukt um 0,6 Prozent gegenüber den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres gewachsen, teilte das Statistische Bundesamt mit. Die Impulse für die Wirtschaft kamen aus dem In- und Ausland. Laut den Statistikern legten die Investitionen der Unternehmen kräftig zu: „Bedingt durch die milde Witterung wurde vor allem in Bauten, aber auch in Ausrüstungen deutlich mehr investiert als im vierten Quartal 2016.“

Auch der Export trug zum Wachstum bei: Die Ausfuhren stiegen schneller als die Importe. Ökonomen führen das auf die Erholung der Weltwirtschaft zurück. Vor allem Schwellenländer befinden sich wieder im Aufwind.

Allerdings kommen auch die derzeit herrschenden Rahmenbedingungen der deutschen Wirtschaft zugute. „Die Wirtschaft profitiert weiterhin von einem Doping durch niedrige Zinsen, günstiges Öl und einen exportfördernden Wechselkurs“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben.

Von einem „Aufschwung ohne Ende“ sprach Alexander Krüger, Chefökonom vom Bankhaus Lampe. In diesem Jahr soll das BIP um 1,6 Prozent wachsen, schätzt die EU-Kommission. Die Bundesregierung von 1,4 Prozent aus.

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VW: der lange Schatten des Dieselskandals

Weglächeln geht nicht: Der Dieselskandal verfolgt VW-Chef Müller und Aufsichtsratschef Pötsch
Weglächeln geht nicht: Der Dieselskandal verfolgt VW-Chef Müller und Aufsichtsratschef Pötsch
© Getty Images

Es hätte so schön sein können: Volkswagen kann wieder gute Geschäftsergebnisse vermelden und hat auch die finanziellen Folgen des Dieselskandals weitgehend im Griff. Trotzdem wird der Autobauer den langen Schatten der Abgasmanipulation nicht los. Aktionärsvertreter sind von der Transparenz der Konzernspitze wenig angetan. Sie forderten die Veröffentlichung der Ermittlungsergebnisse der US-Anwaltskanzlei Jones Day, doch VW blockt ab.

„Einen schriftlichen Abschlussbericht von Jones Day gibt es nicht und es wird ihn auch nicht geben“, sagte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch. Die Kanzlei hatte den Auftrag den Skandal intern und unabhängig zu untersuchen. Deka-Fondsmanager Andreas Thomae vermutet, dass die Ergebnisse dem Management nicht gefallen und deshalb unter Verschluss bleiben. Pötsch hingegen spricht von rechtlichen Gründen, die gegen eine Veröffentlichung sprächen.

Der Streit blieb ungelöst und die Bedenken gegen Vorstand und Aufsichtsrat bleiben. Hans-Christoph Hirt von der Investmentgesellschaft Hermes kritisierte die „fragwürdige Unternehmenskultur“ bei VW. „Wir haben große Bedenken hinsichtlich der Zusammensetzung und der Effektivität des Aufsichtsrats.“ Zur Erinnerung: Chefkontrolleur Pötsch war vor seinem Wechsel in den Aufsichtsrat Finanzvorstand des Konzerns. Und jetzt soll er einen Skandal aufklären, der in seine Amtszeit fällt.

SAP: knapp an der Blamage vorbei

Hasso Plattner (l.) musste sich wegen der Bezüge von Konzernchef McDermott scharfe Kritik anhören
Hasso Plattner (l.) musste sich wegen der Bezüge von Konzernchef McDermott scharfe Kritik anhören
© dpa

Und noch ein deutscher Dax-Konzern bekam den Unmut seiner Anteilseigner zu spüren. Auf der Hauptversammlung des Softwarekonzerns SAP gab es scharfe Kritik an den Millionen-Bezügen von Vorstandschef Bill McDermott, der wegen mehrjähriger Bonusprogramme für das vergangene Jahr 15 Mio. Euro erhielt. Er ist damit der neue Spitzenverdiener unter den Dax-Chefs.

Aufsichtsratschef Hasso Plattner verteidigte die Bezüge: „Die Vorstandsvergütung muss mit Blick auf unsere globalen Konkurrenten international wettbewerbsfähig sein“, sagte er. Viele Aktionäre überzeugte das nicht: Nur knapp 50,5 Prozent der Anteilseigner stimmten für die Entlastung des Kontrollgremiums.

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