Spätestens seit Tesla den Bau einer eigenen Batteriefabrik angekündigt hat, gilt das kalifornische Elektroauto-Unternehmen als Treiber der Zukunft. Der Börsenwert von Tesla explodiert, die Verkäufe nehmen zu und auf dem Genfer Autosalon drängen sich die Besucher um die Fahrzeuge aus den USA. Capital sprach mit Jerome Guillen, Vertriebsvorstand von Tesla, über die Aussichten der Branche.
Capital: Warum kommen Elektroautos in Europa nicht wirklich voran? Es gibt zwar Wachstum bei den Neuzulassungen, aber doch auf sehr niedrigem Niveau. Sind es die hohen Preise oder die mangelnde Infrastruktur?
Jerome Guillen: Ich denke, es liegt an keinem von beidem. Der Preis kann nicht der Grund sein, weil ja die Treibstoffkosten in Europa sehr hoch sind. Eines unserer Elektroautos kann bei den effektiven monatlichen Kosten absolut mit einem BMW der 5er-Serie mithalten. Und auch die Infrastruktur kann nicht das Problem sein, weil unsere Autos in den allermeisten Fällen zuhause aufgeladen werden, über Nacht. Und sie haben eine Reichweite von 500 Kilometern.
Was also ist dann das Problem?
Guillen: Vielleicht ist die Botschaft einfach noch nicht bei den Kunden angekommen. Die wirkliche Herausforderung ist ein Mangel an Wissen und öffentlicher Sichtbarkeit. Die Leute denken einfach, Elektroautos hätten per se eine geringe Reichweite. Was ja gar nicht mehr immer stimmt. Dann denken sie, die Autos seien langsam, und auch das stimmt nicht. Man muss einfach mal so ein Auto gefahren sein.
Dieses Problem teilen Sie ja mit den anderen Herstellern. Ist es da sinnvoll, wenn sich Ihr Chef Elon Musk über den Wettbewerber BMW und dessen Elektromodell mokiert, wie unlängst in einem Interview mit einer deutschen Tageszeitung?
Guillen: (lacht) Unsere Aufgabe ist es ja, nachhaltige Transportmodelle voranzutreiben. Also versuchen wir, das bestmögliche Auto zu bauen und den besten Service zu bieten. Wir können nur hoffen, dass das zu einem Beispiel für andere Hersteller wird. Wir sehen auf dem Genfer Autosalon, dass viele Hersteller enorm viel Ausstellungsplatz für Elektroautos freiräumen, einen Platz, der sicher nicht den Anteilen an ihren Neuverkäufen entspricht. Es ist sehr ermutigend zu sehen, dass sie darin ihre Zukunft sehen.
Elektroautos laufen gut in Märkten, in denen sie stark subventioniert werden, wie in Norwegen oder den Niederlanden. Muss der Staat her, um diesen Wandel anzutreiben?
Guillen: Natürlich müssen Elektroautos sich alleine durchsetzen und ein funktionierendes Geschäftsmodell mit sich bringen. Allerdings ist es sicher gut, wenn der Staat mit bestimmten Anreizen einen Umstieg auf Elektroautos unterstützt. Das muss gar nicht unbedingt finanzielle Unterstützung sein. Es kann auch darin bestehen, dass die Fahrer von E-Autos die Busspur benutzen dürfen, wie in Oslo. Ähnlich wird das auch in Kalifornien gemacht.
Derzeit bewegen sich die Tesla-Modelle ja alle im oberen Preissegment. Sie planen zwar ein billigeres Auto, aber das wird wohl erst in ein paar Jahren auf den Markt kommen. Könnte das zu einem Problem werden?
Guillen: Wir sind eben ein kleines Unternehmen, und müssen die Dinge der Reihe nach machen. Wir sind nach den Maßstäben der Autoindustrie immer noch ein Start-up. Wir können nicht 15 Modelle gleichzeitig entwickeln. Wir rechnen in drei bis vier Jahren mit dem Tesla der dritten Generation. Das wird ungefähr die Hälfte vom Modell S kosten.
Sie sind dabei, ein Netz von Schnellladestationen in Europa aufzubauen, das Ihren Kunden kostenlos zur Verfügung stehen soll. Wie groß soll dieses Netz werden?
Guillen: Eines vorweg: Unser neues Modell S kann überall geladen werden, man braucht keinen Schnellader dafür. Die sollen den Leuten lediglich helfen, wenn sie eine schnelle Fernfahrt unternehmen wollen. Wir haben daher mehrere Routen in Mitteleuropa ausgesucht, zum Beispiel von Amsterdam nach Zürich oder von Zürich nach Genf. Diese Routen werden ausgeweitet. Die meisten der großen europäischen Routen sollen bis Ende dieses Jahres abgedeckt sein.
Soll das auch als offenes System gestaltet werden, so dass Fahrer anderer Elektroautos auch dort aufladen können?
Guillen: Ehrlich gesagt: Es gibt derzeit kein anderes Auto, das so viel Energie vertragen kann wie diese Schnelllader anbieten.
Tesla hat unlängst angekündigt, bis 2017 eine gewaltige Fabrik für Batterien in den USA zu bauen, um die Preise zu drücken. Gibt es ähnliche Pläne für Europa?
Guillen: Die geplante Gigafactory, wie wir sie nennen, ist wirklich sehr groß. Die größte Batteriefabrik der Welt. Es wird also dauern, bis wir die ausgelastet kriegen. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass wir eines Tages weitere Fabriken bauen, aber erst einmal reicht eine.
Wie wird sich der Markt für Elektroautos entwickeln. Welchen Marktanteil werden sie bis zum Jahr 2025 haben?
Guillen: Ich habe keine eigene Prognose. Aber im Sinne des Planeten sollte bis dahin die Mehrheit der Neuzulassungen aus Elektroautos bestehen. Das hoffe ich für uns alle. Sonst werden wir buchstäblich getoastet.