Markus Väth Marsch, zurück ins Büro! Warum Elon Musk womöglich recht hat

Markus Väth
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Elon Musk beordert seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück ins Büro. Wer nicht will, kann gehen. Die Empörung über diese Volte ist groß, aber ist sie auch berechtigt? Vielleicht ist das Homeoffice ja gar nicht das, was alle angeblich wollen

Elon Musk bleibt unberechenbar, das mag ich an ihm. Wenn man nicht gerade Tesla- oder Twitter-Aktien hält, kann man sich entspannt zurücklehnen und mit etwas Popcorn die Elon-Show genießen. Die letzte Volte, die er hingelegt hat, war seine Ankündigung, alle Mitarbeiter wieder ins Büro zu holen. Wer das nicht wolle, könne ja kündigen. 

Da war sie wieder, die Musksche Unerbittlichkeit. Eine Konsequenz, die viele bewundern – wenn es um den Bau von Fabriken geht, um globales Satelliten-Internet oder um Mars-Reisen. Aber beim Homeoffice hört für den Wald-und-Wiesen-Büroarbeiter der Spaß auf. Geradezu hysterisch lesen sich hierzu Presse-Artikel oder Diskussionen beim Business-Netzwerk Linkedin. Von unverständlichem Kopfschütteln über Häme bis zu blanker Wut ist alles dabei. Jetzt hat es Elon überspannt! Er werde schon sehen, was er von einer solchen Aktion habe! Hat sich nicht Apple gerade bei einem ähnlichen Stunt personalpolitisch die Finger verbrannt?

Das Problem: Der deutsche Kleingeist schließt mal wieder von sich auf andere. Die Tesla-Kultur ist so einzigartig, dass Musks Ankündigung genau das bewirken könnte, was er bezweckt, nämlich die massenhafte Rückkehr der Mitarbeiter ins Büro. Man erinnere sich: Als Tesla noch kein Liebling der Massen war, musste Musk viele Leute entlassen. Von diesen Vor-die-Tür-Gesetzten bedankten sich viele über die Sozialen Netzwerke – aber nicht hämisch oder voller Zorn, sondern mit Dankbarkeit, dass sie in einer solch fantastischen Firma arbeiten durften! 

Hat Musk wirklich einen schweren Fehler gemacht?

Von einer solchen Loyalität können deutsche Unternehmen nur träumen. Kein Wunder, dass man beim geringsten Anlass die eben noch applaudierende Hand zur Faust ballt. Im Grunde möchte die deutsche Neidgesellschaft Musk stürzen sehen. Uns sind Typen, die kompromisslos ihr Ding machen, weder sympathisch noch geheuer. Wir warten lieber ab, trinken Tee und warten im Hintergrund auf das Stolpern des Exponierten.

Vielleicht hat Musk gerade einen schweren Fehler gemacht. Vielleicht war er aber nur mal wieder schlauer als alle anderen. Es wäre nicht das erste Mal. Verstörender als Musks Ankündigung finde ich dessen einhellige Verurteilung. Wenn sich Kritiker so schnell so einig sind, ist meist etwas faul im Staate Dänemark. Wahrscheinlich hat man Angst, Musk könne beweisen, dass Homeoffice eben doch nicht der Heilige Gral ist, dem neuerdings alle hinterherjagen.

Dabei müssten diejenigen, die Elon Musk so eifrig bashen, nur aufmerksam die nächste Generation betrachten. Eben erst hat der Bildungsforscher Klaus Hurrelmann seine aktuelle Jugendstudie veröffentlicht. Und was wollen junge Menschen am allerwenigsten? Im Homeoffice arbeiten. Ja, richtig gelesen. Was der Mittvierziger als größte Errungenschaft des post-pandemischen Zeitalters preist, ist für junge Leute nach zwei Jahren Corona-Hausarrest und katastrophalem Homeschooling ein Albtraum.

Office oder Homeoffice: Ist das hier die Frage? Nein. Kontext und Kulturen unterscheiden sich. Was für ein Unternehmen funktioniert, kann im Unternehmen nebenan scheitern. Aber unser typisch deutscher Reflex des Das-wird-nicht-funktionieren-das-kann-man-gleich-vergessen zeugt von Arroganz und Selbstverliebtheit. Damit kann man sich gut fühlen. Die Welt verändern wird man damit aber nicht.

Markus Väth gilt als einer der führenden Köpfe der New-Work-Bewegung in Deutschland. Er ist Gründer und Geschäftsführer der auf New Work spezialisierten humanfy GmbH und Verfasser der New Work Charta, die sich für eine klare, humanistische und soziale Version von New Work einsetzt. Er hat mehrere Bücher zu New Work und Management verfasst und ist Lehrbeauftragter für New Work und Organisationsentwicklung an der Technischen Hochschule Nürnberg. Mit seinem Ansatz des Organisationscoachings begleiten er und sein Team Unternehmen in ihrer Transformation hin zu echtem New Work und einer neuen Arbeitswelt. Hier finden Sie weitere Kolumnen von Markus Väth

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