Wo endet beim Chef schlechtes Benehmen und wo beginnt Mobbing? Diese Frage ist für Betroffene oft schwierig zu beantworten. In einigen Branchen waren Tyrannen in Führungspositionen bislang fast eine Tradition. Oft suchen gemobbte Angestellte auch die Schuld bei sich selbst. Vielleicht ist man ja schlicht zu empfindlich...
Das Workplace Bullying Institute aus dem US-Bundesstaat Washington stellt in seinem Jahresbericht 2017 fest: 61 Prozent der Mobbing-Täter am Arbeitsplatz sind Chefs. Befragt wurden 1008 US-Amerikaner über 18 Jahren. In einer früheren Erhebung hat das Workplace Bullying Institute Besucher seiner Internetseite gefragt, welchen Taktiken sie beim Mobbing am häufigsten ausgesetzt waren. Die Ergebnisse stammen zwar aus dem Jahr 2003. Die meisten Mobbing-Taktiken dürften sich über die vergangenen Jahrzehnte aber kaum verändert haben. Dies ist die traurige Top 20:
- Unterstellt „Fehler“, die gar nicht begangen wurden: 71 Prozent
- Einschüchterndes/feindseliges Verhalten (zum Beispiel Starren): 68 Prozent
- Abwerten von Ideen oder Gefühlen in Meetings („Seien Sie nicht albern“): 64 Prozent
- „Kaltstellen“, „totschweigen“: 64 Prozent
- Scheinbar unkontrollierte Gemütsschwankungen vor der Belegschaft: 61 Prozent
- Stellt wahllos Regeln auf, die selbst nicht befolgt werden: 61 Prozent
- Ignoriert hervorragende Arbeit (58 Prozent)
- Harsche, beständige Kritik; Zielperson erfüllt angeblich Ansprüche nicht: 57 Prozent
- Hat destruktive Gerüchte über eine Person gestreut oder diese nicht gestoppt: 56 Prozent
- Wiegelt Mitarbeiter gegen den Betroffenen auf: 55 Prozent
- isoliert Mitarbeiter von Kollegen, sozial oder räumlich: 54 Prozent
- „Ekelhaftes“, aber nicht illegales Verhalten: 53 Prozent
- Anschreien, Brüllen oder Wutausbruch, um eine Person vor Kollegen zu demütigen: 53 Prozent
- Nimmt Erfolge von Mitarbeitern für sich in Anspruch: 47 Prozent
- Lügt bei Feedback-Runden über die Leistung des Angestellten: 46 Prozent
- Wird willkürlichen Anweisungen nicht Folge geleistet, gilt man als „aufsässig“: 46 Prozent
- Persönliche Informationen werden für private oder öffentliche Bloßstellung missbraucht: 45 Prozent
- Übt Rache, nachdem das Opfer Beschwerde eingelegt hat: 45 Prozent
- Beleidigungen wegen Geschlecht, Herkunft oder Behinderung: 44 Prozent
- Überträgt unbeliebte Aufgaben als Bestrafung: 44 Prozent
Männer und Frauen mobben offenbar unterschiedlich und werden auch unterschiedlich gemobbt. Männer brüllen laut der Erhebung schneller los, Frauen zeigen eher die kalte Schulter. Als Opfer werden sie häufiger (74 Prozent) in Meetings herabgewürdigt als männliche Kollegen (61 Prozent). Dafür wird Männern öfters physische Gewalt angedroht (21 Prozent versus 12 Prozent).