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Immobilien Rente aus Beton

Viele Rentner wollen auch im hohen Alter in den eigenen vier Wänden wohnen
Viele Rentner wollen auch im hohen Alter in den eigenen vier Wänden wohnen
© dpa
Mit der Verrentung des Eigenheimes können Senioren Immobilien zu Geld machen und trotzdem darin wohnen bleiben. Das Modell birgt allerdings Risiken

Kaum ein Ort ist so mit Emotionen verbunden wie das eigene Zuhause. Jeder Raum, jeder Winkel erinnert an vergangene Zeiten: Die Wände im Kinderzimmer mit dem Resten von Klebestreifen daran, mit denen die Tochter einst Poster ihrer Lieblingsband befestigt hat. Der zerknautschte Ledersessel, den der Vater liebte und den die Mutter am liebsten schon vor Jahren entsorgt hätte. Der Garten mit den hochgewachsenen Rhododendren. Das Eigenheim ist ein Ort, den viele Menschen niemals freiwillig aufgeben würden. Gerade Senioren stehen in Deutschland aber oft vor einem Problem: Sie leben im eigenen Haus und zahlen keine Miete – und trotzdem ist das Geld ständig knapp. Die Rente reicht kaum zum Leben, manchmal nicht einmal, um die Nebenkosten zu decken, und schon gar nicht für teure Reparaturen am Haus. Einen Umzug in eine kleinere Wohnung bringen viele Ältere aber nur kaum übers Herz. Die Liebe zum Eigenheim wird im Alter somit schnell zur Kostenfalle.

Ein Ausweg aus dem Dilemma bietet die Verrentung der eigenen Immobilie. Bei der sogenannten Leibrente verkauft der Eigentümer sein Haus an einen Investor für einen Preis, der in der Regel deutlich unter dem Verkehrswert liegt. Dafür garantiert ihm der Käufer das Recht, in der Immobilie zu wohnen und zahlt bei Bedarf statt des Kaufpreises eine monatliche Rente. Eine Sonderform ist die Verrentung auf Basis des deutschen Nießbrauchrechts. Dieses Recht endet erst mit dem Tod, geht also über das reine Wohnrecht hinaus, das in der Regel mit dem Auszug aus der Wohnung endet.

Der Markt für solche Produkte wächst: „Uns erreichen immer mehr Anfragen von Ruheständlern nach Möglichkeiten der Immobilienverrentung“, berichtet Otto Kiebler, Geschäftsführer des Münchner Maklerunternehmens HausPlusRente, dessen Rentenmodell auf dem deutschen Nießbrauchrecht basiert. In den vergangenen Jahren hat die Firma nach eigenen Angaben mehr als 2000 Senioren zum Thema Immobilienverrentung beraten. Rund 200 entschieden sich für das Modell. Im April hat HausPlusRente in Berlin das dritte Büro eröffnet. Auch bei Anbietern des klassischen Leibrenten-Modells wie der Deutsche Leibrenten Grundbesitz AG läuft das Geschäft gut. Der Marktführer im Bereich der Immobilienverrentung expandiert und will sein Ankaufsvolumen in diesem Jahr mehr als verdoppeln.

Immobilien-Leibrentenvertrag penibel prüfen

Das Versprechen der Anbieter ist verlockend: Ruheständler können ihre Immobilie zu Geld machen und trotzdem im geliebten Eigenheim wohnen bleiben. Doch das Modell birgt Risiken, warnt Thomas Mai, Experte für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Bremen. So sind Anbieter von Immobilien-Leibrenten erst seit wenigen Jahren auf dem Markt. Niemand kann mit Sicherheit sagen, ob es die Firmen auch in zehn oder zwanzig Jahren noch gibt. Ein Leibrenten-Vertrag läuft aber üblicherweise über mehrere Jahrzehnte. Er ist außerdem so kalkuliert, dass sich der Verkauf für den Eigentümer nur lohnt, wenn er möglichst lange die monatlichen Rentenzahlungen vom Käufer kassiert. „Die Anbieter könnten im Laufe der Zeit mit ihren Verpflichtungen in Verzug geraten oder gar in die Insolvenz gehen“, sagt Mai. Im schlimmsten Fall hat der Eigentümer nicht nur sein Haus zum Spottpreis verkauft und steht ohne monatliche Zusatzrente da. Er muss bei einer Insolvenz auch fürchten, dass der neue Eigentümer ihn einfach auf die Straße setzt, falls nicht vertraglich für diesen Fall vorgesorgt ist.

Mai rät Eigentümern deshalb, einen Immobilien-Leibrentenvertrag penibel zu prüfen. Das lebenslange Wohnrecht sollte im notariellen Kaufvertrag festgehalten und als Grundschuld erstrangig im Grundbuch eingetragen sein. So stellt der Bewohner sicher, dass er nicht ausziehen muss, wenn das Haus vom Anbieter verkauft oder bei einer Insolvenz einem anderen Gläubiger überlassen wird. Im Vertrag sollte außerdem eine sogenannte Rückfallklausel vereinbart sein. Damit bekommt der Verkäufer die Immobilie wieder zurück, wenn der Käufer die Leibrente nicht mehr zahlen kann.

Interessenten sollten sich zudem darüber im Klaren sein, dass das einstige Eigenheim mit ihrem Tod an den Käufer übergeht. Kinder und andere Familienmitglieder gehen dann leer aus, denn die Immobilie ist in solchen Fällen oft das einzige Vermögen. Wer seinen Erben etwas hinterlassen möchte, sollte über Alternativen zur Verrentung nachdenken, sagt Mai.

Mit einem einfachen Verkauf kommen Eigentümer finanziell noch immer am besten weg
Thomas Mai

Eine solche Alternative ist die sogenannte Umkehrhypothek. Dabei beleiht ein Rentner seine Immobilie über einen bestimmten Zeitraum und bekommt dafür monatlich eine kleine Rente ausgezahlt. Der Vorteil für Hausbesitzer gegenüber einer Verrentung: Er bleibt Eigentümer der Immobilie. Sollte sich nach Abschluss des Vertrags abzeichnen, dass ein Umzug ins Pflegeheim unumgänglich ist, kann er seine Immobilie immer noch verkaufen und den Kredit aus dem Erlös zurückzahlen. Nach dem Tod geht das Eigentum an die rechtmäßigen Erben über. Die können dann entscheiden, ob sie die Immobilie verkaufen und das Darlehen aus dem Erlös zurückzahlen oder ob sie sie behalten möchten. In letzterem Fall müssten sie die Umkehrhypothek aus eigener Tasche begleichen.

Der Nachteil bei diesem Modell: „Die monatlichen Rentenzahlungen sind bei der Umkehrhypothek in der Regel deutlich niedriger als bei der Leibrente“, sagt Verbraucherschützer Mai. Auch mangelt es hierzulande an attraktiven Angeboten. Während die Umkehrhypothek in Ländern wie den USA und Großbritannien immer beliebter wird und das Angebot steigt, halten sich Banken und andere Anbieter in Deutschland zurück. Große Institute haben die Umkehrhypothek aktuell nicht im Repertoire.

Egal ob Leibrente oder Umkehrhypothek: Eigenheimbesitzer sollten sich fragen, wie wichtig es ihnen wirklich ist, in der eigenen Immobilie wohnen zu bleiben. „Mit einem einfachen Verkauf kommen Eigentümer finanziell noch immer am besten weg“, sagt Mai. Weil es keine Abschläge fürs lebenslange Wohnrecht und die monatlichen Rentenzahlungen gibt, lässt sich auf dem Markt in der Regel ein deutlich höherer Preis für die Immobilie erzielen. Eventuell können Senioren mit dem Käufer auch einen Mietvertrag aushandeln. Dann kann der Rentner vom Erlös leben und seinen Lebensabend trotzdem im eigenen Zuhause verbringen.

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